Kläranlage Oberes Baybachtal: Statikproblem bremst Erneuerung - Ingenieurbüro haftet - Schaden dürfte in Millionen gehen
Neue Klärbecken der Anlage Oberes Baybachtal werden abgerissen: Grund ist Fehler in der Statik
Die biologische Reinigungsstufe der Kläranlage Oberes Baybachtal soll vom Tropfkörperverfahren (im Vordergrund) auf das Verfahren Biocos umgestellt werden. Dafür wurden große Klärbecken (im Hintergrund) betoniert, die nun wegen Fehlern in der Statikplanung abgerissen werden müssen. Foto: Philipp Lauer
Philipp Lauer

Hunsrück-Mittelrhein. Seit Herbst vergangenen Jahres ruhen die Arbeiten zur Erneuerung der Kläranlage Oberes Baybachtal. Es gab Probleme mit der Statik bei zwei neu errichteten Becken. Nun steht fest: Die beiden sogenannten Biocosbecken müssen komplett abgerissen und neugebaut werden. Die Kosten soll die Versicherung des Ingenieurbüros übernehmen, das mit der Statik betraut war.

Lesezeit 3 Minuten

Die beiden neu gebauten Betonbecken für das „Herzstück“ der Kläranlage, im oberen Baybachtal zwischen Thörlingen und Schwall gelegen, müssen komplett abgerissen und samt der Bodenplatte neu errichtet werden. Grund dafür ist eine mangelhafte Tragwerksplanung.

Seit dem Herbst des vergangenen Jahres ruhen deshalb auch die Arbeiten zur Erneuerung der Kläranlage. Der Schaden dürfte in die Millionen Euro gehen, die Kosten für den betreffenden Bauabschnitt waren insgesamt auf 3,3 Millionen Euro geschätzt worden. Die Haftpflichtversicherung des Ingenieurbüros, das mit der Statik betraut war, hat nun erste Kosten übernommen.

Neubau für VG sicherste Variante

Beim ersten der beiden sogenannten Biocosbecken war Mitte des Jahres 2023 aufgefallen, dass die Bewehrung nicht entsprechend der Planung ausgeführt wurde – leider erst nachdem ein Großteil der Betonage schon abgeschlossen war. Im Zuge einer Überprüfung der Statik insgesamt sei dann jedoch aufgefallen, dass die Tragwerksplanung mangelhaft sei, berichtet Peter Unkel, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hunsrück-Mittelrhein. im Gespräch mit unserer Zeitung. Offenbar seit bei der Berechnung der Statik nicht berücksichtigt worden, dass die Temperaturen in den Becken im Betrieb stark variieren.

Biologische Reinigungsstufe

Die beiden Becken mit den Statikproblemen sind der biologischen Reinigungsstufe zuzuordnen, dem „Herzstück“ einer jeden Kläranlage, wie die VG-Werke Hunsrück-Mittelrhein in einer Information zum Sachstand beschreiben. Mit der Erneuerung der Kläranlage erfolgt die Umstellung vom Tropfkörperverfahren auf das „patentierte Verfahren Biocos“. Die biologische Abwasserreinigung zur „Nährstoffelimination und Phosphatabbau“ erfolge dabei in zwei parallelen Becken. red

„Umfangreiche Untersuchungen und Überrechnungen auch mittels eines unabhängigen Gutachters“ hätten seitdem stattgefunden, berichtet Unkel. Dabei habe man festgestellt, dass „hauptursächlich für die statischen Probleme eine mangelhafte Tragwerksplanung ist“. Eine Sanierung der beiden Biocosbecken habe die VG aus „betrieblichen, technischen und wirtschaftlichen Gründen“ abgelehnt. „Eine Gegenüberstellung der Kostenprognosen hat ergeben, dass der vollständige Rückbau und die anschließende Neuerrichtung beider Becken einschließlich der Bodenplatten nicht nur technisch die sicherste Variante darstellen, sondern auch wirtschaftlicher sind“, sagt Unkel.

Ausfall der alten Kläranlage ist Risiko

Der Werksausschuss und der Rat der VG hatten zuletzt nicht öffentlich in der Sache beraten und sich dafür ausgesprochen, den rechtlichen Anspruch auf Neuherstellung der Becken einzufordern. Entsprechend werden die VG-Werke die Arbeiten auf der Grundlage neuer statischer Berechnungen „streng nach Norm“ beauftragen. Weitere Verzögerungen sollen damit verhindert werden. Letztlich gelte es auch, das Risiko, dass die vorhandene alte Kläranlage ausfällt, zu minimieren.

Die biologische Reinigungsstufe (Tropfkörper) der Kläranlage geht auf das Baujahr 1975 zurück. „Die Anlage ist somit fast 50 Jahre alt, die Technik ist veraltet und muss auf den Stand der Technik gebracht werden“, sagt Unkel. Die Kläranlage ist die größte Kläranlage der VG mit einer geplanten Ausbaugröße mit einem Einwohnerwert von 14.000. Angeschlossen sind die Stadt Emmelshausen, 13 Ortsgemeinden sowie die Industriegebiete Dörth und Pfalzfeld. Das gereinigte Wasser wird in den Baybach eingeleitet, der bei Burgen in die Mosel mündet.

Für aktuellen Bauabschnitt sind 3,3 Millionen Euro vorgesehen

Die Arbeiten zur Erneuerung der Kläranlage haben im Sommer 2020 begonnen – nach fünf Jahren Planungsvorlauf. Die Gesamtkosten wurden auf 18 Millionen Euro geschätzt. Im Dezember 2022 wurde der zweite von vier Bauabschnitten abgeschlossen. Die beiden Problembauwerke zählen zum dritten Bauabschnitt, für den allein 3,3 Millionen Euro vorgesehen sind.

Zu Beginn der Arbeiten an der biologischen Reinigungsstufe im Januar 2023 waren für die Arbeiten rund anderthalb Jahre veranschlagt worden. Eine genaue Schadenshöhe beziffert die Verwaltung nicht. Mehrkosten sollen der Verbandsgemeinde jedoch nicht entstehen. „Der Haftpflichtversicherer des Tragwerksplanungsbüros hat Ende September 2024 die Verantwortung für die Schäden am Bauvorhaben dem Grunde nach anerkannt und eine erste Kostenübernahme veranlasst“, berichtet Unkel. Darüber hinaus gehende Ansprüche der VG werde man weiterhin juristisch verfolgen.

Ingenieurbüro Krebs und Kiefer äußert sich nicht

Das für die Tragwerksplanung verantwortliche Ingenieurbüro Krebs und Kiefer mit Sitz in Darmstadt äußerte sich auf Anfrage unserer Zeitung nicht in der Sache. Man könne keine Auskunft zu dem laufenden Verfahren geben. Auch die mit der Ausführung der Betonbecken betraute Baugesellschaft, ein in der Region ansässiges Unternehmen, wollte keine Stellung nehmen.

Top-News aus der Region