„Bis 10 Uhr sind wir noch gefahren und haben den Berufsverkehr einigermaßen übergesetzt“, sagt Fährbetreiber Henk Erlenbach im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Betreiber hatten nur noch eine Spur geöffnet und konnten am Donnerstagmorgen aufgrund des niedrigen Wasserstands nur noch acht bis neun Autos pro Fahrt transportieren. Jetzt steht die Fähre still. „Die Gefahr ist einfach zu groß. Bei 33 Zentimetern hatten wir uns 2003 die Antriebe kaputt gefahren“, sagt Henk Erlenbach.
Ein Drittel der Fährverbindungen im Mittelrheintal steht still
Damit haben nun ein Drittel der Fähren im Mittelrheintal ihren Betrieb wegen des Niedrigwassers ausgesetzt. Die Fähren auf den Strecken Boppard-Filsen, St. Goar-St. Goarshausen, Bingen-Rüdesheim und Ingelheim-Oestrich-Winkel waren Donnerstag noch in Betrieb. Die Fähre „Loreley VI“ war am Abend zuvor umgerüstet worden. Sie erhielt eine neue Rampe. Eine Punktlandung.
Das Niedrigwasser ist seit April Thema am Mittelrhein. Aus diesem Grund entschloss sich der Fährbetreiber Hammerl aus St. Goarshausen im Juni dazu, die 2,5 Tonnen schwere Stahlkonstruktion für den Niedrigwasserbetrieb der Fähre zu bestellen. „Just in Time wurde am Mittwochabend geliefert. Die letzten Schweißnähte sind erst am Morgen vor der Auslieferung ausgekühlt. Der frische Anstrich riecht noch“, sagte Klaus Hammerl während der zeitaufwendigen Montage. 35.000 Euro kostet die Sonderanfertigung für das Niedrigwasser von Stahlbau Müller aus Spessart beziehungsweise Oberwinter, um den Fährbetrieb aufrechterhalten zu können.
Zuschüsse erhält die Betreiberfamilie keine, zumal die Fähren nicht zum öffentlichen Personennahverkehr gehören, wie etwa Busse und Bahnen. Betriebswirtschaftlich gesehen ist die Investition nach Angaben der Betreiber unnötig. Dennoch hält die Familie Hammerl daran fest, die Menschen am Mittelrhein vom rechten ans linke Rheinufer zu befördern und umgekehrt.
„Es ist richtig, dass wir es gemacht haben“, sagt Anne Hammerl am Donnerstagvormittag. Bis 2 Uhr in der Nacht haben Klaus Hammerl und seine Mitarbeiter alles vorbereitet, damit der Fährbetrieb nur wenige Stunden am Abend unterbrochen war. Pünktlich begannen die Arbeiten am Mittwochabend gegen 19 Uhr, nachdem die Fähre zum letzten Mal in St. Goar abgelegt hatte.
Lohnunternehmer Andreas Jansen aus Lierschied war mit seinem 400 PS starken und 13 Tonnen schweren Traktor mit Allradantrieb an die Fährrampe nach St. Goar gekommen, um den 25 Tonnen schweren Rampenwagen zu bewegen. „Der Winkel macht’s“, sagt er, nachdem er den Stahlkoloss aus der Schräge in die Ebene gezogen hat. Dort bleibt der Rampenwagen so lange stehen, bis sich der Wasserstand des Rheins erholt hat.
Nach einer halben Stunde begannen die Vorbereitungen, um die rot lackierte Niedrigwasser-Stahlkonstruktion einzusetzen. Der Lkw-Ladekran wurde ausgefahren und hob mit Stahlketten und Schäkeln die Konstruktion unter den neugierigen Blicken einiger Schaulustiger vom Anhänger. Im Dunkeln fanden die Stahlbauer schnell die Endposition und mussten noch Schweißarbeiten verrichten. Gegen 23 Uhr legte die Loreley VI zum ersten Mal an der neuen Konstruktion an. Die An- und Abfahrt zur Fähre wurde geändert. Ab dem heutigen Freitag kann die Fähre St. Goar-St. Goarshausen nur noch Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen befördern. Um 5.30 Uhr nahm am Donnerstagmorgen die Loreley VI ihre Arbeit wieder auf.
Bopparder Fähre ist auch in den nächsten Tagen noch unterwegs
Der Betreiber der Josef-Hewel-Rheinfähre Boppard sieht die Situation noch entspannt. Seine Autofähre war am Donnerstag regulär in Betrieb, und daran soll sich auch die nächsten Tage nichts ändern. Denn die Fähre ist ein Katamaran ohne Tiefgang. „Auch die Propeller kann man hinten hochfahren“, sagt der Betreiber Tony Deleu. Und so schätzt er, könnte seine Autofähre auch bei einem für Montag vorhergesagten Kauber Pegelstand von 21 Zentimetern noch unterwegs sein.
Alle Fahrzeuge von Boppard auf die andere Rheinseite mitnehmen kann die Bopparder Autofähre aufgrund des steilen Winkels beim Auf- und Abfahren über die Rampe jedoch nicht mehr. Transitbusse und Kleintransporter gehen noch, alles darüber hinaus muss sich andere Wege auf die andere Rheinseite suchen. Auch tiefergelegte Fahrzeuge, Wohnmobile und Autos mit Fahrradanhängern können die Bopparder Autofähre derzeit nicht mehr nutzen. Die Mitarbeiter weisen jedes Fahrzeug ein. Sie müssen langsam über die Rampe fahren. „Wenn die Fahrer auf uns hören, gibt es kein Problem“, sagt Deleu. Wer jedoch zu schnell fährt, riskiert, mit seinem Fahrzeug aufzusetzen.