Plage Tiere ziehen sich ins Wohngebiet Buchenau zurück - Bürgermeister fordert verstärkte Jagd
Kann ein Zaun die Wildschweine aus Boppard-Buchenau fernhalten?
Ein Wildzaun (rot eingezeichnet) könnte die Wildschweine aus dem Waldstück zwischen Zeisigweg, Waldstraße und Im Vogelsang fernhalten, sagt der Jagdaufseher. Dort hatten Anlieger vermehrt über Wildschäden geklagt. Mitten im Wohngebiet darf zudem nicht geschossen werden. Foto: Google Maps

Boppard. Verwüstete Gärten, durchwühlte Wiesen und tiefe Löcher an den Wegesrändern: Wildschweine werden in Boppard-Buchenau zur Plage. Der zuständige Jagdaufseher Philipp Mallmann hat die Idee, einen Wildzaun zu errichten. Der Bürgermeister Walter Bersch ist von der Idee nicht überzeugt, er fordert eine stärkere Bejagung.

Wildschweine haben im Bopparder Stadtteil Buchenau an zahlreichen Orten, an denen die Wohnbebauung an den Stadtwald angrenzt, ihre Spuren hinterlassen. Vor allem am Zeisigweg, an der Waldstraße und Im Vogelsang klagen die Anwohner vermehrt über Wildschäden. Die Wiese an der katholischen Kindertagesstätte Franziska gleicht einer Ackerfläche.

Philipp Mallmann ist als Jagdaufseher für das Gebiet zuständig. Er weiß, dass es im Stadtwald mittlerweile eine deutliche Überpopulation gibt. Früher sind ein Drittel der Tiere während der strengen Winter eingegangen. Heute sind die Winter milder. „Das Rheintal ist schön mollig warm“, sagt er. Im Winter ziehen sich deshalb zusätzlich noch die Wildschweine ins Tal zurück, die in den Sommermonaten auf den Hunsrückhöhen leben.

Er betont: „Wildschweine sind schlau.“ Der Waldausläufer im Stadtteil Buchenau, der ins Wohngebiet hineinreicht, dient den Tieren als Rückzugsort. Denn inmitten der Wohnbebauung dürfen Jäger nicht schießen. Vor Kurzem hatte unsere Zeitung über Familie Krautkrämer berichtet, bei denen die Säue am Zeisigweg den halben Garten umgegraben haben. Mittlerweile waren die Wildschweine noch zweimal dort zu Gast. Der reparierte Holzzaun konnte die Tiere nicht fernhalten, 80 Prozent der Grasnarbe ist nun zerstört. „Wir haben jetzt mit einem Elektrozaun aufgerüstet“, sagt Eva Krautkrämer. Doch auch das hält die Tiere nicht komplett fern: Neulich kamen sie nachts über die Straße. „Da haben wir jetzt unseren Tierzaun zur provisorischen Abwehr aufgestellt“, sagt Krautkrämer.

Nicht nur in privaten Gärten, sondern auch auf dem Gelände der katholischen Kindertagesstätte an der Waldstraße waren die Wildschweine schon unterwegs. „Das war sehr unangenehm“, berichtet die Kindergartenleiterin Monika Napp. Die Wildschweine hatten den Zaun untergraben und sich auf dem Spielplatz offenbar sehr wohlgefühlt. Draußen spielen war erst wieder möglich, nachdem das Gelände neu eingeebnet war. Zu groß ist sonst die Verletzungsgefahr für die Kinder. Der Zaun ist mittlerweile repariert, die Schweine müssen draußen bleiben. Dennoch betont Monika Napp zur Idee, einen Wildzaun zu errichten: „Ich fände es ganz toll, wenn gesichert wäre, dass die Tiere nicht mehr bis zum Kindergarten vordringen können.“

Wildschweine wurden tagsüber am Kindergarten beobachtet

Denn es ist auch schon vorgekommen, dass die Tiere dem Kindergarten tagsüber einen Besuch abgestattet haben. „Guck mal, da sind Schafe“, rief mittags ein Kind, als es aus dem Fenster sah, berichtet Monika Napp. Als sie sah, dass es keine Schafe, sondern eine Rotte Wildschweine war, die sich vor dem Kindergarten aufhielt, schloss sie schnell das Tor. Aus sicherer Entfernung konnten die Kinder die Tiere beobachten.

