Drei Einwendungen werden heute erörtert
Nabu bezieht klar Stellung zu Windradplanung bei Oberkirn: „Das Vorhaben ist abzulehnen“
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Symbolfoto: Ein Baum neigt sich vor einem sich drehenden Windrad im Wind.
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Rhein-Hunsrück/Oberkirn. In der Gemarkung Oberkirn sind zwei Windenergieanlagen geplant. Der Naturschutzbund (Nabu) hat Einwand gegen die Planung eingelegt: Die Fläche sei ungeeignet, da sie unter anderem Lebensraum für geschützte Fledermausarten und den Rotmilan ist.

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Seit rund vier Jahren regt sich insbesondere im Rhein-Hunsrück-Kreis immer wieder Protest gegen die geplante Errichtung zweier Windenergieanlagen (WEA) in der Gemarkung Oberkirn. Bis Anfang Oktober konnten Einwände eingereicht werden. Die Kreisgruppe Rhein-Hunsrück des Naturschutzbunds (Nabu) hat diese Möglichkeit der Beteiligung in enger Abstimmung mit der Kreisgruppe Birkenfeld genutzt und eine mit 26 Seiten umfangreiche Stellungnahme verfasst. Ihr Fazit ist eindeutig: „Das Vorhaben ist abzulehnen.“

Wie Albert Horz, Vorsitzender der Rhein-Hunsrücker Kreisgruppe mit Schwerpunkt Fachgebiet Vögel, kürzlich berichtete, habe er sich die geplanten Standorte mehrfach sehr genau angeschaut. „Das ist ja Wahnsinn, was da an Artenvielfalt herrscht. Vor allem an Fledermäusen“, hatte er kurz nach einem Besuch überrascht festgestellt. Seine Beobachtungen haben er und seine Mitstreiter recht detailliert in dem der Kreisverwaltung vorgelegten Papier zusammengefasst.

Ausschlussbereiche der Kategorie I

Zunächst einmal gehen die Naturschützer auf die „hochsensible Lage“ der Standorte ein. Sie befinden sich vollständig im FFH-Gebiet „Obere Nahe“ in einem „hochwertigen Wald“ mit altem Eichenbestand, Mischwald und einigen eingestreuten Kiefern. „Angaben zu angeblichem Fichtenwald in den offengelegten Biotoptypenkarten entsprechen bezüglich WEA 1 nur teilweise und bezüglich WEA 2 nicht der Realität“, stellen sie klar. Zudem befänden sich beide Standorte in Hanglage zum Wiesenbach hin und seien umgeben von „teils in das Waldgebiet eingestreuten bzw. hineinreichenden Grünflächen mit einem Revierzentrum des Rotmilans nur circa 570 m östlich von WEA 2“.

Der Nabu resümiert: „Im neuen Fachbeitrag Artenschutz für die Planung von Windenergiegebieten in Rheinland-Pfalz, herausgegeben vom Landesamt für Umwelt im November 2023, der in den offengelegten und vorher datierenden Gutachten keine Berücksichtigung fand, sind beide Standortbereiche Ausschlussbereiche der Kategorie I aufgrund ihrer Lage im FFH-Gebiet mit einschlägigen Zielarten und Ausschlussbereiche der Kategorie II, da sie vollständig in einem Gebiet mit sehr hohem Habitatpotenzial für Bechsteinfledermäuse liegen.“

Bechsteinfledermaus und viele mehr nachgewiesen

Somit handele es sich auch nicht um Standortbereiche, die für die Erreichung des 2,2-Prozent-Ziels für Rheinland-Pfalz erforderlich wären. Hinzu komme, dass WEA 1 nur etwa hälftig und bezüglich der Kranstellfläche völlig außerhalb des Vorranggebietes Windenergienutzung des Regionalen Raumordnungsplan Rheinhessen-Nahe aus 2014 liege. Auch bei WEA 2 sei dies bezüglich Randbereichen des Rotorüberstrichs und der Kranaufstellfläche der Fall.

Neben diversen anderen Fledermausarten seien bereits in einem Gutachten aus dem Jahr 2017 die streng geschützten Fledermausarten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Mopsfledermaus und Wimpernfledermaus nachgewiesen worden. 16 streng geschützte Arten seien damals gefunden worden, und es sei davon auszugehen, dass noch weitere gefunden würden. So habe ein Nabu-Mitglied im räumlichen Bezug der Standorte etwa auch die besonders seltene Große Hufeisennase nachgewiesen. Es sei daher zwingend erforderlich, die Gutachten neu auszuführen.

