Unternehmen aus Todenroth hat Nische entdeckt
Nische entdeckt: Start-up aus Todenroth widmet sich nachhaltiger Kaffeezubereitung
Das Todenrother Unternehmen Grønenberg ist mittlerweile auf 18 Mitarbeiter angewachsen.
Pörsch

Todenroth. Am Ende des Hasenbergs im kleinen Ort Todenroth, umgeben von viel Grün, von Wiesen und Bäumen, auf den ersten Blick ein wenig unscheinbar in einem Einfamilienhaus, hat ein besonderes Start-up sein Quartier bezogen: das Unternehmen Grønenberg, das sich darauf spezialisiert hat, Produkte für eine nachhaltige Kaffeeproduktion zu vertreiben.

Das Todenrother Unternehmen Grønenberg ist mittlerweile auf 18 Mitarbeiter angewachsen.
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Die beiden Gründer Niklas Tasch und Peter Meurer waren 2017 mit der Idee gestartet, die Möglichkeiten des Versandhandels Amazon zu nutzen, um eigene Produkte zu vertreiben und sie einer möglichst großen Zielgruppe zugänglich zu machen. Nachdem sich die Wege der beiden Schulfreunde nach dem Abitur erst einmal getrennt hatten, den einen hatte es zum Studium nach Stuttgart verschlagen, der andere war im Hunsrück geblieben, kreuzten sie sich viele Jahre später wieder.

„Wir hatten dann die Idee, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen“, erinnert sich Peter Meurer, der nach der Schule eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann absolviert und anschließend noch ein Studium in Fitnessökonomie angehängt hatte. Sein Kumpel hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits intensiver mit den Möglichkeiten von Amazon auseinandergesetzt, Meurer musste sich noch einlesen – und kam nach rund zwei Wochen zu dem Entschluss. „Ja, lass uns was machen.“

Viel weiter waren die beiden zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wussten nicht einmal, welches Produkt sie vertreiben wollen. „Es sollte etwas sein, womit wir uns beide identifizieren, bei dem der Aspekt der Nachhaltigkeit Berücksichtigung finden und für das es auch einen Markt gibt“, beschreibt der Todenrother die anfänglichen Überlegungen.

Am Ende sind die beiden bei einer manuell betriebenen Kaffeemühle gelandet, die sie in China herstellen ließen. Das Grundprodukt ließen sie nach ihren Wünschen anpassen und orderten zunächst eine Charge von 500 Stück, die sie über den Onlinehändler verkauften. „Diese waren zu unserer großen Überraschung nach rund vier Wochen komplett ausverkauft.“ Weil die Ware direkt an Amazon geliefert wurde, brauchte es zu Beginn nur einen Laptop zur Abwicklung.

Dabei hatten die beiden Geschäftsführer Niklas Tasch und Peter Meurer klein angefanen.
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„Irgendwann ging es dann darum, dass wir uns professioneller aufstellen, dass wir eine Marke aufbauen“, erzählt Meurer. Gerade als es um die Namensgebung ging, überlegten die beiden viel, schickten Vorschläge ins Rennen, verwarfen wieder – und landeten schließlich bei Grønenberg. Dabei handelt es sich um ein Kompositum, also eine Zusammensetzung, aus den beiden Wörtern grøn, was sich aus dem Dänischen mit „Grün“ übersetzen lässt, und dem deutschen Berg, in Anlehnung an den Unternehmensstandort am Hasenberg. „Uns gefällt das skandinavische Design, und wir wollten damit unsere Nähe zur Natur zum Ausdruck bringen“, berichtet der Jungunternehmer.

Darauf deuten auch die Bäume hin, die im Firmenlogo Platz gefunden haben. Meurer ist dabei bewusst, dass man darüber diskutieren kann, inwieweit die Produktion in China und das Thema Nachhaltigkeit zusammenpassen, er sagt aber auch: „Es ist gerade am Anfang alternativlos, denn in Europa gibt es schlichtweg keinen Markt für die Herstellung mechanischer Kaffeemühlen.“ Zusammen mit Tasch war er auch in China, hat sich die Firmen, die für Grønenberg produzieren, angesehen. Zudem achte man darauf, dass alle Betriebe zertifiziert seien.