Außer auf privaten Grundstücken Zäune gegen die Tiere hochzuziehen, gibt es aber noch etwas, auf das die Anwohner achten sollen. Jagdaufseher Philipp Mallmann zeigt uns mehrere Stellen am Waldrand, wo aus den angrenzenden Gärten Grünschnitt oder Biomüll achtlos in den Wald geworfen wurde. „Das ist ein Paradies für die Wildschweine“, sagt Mallmann. Der Grünschnitt beginnt zu verrotten, unter den Haufen leben Engerlinge und andere Kleintiere. Für die Säue ist das ein gefundenes Fressen. Davon werden sie angelockt. Und bis in die Wohnbebauung ist es von dort aus nur noch ein Katzensprung.

Auch brachliegende und von Brombeerhecken bewachsene Baugrundstücke sind in Buchenau zu finden. „Die Schweine lieben das als Rückzugsort“, sagt Philipp Mallmann. Er hat auch schon erlebt, dass ein Anwohner aus Buchenau eine Sau regelmäßig morgens gefüttert hat. Sogar einen Namen hatte er dem Tier gegeben. Von solchen Aktionen kann der Jagdaufseher nur dringend abraten. Das zieht die Tiere zusätzlich an.

Streuobstwiesen locken die Schweine im Spätsommer an

Ein weiteres Problem: Auch das Naturschutzgebiet „Hintere Dick-Eisenbolz“, das zwischen den Stadtteilen Buchenau und Bad Salzig liegt, ist ein Tummelplatz für Wildschweine. Vor allem im Spätsommer, wenn die Kirschen reif sind. Denn dort gibt es große Streuobstbestände im Privatbesitz, um die sich zu 80 Prozent niemand kümmert, wie Mallmann berichtet. Was wahrscheinlich auch den Besitzverhältnissen geschuldet ist. Denn fast jede Baumreihe hat einen anderen Eigentümer. Zurzeit läuft auf der Eisenbolz ein Flurbereinigungsverfahren, das sich noch Jahre hinziehen kann. Denn auf 300 Hektar Fläche gibt es rund 2500 Eigentümer.

Aber zurück zu den Kirschen: Das Obst wird zum Großteil nicht geerntet und fällt zu Boden. „Dann habe ich im Spätsommer ein Schweineparadies hoch zehn“, sagt Philipp Mallmann. Er betont: „Ich gehe schon jagen, auch nachts.“ Aber die große Schweinepopulation macht den Jägern das Leben schwer. Zumal für die meisten das Jagen ein Hobby ist. Hinzu kommt das Problem mit verwilderten und ungepflegten Parzellen: „Ich wäre froh, wenn ich hier im unteren Buchenau keine Dornenhecke mehr sehen müsste. Mir reichen die Schweine, die im Wald sind“, sagt Mallmann.

Auf Wildschäden in privaten Gärten wird er mittlerweile sehr oft angesprochen. Und auch nachts ist er häufig unterwegs, wenn die Polizei anruft, weil Wildunfälle auf den Straßen in Buchenau passieren. „Erst gestern Nacht hatten wir wieder zwei Wildunfälle in unserem Gebiet“, sagt Mallmann.

Einen Wildzaun zu ziehen, würde das grundlegende Problem zwar nicht lösen und die Tiere auch nicht von den Straßen wie der K 118 vertreiben, auf denen vermehrt Wildwechsel stattfindet, aber es könnte sie aus dem Teilgebiet in der Wohnbebauung fernhalten, in dem nicht geschossen werden darf: „Dann wäre zumindest in diesem Bereich einmal Ruhe“, bekräftigt der Jagdaufseher.

Für ein solches Vorhaben wäre aber auch die Stadt Boppard gefragt. Bürgermeister Walter Bersch sieht in einem Wildzaun aber keine Lösung: „Es muss stärker bejagt werden“, fordert er. Die wachsende Wildschweinpopulation sei ein großes Problem: „Wir haben mittlerweile das 20-fache an Wildschweinen im Kreis.“ Aber für einen Zaun kann er sich nicht begeistern. Dabei geht es auch ums Geld. „Es sei denn, der Jagdpächter würde sagen, er macht und finanziert das“, sagt Bersch.

Bürgermeister: Ein Zaun ist keine Lösung und zu teuer

Mit einem einfachen Wildfangzaun könne man kein Wildschwein im Zaum halten. „Da laufen die einfach so durch“, sagt der Bürgermeister. Die Variante Zaun, die man bräuchte, wäre seiner Aussage nach sehr teuer: Eisenmatten, die einen halben Meter tief in die Erde eingegraben werden. Da sei man, wenn es um die Kosten geht, schnell bei einem größeren sechstelligen Betrag angekommen. Zudem handelt es sich um ein Landschaftsschutzgebiet. „Man kann nicht einfach in den Wald einen Zaun setzen“, fügt Bürgermeister Walter Bersch hinzu.

Von unserer Redakteurin
Denise Bergfeld

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