Von unserer Reporterin Suzanne Breitbach
In den Abendstunden ist eines der schönsten Dörfer im Kreisgebiet hermetisch abgeriegelt. Anwohner sollen ihre Häuser nicht verlassen. Die Autobahnabfahrt und die Zufahrtsstraßen sind gesperrt. Auf 200 Polizisten schätzen die Anwohner das Aufgebot an Einsatzkräften, darunter Scharfschützen und Hundeführer, die den flüchtigen und bewaffneten Ehemann suchen. Mit zwei Hubschraubern wird das Waldgebiet zwischen Wiebelsheim Richtung Laudert und Oberweseler Windräder abgesucht. Suchscheinwerfer erhellen die Nacht. Im Industriegebiet sammeln sich die Einsatzkräfte. Hier sorgen die Feuerwehren der Verbandsgemeinde St. Goar-Oberwesel für ausreichendes Licht.
Auch als der Ehemann am späten Abend in seinem Auto liegend tot aufgefunden wird, wird die Szenerie von der Feuerwehr grell beleuchtet. Der 46-Jährige hat sich im Auto erschossen. Die Einsatzkräfte verlassen nach und nach Wiebelsheim. Zwei Tote sind die traurige Bilanz und Kinder, die innerhalb weniger Stunden zu Vollwaisen geworden sind.
Nachbarn beschreiben Verhältnis zum Familienvater als schwierig
Ein Nachbar ist gegen 8.20 Uhr mit seinem Hund auf Gassirunde. Er ist noch völlig von den Ereignissen des Vortages mitgenommen. „Eine schreckliche Familientragödie“, sagt er. Das Opfer beschreibt er als tolle Tierärztin und gute Mutter, die ihre drei Kinder fast allein erzogen hat. Im Keller des Wohnhauses betreibt sie ihre Tierarztpraxis. Kaum hat das dritte Kind das Licht der Welt erblickt, ist sie wieder für ihre vierbeinigen Patienten da. Das nachbarschaftliche Verhältnis zum Ehemann, der als Ingenieur für Baumpflege und Gartenbau in der Region tätig war, beschreibt der Mann als eher schwierig.
In Windeseile haben sich die Ereignisse wie ein Lauffeuer in der Region rumgesprochen. Die Menschen sind ergriffen, besonders das Schicksal der Kinder macht den Menschen zu schaffen. „Beide Eltern auf solche Weise zu verlieren ist schlimm“, sprudelt es aus einem Mutterherz heraus. „Was wird aus den Kindern?“, fragen sich andere, die von der Tat in Wiebelsheim erfahren.
Straßen der Gemeinde sind wie leergefegt
Am Morgen nach der Tragödie: Ein Strauß Rosen liegt vor der Haustür, ein Grablicht flackert im Morgengrauen. Die Straßen in Wiebelsheim sind wie leergefegt. Einige Hundehalter führen ihre Hunde aus und blicken immer wieder Richtung Holzhaus, wo sich die schreckliche Tat am Abend ereignete. An der Haustür und im Wendehammer vor dem Haus flattert das Absperrband der Polizei.
Der Hubschrauber, der am Abend nicht mehr starten konnte, und über Nacht von Polizeibeamten bewacht wurde, hat gegen 7.20 Uhr den Hunsrück verlassen. Nur ein Polizeiauto steht vor dem Einfamilienhaus. Beamte einer anderen Dienststelle sind zur Verstärkung gekommen. Sie sichern den Tatort vor Eindringlingen ab.
Wiebelsheim selbst in menschenleer. Nur eine Handvoll Menschen zieht es vor die Haustür, die ihre Hunde zum Gassigehen begleiten.