Dass Friedrich Merz zum Bundeskanzler gewählt würde, galt als ausgemacht. Doch im ersten Wahlgang am Dienstagvormittag bekommt er die erforderliche Mehrheit nicht, sondern erst in der zweiten Runde am Nachmittag. Was sagen Politiker aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis dazu? Wir haben nachgefragt.
Tobias Vogt, Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Rhein-Hunsrück, ist am Dienstag terminlich stark eingespannt. Der Landtagsabgeordnete ist mit einem Fachausschuss unterwegs, hat einen Termin nach dem anderen. Was in Berlin passiert, verfolgt er aus der Ferne – per Nachrichtenticker.
Was das bedeutet, wird man abwarten müssen.
Tobias Vogt (CDU)
„Ich kann gar nichts Genaues sagen“, erklärt er, als unsere Zeitung ihn telefonisch erreicht. „Ich hatte noch keine Zeit, mich damit zu beschäftigen.“ Hintergründe, warum es mit der Kanzlerwahl nicht im ersten Anlauf geklappt hat, kenne er nicht, sagt Vogt.
Und wie schätzt er die Vorgänge in Berlin ein? Welche Folgen werden sie haben? Vogt hält sich zurück. „Was das bedeutet, wird man abwarten müssen“, sagt der CDU-Kreisvorsitzende.
Zurückhaltend ist auch ein weiterer CDU-Mann aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis, einer, der bei der Kanzlerabstimmung selbst beteiligt war: der Bundestagsabgeordnete Marlon Bröhr. Auf Anfrage unserer Zeitung meldet er sich am frühen Dienstagnachmittag, rund eine Stunde vor dem zweiten Wahlgang. Kommentieren möchte Bröhr das erste Abstimmungsergebnis zu dem Zeitpunkt nicht.
Ich bin froh, dass Friedrich Merz zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt wurde.
Marlon Bröhr (CDU)
Nach dem zweiten Wahlgang äußert sich Bröhr wie folgt: „Ich bin froh, dass Friedrich Merz zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt wurde. Es gibt viel tun in diesem Land, das keinen Aufschub duldet.“ Noch mehr hätte er sich gefreut, wenn das schon im ersten Wahlgang gelungen wäre. Daraus macht er keinen Hehl, möchte sich jedoch nicht an Spekulationen beteiligen, woran es gelegen haben könnte. „Wir werden nie erfahren, wer und aus welchen Gründen wie abgestimmt hat.“
Erleichtert sei er, dass der zweite Wahlgang noch am Dienstag möglich war. „Bis Freitag zu warten, das wäre kein gutes Signal nach innen und nach außen gewesen.“ Der Blick zurück werde schon am Mittwoch für ihn keine Bedeutung mehr haben, dafür werde man zu schnell ins Tagesgeschäft kommen müssen. „Ende gut, alles gut“, sagt Bröhr.
Wer hat die Gefolgschaft verweigert?
Eine Handvoll Stimmen fehlte Friedrich Merz im ersten Wahlgang. Doch wer hat ihm die Gefolgschaft verweigert? Ruth Greb, die Vorsitzende des SPD-Kreisverbands Rhein-Hunsrück, sieht mehrere Möglichkeiten.
„Die SPD hält zusammen, wenn man sich in der Partei auf etwas geeinigt hat“, sagt sie zwar und nimmt damit eher die CDU-Abgeordneten in die Pflicht. Greb lässt aber auch durchblicken, dass nicht jeder Genosse ein Merz-Freund ist. „Bei der SPD ist Merz einigen auf die Füße getreten.“ Bei der CDU übrigens auch, ergänzt die SPD-Kreisvorsitzende. „Das CDU-Kabinett sieht anders aus als ursprünglich gedacht.“ Haben enttäuschte Parlamentarier dem designierten Kanzler einen Denkzettel verpasst? Für Ruth Greb ist das durchaus denkbar. „Sachlich gibt es schon Gründe, die gegen seine Wahl sprechen.“
Merz muss sein Ego zurückschrauben.
Ruth Greb (SPD)
Von Merz’ Schlappe im ersten Wahlgang hat die SPD-Kreisvorsitzende am Dienstagmorgen beim Bäcker erfahren. „Da habe ich gedacht: Und jetzt?“ Die Antwort gibt Greb selbst. „Man muss jetzt auf seine demokratischen Mittel vertrauen.“ Von einer Staatskrise möchte Greb jedenfalls nicht sprechen. Sie vertraut darauf, dass sich die Abgeordneten von CDU und SPD zusammenraufen. „Jeder weiß, worauf es jetzt ankommt.“
Auch Friedrich Merz sieht Greb ausdrücklich in der Pflicht. „Er muss sich fragen, wie er den Leuten mehr entgegenkommen und mit ihnen im Team zusammenarbeiten kann“, sagt Greb. „Merz muss sein Ego zurückschrauben.“