Er ist gerade erst 20 Jahre alt geworden und gilt als der jüngste Kommunalpolitiker im Rhein-Hunsrück-Kreis: Fynn Stefan Klein aus Simmern. Wir wollten unter anderem von ihm wissen, wie er zur Politik gekommen ist, wie er über den US-Präsidenten Donald Trump denkt, warum er keine Angst vor einem Dritten Weltkrieg hat und welchen Rat – sollte man ihn fragen – er der Ü60-Generation geben würde.
Herr Klein, wie kommt man als junger Mensch zur Kommunalpolitik?
Vermutlich eine gute Frage – die meisten in meinem Alter können sich bestimmt spannendere Hobbys vorstellen. Mit 15 Jahren habe ich mal eine öffentliche Sitzung des Jugend- und Familienanschusses der Stadt Simmern verfolgt. Dort wurde angekündigt, Projekte wie die Mädchen-Woche weiter fortzuführen, und eine neue revolutionäre Idee für junge Menschen seien nun digitale Museumsrundgänge. Da habe ich mir gedacht, dass es in der Kommunalpolitik auch der Perspektive der jungen Zielgruppe bedarf. Die Stadt Boppard hatte damals einen Jugendrat, in Simmern gab es so etwas nicht. Also habe ich mit einigen Mitstreitern im Frühjahr 2021 die Initiative für das Jugendparlament Simmern-Rheinböllen ins Leben gerufen.
Das war aber erst der Anfang, oder?
Mit 15 bin ich dann auch zu den Jungen Liberalen gestoßen und mit 16 in die Freie Demokratische Partei eingetreten. Die FDP vereint aus meiner Sicht intelligente Politik-Ansätze: gute Wirtschaftspolitik, progressive Gesellschaftspolitik, bedürfnisorientierte Politik statt Verbote sowie marktwirtschaftlichen Klimaschutz und ein positives liberales Menschenbild.
Offenbar hat Ihnen dieses Metier von Anfang an Spaß bereitet.
Ja, von 2022 bis 2024 war ich in der ersten Wahlperiode Vorsitzender des Jugendparlamentes Simmern-Rheinböllen. Ich bin diesem Gremium nach wie vor leidenschaftlich verbunden. Seit Juli 2022 bin ich auch Kreisvorsitzender der Jungen Liberalen Rhein-Hunsrück und Beisitzer im FDP-Kreisvorstand. Mittlerweile bin ich auch stellvertretender Vorsitzender der FDP in der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen, und – worauf ich besonders stolz bin – nach meiner Zeit als Jugendparlamentarier hat mich die Bevölkerung bei der Kommunalwahl 2024 in den Verbandsgemeinderat gewählt – entgegen meiner Erwartung, um ehrlich zu sein. Ich bin durch das Kumulieren von Personenstimmen von Platz fünf auf Platz drei der FDP-Liste gerückt, wodurch ich den Sprung in den Rat noch geschafft habe. Die FDP ist dort mit drei Mandaten vertreten. Dort war ich mit einem Abstand von mehr als zehn Jahren – ich war 19 – der Jüngste. Seitdem mache ich neben meinem Jura-, Politik- und Wirtschaftsstudium nun auch noch Kommunalpolitik. Ich kümmere mich insbesondere um die Themen Wirtschaft, Kultur und Soziales in der Verbandsgemeinde und zusätzlich noch Jugend, Schule sowie Entwicklung in Stadt und Kreis. Das Ganze bereitet mir große Freude.
Sie haben sogar jüngst im Bundestagswahlkampf mitgewirkt.
Ja, trotz des Misserfolgs der FDP bei den Bundestagswahlen macht es mich stolz, in meinem Alter mit Platz 20 auf einem der hinteren Plätze der Landesliste kandidiert zu haben und bei Podien die Ideen der Freiheit und der FDP vertreten zu haben. Und ich freue mich, jetzt zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen Rheinland-Pfalz gewählt worden zu sein.
Wie sehen Sie, wie sehen Ihre gleichaltrigen Freunde und Bekannten die derzeitige politische Weltsituation?
Ich habe den Eindruck, dass sich trotz der Krisen der vergangenen Jahre und dem Ukraine-Krieg noch mal die Tonalität verschärft – vielleicht auch entrationalisiert – hat. Man muss nur mal die jüngsten Szenen im Weißen Haus betrachten. Dinge, mit denen ich aufgewachsen bin wie NATO, Frieden, Freiheit und Sicherheit sind plötzlich gar nicht mehr so selbstverständlich. Die USA scheinen auch nicht mehr der logische Verbündete der Europäer zu sein. Das zeigt allerdings, dass wir Europäer uns endlich mal zusammenraufen und unsere Verteidigung selbst organisieren müssen.
Wie wird US-Präsident Trump nach den jüngsten Ereignissen in Ihrem Umfeld und von Ihnen selbst bewertet?
Da gibt es unterschiedliche und kontroverse Meinungen zu. „Verrückt“ ist eine Vokabel, die schnell in den Mund genommen wird. Die halte ich zwar auch für zutreffend, mir ist aber bewusst, dass die Situation deutlich komplexer ist als das. Ich glaube nicht unbedingt, dass er den US-Amerikanern mittel- und langfristig mit seinen Zöllen und seiner Sicherheitspolitik einen Gefallen tun wird. Meine Freunde in den USA sehen das allerdings etwas anders.