Weil das Projekt – auch aus Sicht der beiden Initiatoren – überraschend gut anlief, kamen in den folgenden Monaten und Jahren nicht nur neue Produkte, sondern auch neue Mitarbeiter dazu. Meurer, der bis 2018 noch angestellt war, kündigte seinen Job, um sich voll und ganz auf sein eigenes Unternehmen konzentrieren zu können.

Auch das Thema Nachhaltigkeit rückte mehr und mehr in den Fokus. So wurde beispielsweise bereits 2019 eine Kooperation mit der Initiative „Mit Ecken und Kanten“ ins Leben gerufen. Hierzu werden alle Retouren aufbereitet und zum Kooperationspartner versendet, damit sie nicht weggeworfen, sondern weiter verwendet werden können. Darüber hinaus hat das Unternehmen die bis dahin verwendete Einwegschutzfolie durch Mehrwegpolyester ersetzt, nur ein Jahr später entschied man sich, komplett auf Plastikverpackungen zu verzichten und auf Verpackungen aus recycelten Materialien umzusteigen.

2017 vertrieben sie ihre erste Kaffeemühle.
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„Wir haben uns schon in dieser Zeit das Ziel gesetzt, dass wir klimapositiv sein wollen“, sagt Meurer. Weitere Schritte in diese Richtung folgten schnell. So wurden gebrauchte Versandkartons wiederverwendet, und es wurde auf die Lieferung mit dem Flugzeug verzichtet. Außerdem setzt das Unternehmen auf einen klimaneutralen Versand und berechnet den eigenen CO2-Fußabdruck.

Im Zuge dieser Nachhaltigkeitskampagne ist auch Grønenberg regional entstanden. Dabei handelt es sich um eine Kooperation mit Hunsrücker Unternehmen, die ebenfalls ein besonderes Augenmerk auf Umwelt und Naturschutz legen. „Dadurch garantieren wir kurze Lieferwege und wissen ganz genau, wo die Produkte herkommen“, so der Jungunternehmer.

Lagerkapazitäten wurden nötig

Die Töpferei auf der Heide aus Münchwald hat beispielsweise Kaffee- und Espressotassen speziell nach den Wünschen und Vorgaben der Todenrother Firma entwickelt, die nun über den eigenen Onlineshop vertrieben werden. Denn um nicht zu sehr von Amazon abhängig zu sein, entschieden sich Meurer und Tasch irgendwann dafür, ihre Produkte auch selbst zu vertreiben – was mit einem deutlichen Mehraufwand einherging. Schließlich mussten Lagerkapazitäten geschaffen, der Versand und die gesamte Logistik selbst organisiert, die Marketingmaschinerie musste ins Laufen gebracht werden. „Auch das war mit ein Grund, weswegen unser Team zwangsläufig wachsen musste“, sagt Meurer.

Das brachte auch die Entscheidung mit sich, künftig keine neuen Produkte mehr in China produzieren zu lassen. Als sich die beiden Geschäftsführer im vergangenen Jahr dafür aussprachen, wussten sie, dass die Umsetzung schwer werden würde, dass sie derart herausfordernd werden würde, hatten sie allerdings nicht erwartet. Gemeinsam mit einem Produktdesigner erarbeiteten sie ein Modell ihrer manuellen Kaffeemühle und machten sich dann auf die Suche nach Firmen in Europa, die dies produzieren.