Fledermausbestände erholen sich nur schwer

Warum gerade Fledermäuse durch WEA gefährdet sind, erklären die Experten ebenfalls in ihrer Stellungnahme. So leiden die Populationen etwa besonders unter dem Habitatverlust, der mit WEA einhergeht, da sie nur eine geringe Reproduktionsrate haben. Viele Arten bekommen nur ein oder zwei Jungen pro Weibchen und Jahr, die Bechsteinfledermaus bekomme maximal ein Junges pro Jahr – und das selbst in scheinbar günstigen Lebensräumen.

„Für Fledermäuse gilt somit grundsätzlich, dass durch die geringe Reproduktionsrate die Fähigkeit, sich von Bestandseinbrüchen zu erholen, extrem minimiert ist (Racey & Entwistle, 2000; Barclay & Hader, 2003)“, zitiert der Nabu. Zudem könnten insbesondere Verluste adulter Weibchen nicht durch eine erhöhte Reproduktionsrate ausgeglichen werden. Die ohnehin schon angespannte Situation vieler Populationen ließe sich daher bei Habitatverlusten oder gar Tötungen nicht ausgleichen, heißt es weiter.

Anforderungen nicht eingehalten

Eine groß angelegte Studie habe ergeben, dass an in Waldgebieten gelegenen WEA rund 15,3 Individuen pro Jahr getötet werden. In einer Studienarbeit der Universität Koblenz-Landau wurden auf dieser Grundlage die Zahlen für den Rhein-Hunsrück-Kreis errechnet: mehr als 3100 Fledermäuse fallen dort demnach den WEA pro Jahr zum Opfer.

Zudem kritisiert der Nabu die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet „Obere Nahe“. Diese genüge inhaltlich „weder vom erforderlichen Prüfungsumfang noch vom Ergebnis her den rechtlichen Anforderungen an den Nachweis einer FFH-Verträglichkeit“. Des Weiteren gehen die Naturschützer in ihrer Stellungnahme noch auf das Rotmilanvorkommen, die offenbar noch nicht geklärte Zuwegung und den Kabeltrassenverlauf sowie die Eingriffsminimierung ein, die im Bundesnaturschutzgesetz geregelt ist und hier wohl bisher nicht berücksichtigt wird. Außerdem fehle es den offengelegten Unterlagen an einem Kompensationsmaßnahmenkonzept.

Nabu: Das Vorhaben ist abzulehnen

In einem Fazit fassen die Unterzeichner zusammen: „Die zwei beantragten Windenergieanlagen liegen in einem FFH-Gebiet mit von der Planung massiv betroffenen Zielarten. Es handelt sich um ein hochsensibles Gebiet mit hochwertigem Mischwald, altem Eichenwald und einem sehr hohen Habitatpotenzial für windkraftsensible Fledermausarten. Eine FFH-Verträglichkeit ist nicht gegeben.“ Auch für die örtliche hohe Rotmilanpopulation sei der Standortbereich von großer Bedeutung, es könnten außerdem im „besonders geeigneten alten Laubwald direkt nördlich WEA 1 jederzeit neue Rotmilanhorste erwartet werden“.

Auch im Hinblick auf die benötigten, enorm langen Zuwegungs- und Stromtrassen ergebe die Planung keinen Sinn. „Vielmehr wird das Areal für den Biotopverbund dringend benötigt.“ Den Ergebnissen der Gutachter entsprechend der offengelegten und teils veralteten Gutachten sei in diversen Punkten nicht zu folgen. Auch, weil sie in vielerlei Hinsicht gegen geltende Regularien verstoßen. „Die Anlagen hätten erhebliche Auswirkungen auf diverse streng geschützte Tierarten, was erst Recht in einer kumulativen Betrachtung den Standortbereich ungeeignet macht“, heißt es. Das Vorhaben sei daher abzulehnen.

Laut der Verwaltung des Landkreises Birkenfeld wurden drei Einwendungen eingereicht. Der Erörterungstermin findet am heutigen Donnerstag, 31. Oktober, um 16 Uhr im Sitzungssaal der Verbandsgemeinde Herrstein-Rhaunen, „Zum Idar“ 21 und 23, in Rhaunen statt.

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