Sie waren kürzlich erst in den USA. Wie ist die Stimmung dort?
Ja, ich war vor drei Wochen für meine Universität noch in den USA und habe uns dort bei einem Event an der Harvard-University repräsentiert. Einige US-Amerikaner – gerade die Konservativen und Libertären – scheinen die Sache mit Europa sehr entspannt zu sehen und Trumps Kurs zu befürworten. Die Demokraten und insbesondere auch die Menschen mit US-Army-Hintergrund unterstützen es allerdings nicht, die europäischen Kameraden im Stich zu lassen.
Ganz fürchterlich finde ich allerdings, wie Trump dem politischen Stil und Umgang schadet, indem er sich vor die Kameras stellt und seine Unwahrheiten verbreitet, die dann etwa von Emmanuel Macron wieder richtiggestellt werden müssen, oder indem er Journalisten auf seriöse Fragen mit Gegenfragen wie „What if a bomb dropped on your head right now? (Was ist, wenn eine Bombe auf deinen Kopf fallen würde?)“ antwortet. Wenn man sich von Fakten verabschiedet, riskiert man, im Diskurs zu einer bipolaren Gesellschaft zu verkommen. In Amerika sieht man das. In Deutschland haben wir zumindest Tendenzen dahin.
Haben Sie mit Gleichaltrigen über die eventuelle Bedrohung Europas gesprochen?
Natürlich spricht man über solche Dinge. Jeder hat auch ein gewisses mulmiges Gefühl dabei. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass schon nächste Woche ein Atomkrieg ausbricht oder ich irgendwo an der Front stehe, wenngleich ich dies aus Überzeugung machen würde.
Insgesamt wird bei der großen Mehrheit – so glaube ich – auch die Notwendigkeit des Sondervermögens für Verteidigung gesehen. Kritischer sehe ich allerdings, dass man mit diesem riesigen Schuldenpaket von fast einer Billion Euro jetzt auch anfängt, willkürlich Wahlversprechen von SPD und CDU zu finanzieren, indem man die regulären Verteidigungsausgaben zum Beispiel wieder senkt, um mehr Geld für politische „Kamelle“ zu haben. So sehr sogar ich die Schuldenbremse als reformbedürftig ansehe, sind das alles Schulden, die meine Generation mal abbezahlen muss.
Welchen Rat können die 20-Jährigen den „Alten“ (Ü60-Generation) geben?
Den „Älteren“ einen Rat zur internationalen Lage zu geben, wäre vielleicht etwas anmaßend. Als Kind der 2000er und 2010er brauche ich den Menschen, die in den 1960er- und 1970er-Jahren aufgewachsen sind, wohl kaum etwa den Kalten Krieg erklären. Aktuell bin ich sogar verhältnismäßig zufrieden mit der älteren Generation. Vor ein paar Jahren hätte ich vermutlich noch etwas zur Generationenungerechtigkeit beim Klimawandel gesagt – die natürlich trotzdem gegeben ist. Und wir leisten bei dem Problem immer noch zu wenig. Allerdings finde ich die Wahlergebnisse bei den Erstwählern, die jetzt mit knapp über 50 Prozent bei Linke, AfD und BSW populistische und teils extremistische Parteien am Rand gewählt haben, schon sehr bedenklich. Gleichzeitig ist so etwas in erster Linie immer das Versagen der demokratischen Parteien der Mitte.
Haben Sie, haben Ihre Freunde Angst vor einem Dritten Weltkrieg? Wie können wir diesen verhindern?
Ich persönlich habe nicht wirklich Angst vor dem Dritten Weltkrieg – ich kenne auch niemanden, der dies fürchtet. Vielleicht ist das grundsätzlich etwas zu optimistisch, ich halte Angst allerdings auch für keinen guten Ratgeber. Ehrlicherweise glaube ich auch nicht, dass Russland in den vergangenen drei Jahren unter Beweis gestellt hätte, dass es überaus kompetent darin wäre, es jetzt auch noch zusätzlich mit uns Westeuropäern aufzunehmen.
Bei der Ukraine sollte man sich aber auch fragen: Was passiert, wenn Russland sein Ziel erreicht? Dann signalisiert man sämtlichen Autokraten dieser Welt dazu, dass man offensichtlich doch wieder Grenzen mit purer Gewalt verschieben kann und das Völkerrecht nicht das Papier wert ist, auf dem es steht. Dann annektiert Venezuela zwei Drittel von Suriname, und Putin beginnt, das Baltikum zu destabilisieren.
Dennoch hat sich Europa in eine strategisch ungünstige Lage gebracht: Die NATO steht ganz offen infrage, und man hat in der Vergangenheit, insbesondere in Deutschland, nicht genügend in Verteidigung investiert. Am Ende entscheiden andere gerade über das Schicksal der Ukraine. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Vielleicht kann sich Europa endlich mal aufrappeln, und es wird Zeit für Dinge wie eine europäische Armee.