Mitarbeiter sind geschockt - IG Metall rief zu Kundgebung und Autokorso auf - Bundesweit 13 000 Arbeitsplätze in Gefahr
Mitarbeiter sind geschockt und protestieren: Continental streicht in Rheinböllen 400 Stellen

Volle Auftragsbücher und Überstunden stehen für Betriebsratsvorsitzenden Volker Diel im krassen Gegensatz zum geplanten Personalabbau im Continentalwerk in Rheinböllen.

Werner Dupuis

Rheinböllen. Die Angst geht um im Werk von Continental in Rheinböllen, nachdem der Autozulieferer einen umfangreichen Abbau von Arbeitsplätzen ankündigte. Deutschlandweit sollen in den acht Standorten 13.000 Stellen wegfallen, in Rheinböllen sollen 400 gestrichen werden. Dagegen protestierten am Donnerstag mehr als 100 Mitarbeiter in einer von der IG-Metall organisierten Kundgebung am Werksgelände.

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Zuvor machten die „Conti-Mitarbeiter“ lautstark bei einem Autokorso von Rheinböllen nach Simmern die Öffentlichkeit auf ihre Situation aufmerksam.

„Wir sind erschüttert und wütend zugleich. Mit einem derart radikalen Kahlschlag konnte niemand rechnen“, kommentiert Ingo Petzold, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Bad Kreuznach, die Ankündigung des Managements im Betrieb. Nach Jahren voll satter Gewinne habe das Unternehmen keine bessere Idee als Antwort auf die Absatzkrise in der Autoindustrie, als einen radikalen Arbeitsplatzabbau anzukündigen.

Die Beschäftigten in Rheinböllen hätten bereits ihren Beitrag zum Erhalt des Werkes geleistet. Erst Ende 2019 wurde vereinbart, 250 Stellen abzubauen, und es wurde ein Zukunftspakt unterschrieben, um die Zukunftsfähigkeit des Standortes zu gewährleisten. Die Automobilindustrie und damit auch die Zulieferer seien in turbulentem Fahrwasser, räumt Petzold ein, die Transformation werde durch die Folgen der Corona-Krise verstärkt und beschleunigt. Das stehe auch für die IG Metall und den Betriebsrat außer Frage.

Entgegen anderer Unternehmen in der Automobilbranche wie ZF Friedrichshafen, Bosch oder Mercedes, sei bei Continental auf Konzernebene aber noch nicht einmal der Versuch unternommen worden, im Dialog mit den Arbeitnehmervertretern eine gemeinsame Lösung der aktuellen Probleme zu finden. Die einfache und empörende Antwort der Konzernleitung in Hannover laute: Mitarbeiter entlassen, um die Personalkosten zu drücken.

Die Androhung von Entlassung ist für den Gewerkschaftsfunktionär eine Kampfansage an alle Beschäftigten und ein nur schwer wiedergutzumachender Vertrauensverlust. „Mit einem fairen und partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Unternehmen und Belegschaft hat das nichts mehr zu tun.“ Deshalb werde sich die IG Metall gemeinsam mit dem Betriebsrat und den Beschäftigten mit aller Macht zur Wehr setzen und für den Standort und die Arbeitsplätze in Rheinböllen kämpfen. Die IG Metall fordert für Rheinböllen ein tragfähiges Konzept, um Arbeitsplätze und Standort dauerhaft abzusichern. „Wir brauchen eine tragfähige Zukunftsbrücke in Rheinböllen, damit wir mit den Beschäftigten gute Produkte für eine digitale Zukunft bauen können“, so Petzold.

Auf volle Auftragsbücher und die Auslastung aller Kapazitäten inklusive Überstunden und zusätzlichen Samstagsschichten sowie auf erhebliche Investitionen, die zurzeit in eine Werkserweiterung fließen, verwies Betriebsratsvorsitzender Volker Diel. Wie zu seiner Bestätigung drehten sich zwei Baukräne hinter dem Belegschafts- und Lkw-Parkplatz, auf dem die Kundgebung stattfand.

670 Mitarbeiter arbeiten aktuell im Continentalwerk in Rheinböllen und produzieren vorwiegend elektrische Feststellbremsen für alle führenden Automobilhersteller. Der Personalabbau – so der Betriebsratsvorsitzende – treffe nicht nur direkt die Belegschaft und ihre Familien, sondern auch die Handwerker und regionalen Zulieferer, die dort tätig seien. Das Gros der Belegschaft ist seit Jahren hier beschäftigt. Fluktuation findet nicht statt, die Arbeitnehmer haben einen engen Bezug zu ihrem Unternehmen und ihrem Arbeitsplatz. Wie etwa Einrichter Hans Günter Jakobs aus Riegenroth, der seit 1977 in Rheinböllen einen – bisher vermeintlich – sicheren Arbeitsplatz hat.

Von unserem Reporter Werner Dupuis

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