Die Erderwärmung schreitet stetig voran und die Klimakrise ist nicht mehr zu leugnen. Beim Bau neuer Gebäude wird deswegen umso mehr darauf geachtet, sie so klimafreundlich wie möglich zu gestalten. Doch auch schon bestehende Gebäude werden baulich oft so angepasst, dass sie möglichst energieeffizient sind. So auch im Rhein-Hunsrück-Kreis. Aber wie klimafit sind die kommunalen Liegenschaften dort wirklich? Und wo besteht noch dringender Handlungsbedarf?
Zu wenig Dämmung oder veraltete Heizungsanlagen – verschiedene Faktoren führen dazu, dass Häuser oft viel Energie verlieren. Doch was kann man tun, um Energie zu sparen? Ein Experte von der Energieagentur Rheinland-Pfalz gibt Tipps.So können Gebäudebesitzer Energie sparen
In den vier Verbandsgemeinden (VGs) und der Stadt Boppard gibt es Hunderte kommunale Liegenschaften. Dazu gehören unter anderem Verwaltungsgebäude, Schulen, Kindergärten, Gemeindehäuser, Schwimmbäder, Feuerwehrhäuser sowie weitere öffentliche Einrichtungen. Um die Klimafreundlichkeit der kommunalen Gebäude zu fördern, wurden in den Verbandsgemeinden und der Stadt Boppard bereits einige Maßnahmen umgesetzt. Doch es gibt auch Projekte, die noch in der Planungsphase sind, aber so bald wie möglich realisiert werden sollen.
VG Simmern-Rheinböllen setzt auf Energiemanager
Die VG Simmern-Rheinböllen hat bereits 90 Prozent ihrer Straßenbeleuchtung auf LED-Technik umgerüstet. Auch die kommunale Außen- und Innenbeleuchtung soll vollständig auf LED-Technik umgestellt werden. Das teilt VG-Bürgermeister Michael Boos auf Nachfrage mit. Zudem wurden in verschiedenen Ortsgemeinden Photovoltaikmodule mit Batteriespeichern installiert, um die Gemeindehäuser mit regenerativem Strom zu versorgen. Noch weitere sollen folgen. Geplant ist außerdem, die Straßenbeleuchtungen mit Photovoltaikanlagen und Batteriespeichern zu betreiben.
Eines der größten Projekte in diesem Bereich ist die Zusammenlegung der Rathäuser Simmern und Rheinböllen. Hier soll ein energieeffizienter Neubau auf dem Gelände des alten Hallenbades in Simmern entstehen. „Um unsere Liegenschaften künftig noch gezielter auf Energieeffizienz auszurichten, planen wir außerdem die Einführung eines Energiemanagers“, sagt der Verbandsgemeindebürgermeister. Er soll dabei helfen, die tatsächlichen Energieverbräuche aller kommunalen Liegenschaften zu erfassen und zu dokumentieren sowie ein umfassendes Controllingsystem etablieren. Damit soll der Energieverbrauch transparent gemacht und besser gesteuert werden. Die Stelle soll so schnell wie möglich besetzt werden.
Großprojekt Feuerwehrgerätehaus Emmelshausen
Die VG Hunsrück-Mittelrhein setzt bei der Energieeffizienz ihrer kommunalen Gebäude vor allem auf Nahwärme. So wird der Wärmebedarf beim Panoramabad Emmelshausen bereits mit Nahwärme und einem B lockheizkraftwerk (BHKW) gedeckt. Auch die Grundschule und das Rathaus in Emmelshausen werden durch das Nahwärmeheizkraftwerk am Panoramabad versorgt, erklärt Thilo Kirstfeld, der Klimaschutzmanager der Verbandsgemeinde.
Aktuelle Projekte sind zum Beispiel das Feuerwehrgerätehaus Emmelshausen. Dort wird der Neubau in diesem Jahr fertig und alles ist energetisch auf dem neusten Stand. Ebenfalls energetisch aufbereitet wird die Gebäudehülle der Grundschule Halsenbach. Dort wird auch die Heizungstechnik zeitnah modernisiert. Dringenden Handlungsbedarf sieht Kirstfeld allerdings bei der Grundschule und dem Feuerwehrgerätehaus Oberwesel. „Hier besteht energetischer Sanierungsbedarf hinsichtlich der Gebäudehülle und der Heizungstechnik. Ein Zeitpunkt der Sanierung steht aber noch nicht fest“, sagt der Klimaschutzmanager.
Seit 2006 gibt es Nahwärmenetz in Kastellaun
„Im Gebäudebereich sind wir dabei, die Gebäudehüllen auf den aktuellen Dämmstandard zu bringen und die Wärmeversorgung mittels Pelletöfen und Wärmepumpen erneuerbar zur Verfügung zu stellen“, berichtet der Kastellauner VG-Chef Christian Keimer. Bereits umgesetzt habe man dies etwa bei den Gemeindehäusern in Sabershausen, Dorweiler und Lahr sowie bei der Kita Gödenroth. Und: Bereits seit 2006 gibt es ein Nahwärmenetz in der Stadt Kastellaun.
