Man sei darüber informiert worden, dass die Kreisjugendförderung unter einem „Haushaltsvorbehalt“ stehe, geht aus einer Pressemitteilung des Bistums Trier vom Freitag hervor. Grund ist die sogenannte vorläufige Haushaltsführung im Kreis. Diese ist darin bedingt, dass der Haushaltsplan für 2024 noch nicht genehmigt ist.
Der Plan weist, wie vom Kreistag beschlossen, ein Defizit von 12,3 Millionen Euro im Ergebnishaushalt auf, was die für die Genehmigung zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) beanstandet (wir berichteten). Die Kreisverwaltung hat einen Konsolidierungsvorschlag ausgearbeitet, über den der Kreistag am Montag berät. Die Auswirkungen des Haushaltsvorbehalts auf die freien Träger sind am Mittwoch auch Thema in einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses. „Die Konsolidierungsvorschläge der Verwaltung enthalten keine Einschränkungen aus dem Bereich der Jugendhilfe“, teilte auf Anfrage eine Sprecherin der Kreisverwaltung am Freitagnachmittag mit.
Die freien Jugendhilfeträger im Rhein-Hunsrück-Kreis sehen ihre Angebote in Gefahr. Weil die ADD den Kreishaushalt wegen des großen Defizits noch nicht genemigt hat, kann die Verwaltung die vorgesehenen Zuschüsse nicht auszahlen:Kommentar zu den Sorgen der freien Träger: Opposition an falscher Stelle trifft die Falschen
In jeweils eigenen Schreiben an die Kreisverwaltung drücken Vertreter des Pastoralen Raums Sankt Goar, der Evangelischen Jugend- und Gemeindepädagogik im Kirchenkreis Simmern-Trarbach, des bischöflichen Generalvikariats des Bistums Trier und der Fachstelle Jugend im Visitationsbezirk Koblenz ihre Sorge über die Planungsunsicherheit aus. Die Schreiben sind den Sitzungsunterlagen für den Kreistag angehängt. „Mit Erschrecken“ und mit „großer Sorge“ habe man die Information über den Haushaltsvorbehalt aufgenommen, schreiben die Träger.
„Diese Maßnahme trifft uns mitten im Lauf – Freizeitreisen und Ferienprogramme vor Ort sind geplant und kalkuliert, werden beworben. Eltern haben ihre Kinder zum Teil bereits angemeldet“, schreibt Anja Rinas, Leiterin der Kinder- und Jugendarbeit und Gemeindepädagogik im Kirchenkreis Simmern-Trarbach, der Verwaltung. Im Vorjahr hätten fast 4000 junge Menschen an 130 Freizeiten teilgenommen, die durch den Rhein-Hunsrück-Kreis gefördert wurden, betont das Bistum.
Die Unterkünfte für die Freizeiten in diesem Jahr habe man bereits vor Monaten buchen müssen, die Anmeldungen liefen bereits, und manches Ferienprogramm sei sogar schon fast ausgebucht. Aber: „Wir wissen nicht, ob wir überhaupt fahren können“, räumt Wolfgang Larbig ein. Er arbeitet in der Jugendpädagogik des evangelischen Kirchenkreises Simmern-Trarbach und leitet das Jugendcafé (JuCa) Simmern. Bislang seien die Zuschüsse aus dem Landkreis kontinuierlich geflossen, daher sei auch weiterhin mit diesen geplant worden. Die Info, dass die Kreisjugendförderung vorläufig unter einem Haushaltsvorbehalt stehe, habe man Mitte Februar erhalten, so das Bistum.
