Hunsrück
Petition gestartet: Hunsrücker Bürger wollen Privileg für Windkraft kippen

Windkraftprojekte im Soonwald wie hier am Hochsteinchen bei Ellern sind der Auslöser für die Petition im Bundestag.

Werner Dupuis

Hunsrück - Eine kleine private Initiative kämpft mit einer Petition im Bundestag gegen den Koloss der Windkraftprivilegierung: Das "Bündnis Energiewende Reform" aus der Soonwaldgemeinde Schöneberg im Kreis Bad Kreuznach will Paragraf 35 des Baugesetzbuches kippen. Dieser privilegiert unter anderem den Bau von Windkraftanlagen im Außenbereich.

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Von unserem Chefreporter Volker Boch

Seit Jahren privilegiert Paragraf 35 des Baugesetzbuches Bauprojekte der Energiewende – und polarisiert damit zunehmend die Gesellschaft. Es ist ein umstrittener Abschnitt im Gesetzbuch, der einzelne Vorhaben besonders begünstigt: Im Außenbereich wird zwischen privilegierten Vorhaben und sonstigen Vorhaben unterschieden, die privilegierten Projekte wiederum sind „grundsätzlich zulässig“, sofern ihnen nicht öffentliche Belange entgegenstehen. Dazu zählen privilegierte Bauten, die landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen oder beispielsweise der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas und Telekommunikation.

„Für uns lautet die Frage, ob die Privilegierung der Windkraft höher zu stellen ist als das Grundrecht der Bürger“, sagen Karl-Heinz Krummeck und Peter Joerg aus Schöneberg. Deshalb haben sie beim Landtag und auch beim Deutschen Bundestag eine Petition eingebracht, die zu einer Änderung der Ausnahmegenehmigung führen soll.

„Der Deutsche Bundestag möge beschließen, den § 35 BauGB entsprechend zu ändern, dass die Privilegierten Bauvorhaben von Windenergieanlagen im Außenbereich, die heute ohne Einbeziehung der durch die Baumaßnahmen betroffenen Bürger möglich sind, abgeschafft werden“, lautet der Kernsatz der Petition, die am Wochenende unter anderem der frühere Bundesminister Heiner Geißler und Christian Baldauf als stellvertretender CDU-Landeschef unterschrieben haben.

Die beiden Schöneberger Bürger Joerg und Krummeck haben mit ihrer Petition ganz offensichtlich in ein Wespennest gestochen. Seit ihre Petition beim Bundestag angenommen worden ist, nehmen aus allen Teilen Deutschlands die Fürsprecher der Initiative zu, immer mehr unterzeichnen die Petition, die mit der Petitionsziffer 49690 versehen wurde.

Hinter dieser unscheinbaren Zahl verbirgt sich eine der spannendsten Fragen für die gesellschaftliche Entwicklung nicht nur in Rheinland-Pfalz: Welche Rechte haben Bürger, wenn ihnen privilegierte Bauvorhaben vor die Nase gestellt werden? Krummeck und Joerg haben ebenso wie eine engagierte Bürgerinitiative in Schöneberg in den vergangenen Monaten erlebt, wie sie gegen einen (weiteren) geplanten Windpark im Soonwald ankämpfen: wie Don Quichote.

Paragraf 35 ist in allen Bauverfahren anlässlich der Energiewende präsent und stellt eine Art Totschlagargument dar, ob es Biogasanlagen, Windräder oder Umspannungswerke betrifft. Selbst der Einsatz von Juristen hilft Bürgern und Gemeinden meist nicht weiter, wenn dieser Paragraf zum Einsatz kommt. Verweigert beispielsweise eine Gemeinde ihr Einvernehmen zu einem privilegierten Bauvorhaben, wird es in aller Regel von der Genehmigungsbehörde „ersetzt“. Dann bleibt nur noch der schwierige und teure Gang vors Gericht.

Krummeck hat in vielen Schreiben und Auseinandersetzungen mit der Verwaltung sowie einer Normenkontrollklage bezüglich des Raumordnungsplans Rheinhessen-Nahe gegen die gefühlte Willkür im Windkraftland Rheinland-Pfalz angekämpft. „Auf jeder politischen Ebene haben wir eine Verhinderungsbearbeitung unserer Eingaben erlebt“, sagt er. Seine Schriftwechsel hat er immer auch dem Bürgerbeauftragten des Landes zukommen lassen. Dies machte aus Krummecks Sicht transparent, dass die Verwaltungen seine Anfragen äußerst stiefmütterlich behandelten. „Und deutschlandweit haben die Menschen die gleichen Probleme mit der Privilegierung.“

Am Dienstag soll sich der Petitionsausschuss des Landtags mit der Bitte aus der Bürgerschaft befassen – und auch bald der Bundestag, wenn möglichst viele Bürger die Petition auf der Seite www.ber.de herunterladen, ausdrucken, unterzeichnen und dem Petitionsausschuss des Bundestages zukommen lassen. Bislang haben bereits allein bei einer Online-Petition mehr als 5000 Menschen unterschrieben. Die Zeichnung ist für jeden Bürger noch bis zum 1. April möglich.

Die Petition kann auf der Internetseite www.ber.de eingesehen und heruntergeladen werden.

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