Die Mittelrheinbrücke reduziere die Querungsmöglichkeiten am Mittelrhein auf zukünftig eine Brücke in Fellen/Wellmich, heißt es in dem Schreiben an die Ministerpräsidentin. Mit der festen Rheinquerung „werden Umsatzverluste entstehen, die je nach Lage der Fähre am Mittelrhein zwischen 20 und 100 Prozent zu kalkulieren sind. Umsatzverluste in solchen Größenordnungen bedrohen die Existenz jedes Kleinbetriebes“, erläutern die Fährbetreiber diesen Schritt. Sie haben auch die UNESCO unterrichtet.
Brückenkosten „abenteuerlich“
BUND, VCD Rheinland-Pfalz und BI Rheinpassagen wiesen die Ministerpräsidentin im April 2021 schriftlich auf erhebliche Mängel in den Gutachten zur Einleitung des Raumordnungsverfahrens zum Bau einer Mittelrheinbrücke hin. Als „geradezu abenteuerlich“ bezeichnen die Umweltverbände die in den Gutachten genannten Baukosten der favorisierten Brückenvariante. Die 40 Millionen Euro, die einschließlich der Auffahrten avisiert seien, habe das Land Rheinland-Pfalz bereits 2009 korrigiert und der UNESCO 60 Millionen Euro netto als reine Brückenbaukosten mitgeteilt. Hochgerechnet auf das Jahr 2030 sei von Brückenkosten in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro auszugehen, schreiben die Verbände an Malu Dreyer. Die Investitions- und Folgekosten der Brücke seien im jetzt vorgelegten Gutachten im Vergleich mit den Kosten der Fähren komplett unberücksichtigt.
Die Fährbetreiber stellen fest, dass die für den Fährverkehr in das Gutachten eingestellten Kosten nicht annähernd der Wirklichkeit entsprächen. Die Fähren produzierten nicht nur weniger Lärm und Schadstoffe, sie seien auch die mit weitem Abstand günstigsten Rheinquerer für die öffentliche Hand. Während die Fährbetreiber ausschließlich auf eigene Kosten und ohne Zuschüsse zwischen den Ufern hin und her pendelten, werde eine Brücke von den Steuerzahlern finanziert, die zudem die jährlichen Folgekosten in Millionenhöhe zu übernehmen hätten.
Michael Carl, stellvertretender Landesvorsitzender im BUND Rheinland-Pfalz, hält es für „grotesk“, wenn die Einwohner von Niederheimbach, die das 800 Meter entfernt liegende Lorch auf der rechten Rheinseite erreichen wollten, zukünftig 80 km Fahrtstrecke für Hin- und Rückfahrt in Kauf nehmen müssten. Auch der Schüler- und Arbeitnehmerverkehr zwischen Filsen oder Osterspai nach Boppard könne künftig nur noch über die Brücke in Wellmich/Fellen erfolgen. Umweg: 50 km für Hin- und Rückweg.
Mario Pott vom VCD Rheinland-Pfalz kritisiert: „Eine wesentliche Unterlassung in den Gutachten zum Raumordnungsverfahren ist die fehlende Berücksichtigung des ÖPNV. Die Fähren sind derzeit in den VRM-Tarif integriert und bieten Übergänge zu Bus und Bahn. Mit der Brücke entfällt jede ÖPNV-Verbindung über den Rhein.“
Zusätzliche Verkehrsbelastungen
Auch die zusätzlichen Verkehrsbelastungen der durch eine Brücke entstehenden Verbindung zwischen A 3 und A 61 sowie aufgrund des Wegfalls der Fähren fehlten im Gutachten. Straßen zur A 61 müssten erst ausgebaut werden. Durch das Vorhaben komme es zudem zu massiven Eingriffen in Natur und Landschaft.
Eine Brücke in Tieflage sei an Hochwassertagen nicht oder nur eingeschränkt nutzbar, was aufgrund des Wegfalls der Fähren zu einer Unmöglichkeit der Querung führen werde. Spätestens bei Erreichen der Hochwassermarke II seien Teile der B 42 und der B 9 gesperrt. Klaus Thomas von der BI Rheinpassagen: „Kaub, St. Goarshausen, Kamp-Bornhofen oder Osterspai sind nicht passierbar, ebenso wie Bacharach, Oberwesel und St. Goar auf der linken Rheinseite. Hochwasser dieser Größenordnung sind am Rhein die Regel.“
Im Infrastrukturministerium gab es zu dem Brief der Fährbetreiber und der Umweltverbände am Montag noch keine Stellungnahme. Eine Sprecherin verwies auf das laufende Verfahren: „Das Raumordnungsverfahren wurde am 15. Februar 2021 eingeleitet. Derzeit findet die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TöB-Beteiligung) statt. Hier liegen aktuell fast alle Stellungnahmen vor, es sind jedoch noch Nachlieferungen möglich, da die gesetzte Frist keine Ausschlussfrist ist“, heißt es aus Mainz. Im Anschluss an die TöB-Beteiligung werde eine Auswertung der Stellungnahmen erfolgen und ggf. Überarbeitungen einzelner Gutachten eingefordert werden. Aufgrund der Größe und Komplexität des Verfahrens werde es „ein wenig dauern, bis die verfahrensführende SGD Nord alle Stellungnahmen voll umfänglich gesichtet und ausgewertet hat“. Danach finde die Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Parallel erfolge die Abstimmung mit der UNESCO und ICOMOS International.
Weiterhin teilt das Ministerium mit: „Durch das Raumordnungsverfahren soll die Raumverträglichkeit der unterschiedlichen Varianten der Mittelrheinquerung überprüft werden. Es soll also geprüft werden, ob diese Planungen mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung übereinstimmen bzw. wie diese unter den Gesichtspunkten der Raumordnung aufeinander abgestimmt werden können. Dem Ergebnis des laufenden Raumordnungsverfahrens können wir nicht vorgreifen.“
Von unserem Redaktionsleiter Thomas Torkler