Wie wasche ich meine Jeans in der Waschmaschine? Wie tätige ich eine Banküberweisung? Welche Versicherungen sind für mich besonders wichtig? Antworten auf diese und ähnliche Fragen sollen die Schüler der Heuss-Adenauer Mittelrhein-Realschule plus Oberwesel (MRSO) schon ab dem kommenden Schuljahr erhalten – in einem neuen Schulfach mit dem Titel „Fit fürs Leben“.
Unter dem Motto „Zukunftswerkstatt MRSO“ präsentierte die Schulleitung vor den Herbstferien bei einem Infoabend in der Großsporthalle ein neues Schulkonzept, an dem bereits seit mehr als einem Jahr intensiv gearbeitet wird. Dieses Konzept zielt darauf ab, die Schule zukunftsfähig zu gestalten und den Bedürfnissen der Schüler von heute und morgen gerecht zu werden. Um es vorwegzunehmen: „Der Abend war für uns ein voller Erfolg. Wir durften knapp 200 interessierte Personen – viele Eltern und auch Lehrkräfte benachbarter Schulen – begrüßen“, berichtet erfreut Schulleiterin Claudia Weber.
Schule soll individuelle Stärken fördern
Die Veranstaltung sei laut Weber der bisherige Höhepunkt eines umfassenden Entwicklungsprozesses, der Eltern- und Schülerbefragungen sowie eine enge Zusammenarbeit mit anderen Schulen, dem Schulelternbeirat und dem gesamten Kollegium der MRSO umfasste. Das vorgestellte Konzept steht unter dem Leitgedanken, Schule neu zu denken und sie an die Anforderungen einer modernen Gesellschaft anzupassen.
„Wir wollen eine Schule, die nicht nur dem Bildungsplan gerecht wird, sondern auch die individuellen Talente und Stärken unserer Schüler fördert und sie optimal auf das Leben in der Gemeinschaft vorbereitet“, erklärt Schulleiterin Claudia Weber . Dabei sollen Kompetenzen für das Leben, gute Lernmöglichkeiten und die individuelle Förderung der Potenziale der Heranwachsenden im Mittelpunkt stehen.
„Fit fürs Leben“ machen
Die zweifelsohne wichtigste Neuerungen ist die Einführung des neuen Fachs „Fit fürs Leben“. Es soll den Schülern praxisnahe Kenntnisse für den Alltag vermitteln. Befürchtungen aus Reihen der Elternschaft, dass ein anderes oder mehrere Fächer dafür gekürzt werden könnten, tritt Claudia Weber entgegen. „Wir haben uns dafür entschieden, dieses Fach zusätzlich anzubieten“, erklärt sie.
Wer aber unterrichtet dieses Fach? „Wir haben in unseren Reihen Lehrkräfte, die auch noch eine andere Ausbildung haben: etwa eine Krankenschwester, eine Reiseverkehrskauffrau und einen Bankkaufmann. Außerdem hat jeder gewisse Kompetenzen, besondere Hobbys oder Interessen“, betont die Schulleiterin. Auch an Fortbildungen sei gedacht.
Eltern wollen Workshops anbieten
Zudem hätten sich mehrere Eltern – darunter ein Schreiner und ein Dachdecker – bereit erklärt, die MRSO bei der Umsetzung der Zukunftswerkstatt zu unterstützen, indem sie beispielsweise Workshops anbieten oder ihre Betriebe für eine praktische Zusammenarbeit einbringen möchten. Weber denkt da an Finanzämter oder auch das DRK. Wichtig sei ihr, die Schule für Betriebe und die nähere Umgebung zu öffnen.
Eine große Herausforderung sei auch die Überarbeitung der Stundentafel. Anstelle der herkömmlichen 45-Minuten-Taktung werden längere Unterrichtsblöcke eingeführt, um intensivere Lerneinheiten zu ermöglichen, ohne die Gesamtstundenanzahl zu verändern. Eine Schulstunde dauert künftig eineinhalbmal so lange wie bisher, sprich 67,5 Minuten.
65 oder 70 Minuten sollen Lerneffekt vergrößern
„Um krumme Zahlen zu vermeiden, werden wir aber 65- und 70-Minuten-Blöcke einführen“, erläutert Claudia Weber. Den Grund für diese Umstellung hat sie schnell erklärt: „45 Minuten sind oft einfach zu kurz. Da vergisst etwa ein Lehrer, Kopien mitzubringen, oder ein Schüler muss erst noch seinen Turnbeutel holen – oft ist bis dahin schon die halbe Stunde um.“
Dies gehe oft zulasten des handlungsorientierten Lernens, zulasten der Übungsphasen. „Genau das macht am meisten Spaß und bringt den größten Lerneffekt“, fügt Weber hinzu. Künftig haben die Schüler der Ganztagsklassen statt wie bisher neun Lerneinheiten nur noch fünf Einheiten – plus, und das ist die dritte Neuerung, eine sogenannte Chancenzeit, mit der die Ganztagsschule weiterentwickelt werden soll.
Chancenzeit soll Schulleben bereichern
Mit der Chancenzeit, in der sich Bewegung, Lernen, Entspannung, Kreativität und Gemeinschaft ergänzen, soll das Schulleben bereichert werden. Etwa die Hälfte der Schüler an der MRSO sind Halbtagsschüler. „Diese Schüler sind oftmals etwa von morgens halb sieben bis am späten Nachmittag unterwegs – dies entspricht dem Arbeitstag eines Erwachsenen. Allerdings handelt es sich hier immer noch um Kinder“, sagt Claudia Weber. Und dem müsse Rechnung getragen werden. „Manche benötigen zwischendurch viel Bewegung, andere vielleicht etwas Ruhe“, verdeutlicht die Schulleiterin. Dies soll in der Chancenzeit berücksichtigt werden. „Schule soll nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch ein Ort des Lebens sein.“ Pro Tag sei an 45 Minuten Chancenzeit gedacht.
Umsetzung schon 2025/2026
Punkt vier der Neuerungen ist die fachliche Weiterentwicklung. Geplant ist ein verstärkt fächerübergreifender, handlungsorientierter Unterricht, der aktuelle lebensnahe Themen und die Vermittlung von Kompetenzen in den Fokus stellt.
Die Umsetzung des neuen Konzepts ist bereits für das Schuljahr 2025/2026 geplant und soll den Schülern die bestmöglichen Lernbedingungen bieten. Eltern, Schüler und weitere interessierte Personen aus der Region zeigten sich laut Weber beim Infoabend beeindruckt von der visionären Ausrichtung und den umfassenden Neuerungen, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. „Ich finde es toll, dass unsere Schule so innovativ denkt. Man spürt die Begeisterung, mit der das gesamte Kollegium Schule für unsere Kinder neu erarbeitet“, habe eine Mutter gesagt.
Gemeinschaft und Zusammenarbeit im Fokus
„Durch das neue Schulkonzept stellt die Heuss-Adenauer Mittelrhein-Realschule plus Oberwesel die Weichen für eine Schule, die durch Gemeinschaft und Zusammenarbeit geprägt ist – eine Schule, in der alle Beteiligten aktiv zur Gestaltung einer erfolgreichen und zukunftsfähigen Bildung der Schüler beitragen“ – so lautet das Zwischenfazit von Schulleiterin Claudia Weber. So weit die Theorie – „jetzt müssen wir schauen, was beim Praxistest im nächsten Jahr herauskommt“, sagt Claudia Weber. Spannend werde es allemal.