Dennoch müssen die Beamten ermitteln – wegen Hausfriedensbruchs. Die Polizei sucht nun Zeugen, die in den vergangenen Tagen etwas Ungewöhnliches beobachtet haben rund um oder in der Wiebelsheimer Kirche. Denn am Kirchturm haben sich Unbekannte nachweislich zu schaffen gemacht.
Ungewohnte Stille in der Mitte
„Am Donnerstag hat mir ein Anwohner Bescheid gegeben, dass eine der Glocken nicht mehr läutet“, berichtet die Küsterin Hedwig Aßmann. Normalerweise sind die Wiebelsheimer Glocken dreimal am Tag zuverlässig um 7, 11 und 20 Uhr im ganzen Dorf zu hören – und das schon seit Jahren. Doch vergangene Woche verstummte die der Mutter Gottes geweihte mittlere Glocke, die besonders beim mittäglichen Angelusläuten die tragende spielt. Eine Anwohnerin glaubt sogar, dass schon vor eineinhalb Wochen beim samstäglichen Nachmittagsläuten um 16 Uhr eine der Glocken „fehlte“. Kurzerhand gab Aßmann Norbert Münch Bescheid, der sich schon seit vielen Jahren um die Wiebelsheimer Kirche kümmert. Heizung, Orgel, Ölversorgung und eben die Glocken sind einige der Dinge, nach denen Münch schaut. „Ich schaue nach dem Rechten“, sagt der 75-Jährige, der Mitglied im Verwaltungsrat der Kirchengemeinde ist.
Nachdem Aßmann von der schweigenden Glocke berichtet, steigt Münch am Freitag also in den Glockenturm hinauf und schaltet zur Überprüfung zunächst einmal die Technik ein. Schließlich könne immer mal etwas damit sein, ein Blitzeinschlag zum Beispiel oder ein anderer Defekt. Doch Münch kann dort keinen Fehler entdecken. „Als ich die drei Glocken eingeschaltet habe, konnte ich im Schatten aber sehen, dass die mittlere zwar schwingt, aber keinen Ton erzeugt“, berichtet er.
Daraufhin sei er auf die Leiter gestiegen, die immer dort oben bereitsteht. Dank Taschenlampe am Handy machte Münch dann eine ungewöhnliche Entdeckung: Jemand hatte den Klöppel der 400 Kilogramm schweren Glocke mit Abdeckvlies, wie es etwa Maler benutzen, umwickelt, und dieses mit Kabelbindern am Klöppel fixiert. „So ist die Glocke zwar hin- und hergeschwungen, aber läuten konnte sie nicht mehr“, erklärt die Küsterin Aßmann. „Wir können uns überhaupt nicht vorstellen, wer das gemacht haben könnte“, sagt sie. Ein Beamter der Polizeiinspektion Boppard vermutet indes: „Da hat sich wohl jemand über den Lärm geärgert.“
Kastenschloss ist kein Hindernis
Um bis zur Glocke zu gelangen, mussten der oder die Täter durch zwei verschlossene Türen, sagt Aßmann. „Eine davon geht auf den Speicher“, sagt sie. Diese Tür sei durch ein altes Kastenschloss gesichert, berichten Aßmann, Münch und ein Bopparder Beamter auf Nachfrage unserer Zeitung. Diese Schlösser aber seien recht einfach zu knacken. „Die bekommt man zum Beispiel mit einem Dietrich einfach auf“, ist Münch sicher.
Einbruchsspuren jedenfalls konnten die Bopparder Beamten keine finden. Hinzu kommt, dass derjenige, der sich vermutlich derart durch das mittägliche Angelusläuten gestört gefühlt hat, dass er es stumm „schaltete“, genau wissen musste, welche der drei Glocken er manipulieren muss, um Ruhe zu haben, überlegt Münch. Die Leiter sei das kleinste Problem, denn die stünde immer an ihrem Platz auf dem Speicher.
Kein Schaden, aber wer war’s?
Da an der Kirche und der Glocke selbst kein Schaden entstanden ist, ermittelt die Polizeiinspektion Boppard nun wegen Hausfriedensbruchs und hofft, dass irgendjemand etwas Ungewöhnliches beobachtet hat. Hinweise von Zeugen nehmen die Beamten der Bopparder Dienststelle unter der Telefonnummer 06742/8090 entgegen.