Was in der Basilika St. Severus und im Anschluss in den Grußworten in der Bopparder Stadthalle von allen Rednerinnen – es waren fast ausnahmslos Frauen – immer deutlich zum Ausdruck kam, war, dass die Ordensschwester für ihre Überzeugung einstand, mit Nachdruck, und wenn es notwendig war, hartnäckig und streitbar.
„Lea war angstfrei und immer zum Handeln entschlossen“, sagte beispielsweise Schwester Dr. Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, die in ihrer Ansprache im Gottesdienst nicht nur eine Würdigung der Verstorbenen vornahm, sondern, ganz im Sinne von Lea Ackermann, auch den Bogen zur katholischen Kirche spannte, als sie bemängelte: „Die Gesellschaft öffnet sich, die Kirche nicht.“
Dass die katholische Kirche nach wie vor an ihren antiquierten Strukturen festhalte, dagegen habe Lea Ackermann angekämpft: „Die kritiklose Unterwerfung war nicht ihr Ding. Sie verfolgte konsequent ihre Ziele“, sagte Ganz. Und: „Sie konnte nicht von Gott sprechen und gleichzeitig Unrecht geschehen lassen.“ Solche Sätze waren am Sonntagnachmittag von mehreren Rednern zu hören. Gott habe sie aber nicht hängen lassen, was die Erfolge ihrer Hilfsorganisation Solwodi bewiesen. „Sie blieb sich und ihrer Mission ein Leben lang treu“, sagte Katharina Ganz.
„Gewalt gegen Frauen war Lea einfach unerträglich“, sagte die Vorsitzende von Solwodi, Maria Decker, und ergänzte: „Sie ließ sich nie auf diplomatische Deals oder faule Kompromisse ein und hat es der Politik nicht einfach gemacht.“
„Die Politik“ war auch anwesend in Boppard. Ministerpräsidentin Malu Dreyer nahm den Aspekt auf, dass Lea Ackermann sich hartnäckig mit der Politik auseinandergesetzt hat. „Ich hatte ein sehr gutes Verhältnis mit Schwester Lea Ackermann“, stellte sie zu Anfang ihres Grußworts klar. Mit welch großer Kraft sich die Ordensschwester stets für ihre Sache eingesetzt hat, „das habe ich immer an ihr bewundert, und ihr Tod hat mich sehr sehr traurig gemacht“, sagte Dreyer. Lea Ackermann habe immer für die Frauen gekämpft, auch in der Kirche.
Der von Katharina Ganz und Regina Brüggemann, evangelische Pfarrerin in Boppard, sowie von Schwester Martina Paul, Provinzrätin der Hiltruper Missionsschwestern, gestaltete ökumenische Frauengottesdienst, der der Gedenkfeier in der Bopparder Stadthalle voranging, habe vorgemacht, „dass Frauen das genauso gut können“, so Dreyer.
Die Ministerpräsidentin stellte allerdings nicht nur heraus, wie stark sich Lea Ackermann für auch für das Wirken von Frauen in der katholischen Kirche eingesetzt hat: „Wir brauchen die Frauen, und zwar in allen Ämtern“, plädierte die Ministerpräsidentin für mehr Rechte in der katholischen Kirche.
Schwester Ackermanns Einsatz für ihre Sache sei auch immer von großer Herzlichkeit geprägt gewesen. Sie habe über eine große Begeisterungsfähigkeit verfügt. „Sie ist und bleibt eine Kämpferin für die Frauen. Ich bin dankbar, dass ich ihr immer wieder begegnen durfte“, sagte Dreyer. Dr. Stefan Vesper, Generalsekretär a.D. beim Zentralkomitee der Katholiken in Deutschland (ZDK) sprach ebenfalls über Lea Ackermanns Fähigkeit, sich für eine Sache einzusetzen, wenn sie von ihr überzeugt war.
„Sie hatte diese Hartnäckigkeit und das Charakteristikum, nicht nachzulassen. Darin konnte sie auch nervig sein. Ihre Redezeit hat sie übrigens nie eingehalten“, sagte Vesper, was in der Stadthalle mit Schmunzeln quittiert wurde. „Sie ist eine große Frau unserer Kirche gewesen“, schloss Vesper sein Grußwort, dem die Ansprache des Bopparder Bürgermeisters Jörg Haseneier folgte.
Dieser stellte Lea Ackermanns Geradlinigkeit heraus. „Sie redete nie drum herum.“ Die Stadt Boppard verliere mit ihr eine außergewöhnliche Persönlichkeit. „Die letzte Stadtsiegelträgerin ist von uns gegangen. In Boppard wird Schwester Lea Ackermann nie vergessen werden.“
Kreisbeigeordnete Rita Lanius-Heck sagte: „Der Rhein-Hunsrück-Kreis hat eine starke Persönlichkeit verloren. Wir werden sie in unseren Herzen behalten.“ Eine Herzensangelegenheit war es auch für zwei Frauen aus Kenia, in Boppard an der Gedenkfeier teilzunehmen. Grace Odembo leitet in Mombasa ein Schutzhaus für Kinder, die Opfer von Missbrauch geworden sind, und Elizabeth Akinyi Wanguba leitet die Organisation Solwogidi in Kisumu in Kenia. Beide Frauen waren Schwester Lea Ackermann eng verbunden. Sie brachten dies in der Stadthalle zum Ausdruck und waren gerührt, an der Feier in Boppard teilnehmen zu können.