Laufende oder anstehende Projekte sind laut Auskunft des Bürgermeisters gegenüber unserer Zeitung unter anderem die Planung einer neuen Kita in Kastellaun mit Wärmepumpe und Photovoltaikanlage, die Umrüstung der Gebäude auf der Burg in Kastellaun mit einer Wärmepumpe sowie der Neubau eines modernen und energieeffizienten Dorfladens in Mastershausen. Für letzteres Projekt erfolgte kürzlich der Spatenstich. Zudem sollen 90 Prozent der Straßenlaternen in der VG bis zum Ende des Jahres auf effiziente und energiesparende LED-Leuchten umgestellt werden, so Keimer. Außerdem sollen die örtlichen Kläranlagen mit PV-Anlagen ausgestattet werden, „in Lahr, Mastershausen und Sabershausen versuchen wir mithilfe von Batteriespeichern von April bis Oktober keinen Strom einkaufen zu müssen und somit eine möglichst hohe Autarkie zu erreichen“. Zudem arbeitet man an der kommunalen Wärmeplanung.
In der VG Kirchberg sollen kommunale Gebäude autark werden
Die VG Kirchberg sieht großen Handlungsbedarf in der Verringerung des Wärmebedarfs bei den kommunalen Einrichtungen, wie Bürgermeister Peter Müller betont. Das Rathaus etwa solle an das Nahwärmenetz der Rhein-Hunsrück Energie (RHE) angeschlossen werden. Zudem prüfe man i m Rahmen der kommunalen Wärmeplanung , in welchen Gemeinden entsprechende Nahwärmenetze sinnvoll sein könnten. „In den Ortsgemeinden Kappel und Ober Kostenz bestehen bereits Nahwärmenetze“, erklärt Müller.
Große Priorität genieße auch der Ausbau der Photovoltaikanlagen auf den Gebäuden der VG sowie der VG-Werke. Dabei gehe es vor allem um die Eigenversorgung der Liegenschaften, auch in Verbindung mit Stromspeichern. Dies betrifft laut Müller insbesondere die Kitas des neu gegründeten Kitazweckverbandes. Auch in den Ortsgemeinden gebe es bereits einige PV-Anlagen auf Gebäuden, weitere seien vorgesehen, weiß der Bürgermeister.
Darüber hinaus habe man eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) gegründet, deren Ziele der Bau von Freiflächenphotovoltaik und damit Wertschöpfung und Energieerzeugung aus der Region seien. Durch Investitionen in den Bereichen Elektromobilität, LED-Umstellung im Innen- und Außenbereich sowie Heizungsaustausch möchte man in der VG in den kommenden Jahren Energie sparen, fügt Müller hinzu. Außerdem würden im Sommer in den Kitas Sohren und Büchenbeuren die Fassaden saniert und die Fenster für bessere Energieeffizienz ausgetauscht.
Großprojekte in Boppard: Sanierung des Karmeliterklosters und Zentralisierung der Kläranlagen
Zu den größten Projekten in der Stadt Boppard gehört laut Denise Bergfeld, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die derzeitige energetische Sanierung des Karmeliterklosters, das der Stadtverwaltung als Sitz dient. Aber a uch die Um- und Neubauten im Rahmen der Zentralisierung der Kläranlagen der Stadt sollen zum Klimaschutz beitragen. Die Kläranlagen Boppard-Ewigbach und Holzfeld werden stillgelegt. In Zukunft wird das Abwasser zentral zur Kläranlage in Bad Salzig geleitet, die dafür umfassend erweitert wird. Dabei wird sie auf ein modernes Verfahren mit Schlammfaulung umgestellt. Dieses Verfahren ermöglicht die Gewinnung von energiereichem Faulgas, das künftig in einem Blockheizkraftwerk genutzt wird. Dadurch kann ein Großteil des Strombedarfs der Kläranlage regenerativ gedeckt werden, berichtet Bergfeld.
„Zusätzlich laufen vergleichsweise kleinere Maßnahmen, wie die stetige Umrüstung der Gebäudebeleuchtung auf LED, beispielsweise in der Niederkirchspielhalle, die Installation von Photovoltaikanlagen, zum Beispiel in der Stadthalle, oder die Optimierung oder Änderung von Heizungsanlagen“, betont Bergfeld. Bei Baumaßnahmen würden energetische Sanierungsmaßnahmen – wie die Dämmung des Daches oder die Errichtung einer PV-Anlage – ebenfalls mitgedacht.
Für dieses Haushaltsjahr sind zudem Umrüstungen von wirtschaftlich abgelaufenen Heizungsanlagen geplant, und es sollen neue Photovoltaikanlagen errichtet werden. Besonderer Bedarf bestehe hier auf der Stadthalle, der Kita Wunderland und der Kindertagesstätte im Ortsbezirk Weiler. Um die Energieeffizienz der Gebäude zu verbessern, wird der Gebäudezustand von Robert Schumann, städtischer Energiemanager sowie Experte von der Energieagentur Rheinland-Pfalz, bewertet. Mit dem Konzept des „Energiecontrollings“ will die Stadt Boppard das Thema Klimaschutz noch intensiver angehen. Dabei geht es darum, die Energiekosten und -verbräuche zu kontrollieren und zu steuern, sodass energetische Missstände besser identifiziert und Maßnahmen und Investitionen gezielter geplant werden können.