Bis 2015 war die Standortverwaltung (StoV) der Kastellauner Hunsrück-Kaserne mit Büros, Werkstätten, Geräte- und Kleiderkammern in der Bahnhofstraße beheimatet. Nach deren Auszug im dritten Quartal 2015 übernahm die BImA alle Gebäude. Im Juni 2015 informierte die Bundesanstalt den Kastellauner Bürgermeister, dass sowohl die Stadt als Sitzkommune, als auch die Verbandsgemeinde Kastellaun einen sogenannten Erstzugriff, also ein Vorkaufsrecht erhalte. Mit dieser Option will die BImA den von der Konversion betroffenen Kommunen einen Anreiz zum Erwerb frei werdender, ehemals militärischer Liegenschaften geben, um die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und um den mit dem Abzug verbundenen Kaufkraftverlust in der Region abzufedern. Die Erstzugriffsoption greift nur, wenn die Konversionsgrundstücke unmittelbar der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dienen, zum Beispiel für Schulen, Kindergärten, Feuerwehr oder Sportstätten. Darunter fallen auch Aufgaben zur Wirtschafts- und Umweltförderung und zur Daseinsfürsorge.
Das Kaufinteresse muss innerhalb von sechs Monaten gegenüber der BImA erklärt und mit einem Nutzungskonzept für die Liegenschaft erläutert werden. Mit diesen Angaben erfolgt von Sachverständigen der BImA die Wertermittlung. Ein Verkauf zu einem symbolischen Kaufpreis ist ausgeschlossen. Die Option auf einen Erstzugriff verfällt, wenn die Verkaufsverhandlungen nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Wertermittlungsergebnisses zur notariellen Beurkundung eines Kaufvertrages führt.
Aufgrund der Flüchtlingswelle und des daraus resultierenden dringenden Bedarfs an Wohnraum wurden im Oktober 2015 die Verhandlungen unterbrochen. Die ehemalige StoV wurde zur Aufnahmestelle für Asylsuchende (AFA) umfunktioniert. Im November 2015 zogen die ersten Flüchtlinge ein. Bis zur Schließung im August 2016 erhielten hier bis zu maximal 400 Flüchtlinge ein Obdach. Ende April 2017 nahm die BImA die Verhandlungen über den Erstzugriff wieder auf. Nach einem Ortstermin entschied die Bundesanstalt, dass die Erstzugriffsoption nicht nur für die Stadt sondern auch zugunsten der VG gilt. Grundsätzlich sollte das Interesse für den Erwerb bis Ende Oktober mitgeteilt werden.
Das Kastellauner Rathaus sieht, dass für die Nutzung des nicht denkmalgeschützten Komplexes sowohl von Seiten der Stadt, als auch der Verbandsgemeinde ein grundsätzliches Interesse besteht. Die Stadt Kastellaun befindet sich in der Endabwicklung zweier Sanierungsgebiete im Bereich Bahnhofstraße/Südstraße und der Altstadt. Sie beabsichtigt, in ein weiteres Stadtsanierungsprogramm einzusteigen. Dabei könnte das Grundstück der ehemaligen Standortverwaltung für die Bereitstellung öffentlicher Parkplätze von Bedeutung sein. Aus Sicht der VG könnte Interesse an einer zeitweisen kostenpflichtigen Nutzung der Liegenschaft als Ausweichquartier während einer mittelfristig geplanten und dringend erforderlichen Sanierung des Rathauses sein. Über eine weitere öffentliche Nutzung könne dann in aller Ruhe entschieden werden. Insgesamt favorisiert Keimer eine gemeinsame Nutzung durch Stadt und Verbandsgemeinde. Weitere Details sollten auf allen kommunalen Ebenen diskutiert und beschlossen werden.
SPD-Fraktionssprecher Karl Maull bat die Verwaltung, zu prüfen, ob beim Verkauf der Schule an die Bundeswehr besondere Regelungen getroffen wurden, die einen Rückerwerb jetzt erleichtern könnten. Der Stadtrat beschloss nach kurzer Aussprache einstimmig, den sogenannten Erstzugriff zu nutzen und Bürgermeister Keimer zu weiteren Verhandlungen zu ermächtigen.