„Eigentlich wollten wir im vergangenen Weihnachtsgeschäft mit dem Verkauf starten“, sagt Meurer mit einem Lachen. „Wir haben allerdings schnell gemerkt, dass wir mehr Zeit brauchen und alles zu 100 Prozent passen muss.“ Während in China Firmen auf die Massenproduktion solcher Mühlen spezialisiert seien, gab es in Europa niemanden, der den Entwurf ad hoc umsetzen konnte. „Deshalb haben wir in den vergangenen zwölf Monaten eine komplett neue Lieferkette in Deutschland und Europa aufgebaut und sind nun in den letzten Gesprächen mit den zukünftigen Herstellern.“ Der Geschäftsführer hofft, dass noch in diesem Jahr die ersten Mühlen in den Verkauf gehen können.

Produktion soll bis 2030 komplett nach Europa verlegt werden

In einem nächsten Schritt, so zumindest sehen es die Planungen bei Grønenberg vor, sollen dann auch Espressokocher und French-Press-Kannen in Europa produziert werden. Das Team hat hier bereits die Fühler ausgestreckt und auf diese Weise schnell erfahren, dass ähnliche Probleme wie schon bei der Kaffeemühle auf es zukommen werden. Obwohl die French Press aus Edelstahl auf den ersten Blick unscheinbar daherkommt und deswegen auch unkompliziert zu produzieren zu sein scheint, steckt der Teufel hier im Detail. „Es gibt einige Schweißstellen, und es müssten extra Werkzeuge hergestellt werden, um die Presse zu produzieren“, erzählt Meurer.

Ähnlich problematisch sei es beim Espressokocher, denn selbst namhafte italienische Hersteller ließen mittlerweile vor allem aus Kostengründen in China produzieren. Lediglich einzelne Komponenten würden noch in Italien hergestellt. Der Preisdruck zwinge immer mehr Unternehmen in die Knie und dazu, die Produktion nach Fernost zu verlegen. Grønenberg will hier eine Ausnahme darstellen, möchte den umgekehrten, deutlich risikoreicheren Weg gehen. „Es bleibt also spannend“, sagt der Todenrother mit einem Lachen.

Doch trotz der ganzen Widrigkeiten möchte Grønenberg an den Plänen festhalten und bis 2030 die Produktion komplett nach Europa verlagern. Bis dahin wird das Produktsortiment um solche Artikel erweitert, die gemeinsam mit lokalen Kooperationspartnern hergestellt werden. Kaffeebohnen, Pralinen und getöpferte Tassen gibt es bereits. „Weitere Produkte sind hier natürlich möglich.“ Allerdings handelt es sich laut Meurer eher um ein Herzensprojekt, denn die Marge sei sehr gering. Es gehe viel mehr darum, das Bewusstsein der Menschen für lokale Produkte zu fördern und einen kleinen Teil zu einem bewussteren Umgang mit Ressourcen beizutragen.

Dazu soll auch der Verkauf der in Europa hergestellten Mühlen führen. Die wird das Unternehmen zu einem deutlich teureren Preis als die in China produzierten Mühlen verkaufen müssen. Der Unternehmer geht vom Dreifachen aus. „Wir haben uns vorgenommen, bei den Kaffeemühlen unter 100 Euro zu bleiben“, so Meurer.

Bei mehreren Messen vertreten

Aktuell kann er noch nicht abschätzen, ob sich hierfür ein Markt finden wird, hofft aber, dass es Menschen gibt, die das Siegel „Made in Europe“ zu schätzen wissen. „Die Zielgruppe wird sich durch unsere Neuausrichtung sicherlich ein wenig ändern.“ Es sollen Menschen angesprochen werden, die ein Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit haben, Camper, aber auch solche, die großen Wert auf eine besondere Art der Kaffeezubereitung legen. „Das ist eine Herausforderung, die wir annehmen wollen, und wir sind guter Dinge, dass uns das gelingen wird.“

Um für ihre Idee zu werben, für de Thematik zu sensibilisieren, aber auch um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, sich als nahbares Unternehmen zu präsentieren, sind die Mitarbeiter aktuell auf zwei bis drei Messen und Veranstaltungen monatlich unterwegs. „Statt mehr Produkte in unser Sortiment aufzunehmen, versuchen wir auf diese Weise natürlich auch, unsere Zielgruppe zu vergrößern“, sagt Meurer.

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