Planungsunsicherheit ist wichtig
Doch nicht nur Ferienfreizeiten seien von dieser Ungewissheit betroffen, sondern auch sieben Jugendzentren, die unter anderem Personal- und Sachkostenzuschüsse erhalten. In letzter Konsequenz müssten die Zentren schließen, wenn die Finanzierung nicht mehr gesichert sei, berichtet Hermann Schmitt von der Jugendbegegnungsstätte (JBS) St. Michael in Boppard. In den Zentren, aber auch dezentral finden unterschiedliche Aktionen statt. „Jugendliche suchen Kontakt. Hier in unserem ländlich geprägten Raum gibt es im eigenen Dorf manchmal niemand anderen im gleichen Alter“, sagt Beate Dahmen, Leiterin der Lebensberatungsstelle in Simmern. Corona hätte die jungen Menschen ebenfalls schwer getroffen. „Viele haben Ängste und Depressionen entwickelt, daher sind Begegnungsräume enorm wichtig“, so Dahmens Erfahrung aus Beratungsgesprächen. Larbig stimmt zu: „Für Kinder ist das JuCa ihr zweites Wohnzimmer.“
Die Veranstaltungen und Angebote kommen besonders Kindern und Jugendlichen zugute, die in sozial schwächeren Familien aufwachsen, berichtet Larbig. Daher halte er es für essenziell, dass diese nicht aufgrund fehlender Zuschüsse teurer würden. „Sonst können nur noch die mitgehen, die es sich leisten können.“
Kinder und Jugendliche profitieren enorm
„Für die Jugendlichen sind solche Angebote einprägsam und nachhaltig wie auch internationale Begegnungen, die eine Möglichkeit bieten, über den Tellerrand hinauszuschauen“, sagt Tobias Petry aus dem Leitungsteam des Pastoralen Raums Sankt Goar. „Das schafft einen Weitblick.“
Dahmen erklärt, dass die Kinder und Jugendlichen von den Angeboten profitieren und zum Beispiel auch vieles lernen. „Wie sie sich an gemeinsame Regeln halten, ihr Verhalten reflektieren, und es wird das Demokratieverständnis gefördert. Sie kommen in neue Erlebnisräume und entdecken Welten außerhalb ihrer Familie und vielleicht neue Talente, was wiederum ihr Selbstwertgefühl steigert. Das hat auch einen Einfluss auf ihr Leben und ihre Zukunft – und alles in einem sicheren und geschützten Raum, wo Kinder- und Jugendschutz ernst genommen wird.“
Pädagogische Konzepte vielfältig
Dabei sei es ein Pluspunkt, dass die pädagogischen Konzepte für Kinder und Jugendliche im Kreis sehr vielfältig seien: Sportvereine, Jugendfeuerwehr, Chöre oder eben kirchliche Anbieter. Auch Petry bringt an, dass Kinder- und Jugendarbeit nicht nur Spaß sei, sondern zur Persönlichkeitsentwicklung beitrage. Und die Eltern wissen, dass ihre Kinder bei dieser außerschulischen Jugendarbeit professionell betreut werden, so Larbig. „Sie können beruhigt arbeiten gehen“, sagt Petry. Dies sei auch ein Nutzen für die gesamte Gesellschaft.
Von den Fördermitteln aus dem Kreishaushalt würden auch Mitarbeiterschulungen, politische Veranstaltungen für Jugendliche mitfinanziert, etwa der Jungentag und die Mädchenwoche, die kreisweite Strahlkraft haben, oder das evangelische Treff-Mobil, das in Simmern und auf den Hunsrückhöhen unterwegs ist, sowie die Jugendkirche „Crossport to heaven“.
Die Kreisverwaltung hatte im ersten Entwurf zum Haushalt 2024 eine Erhöhung der Kreisumlage vorgeschlagen. Diese hätte den Ergebnishaushalt nicht ausgeglichen, das Defizit wäre mit 8 statt 12 Millionen Euro aber moderater ausgefallen und hätte gegenüber der ADD wohl einfacher vertreten werden können. Dafür gab es jedoch keine Mehrheit im Kreistag.
Leistungen unter Haushaltsvorbehalt
Die Kreisverwaltung erklärt: „Bis zu einer Haushaltsgenehmigung unterliegt die Verwaltung den Beschränkungen der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung. Alle Leistungen, die unter einem Haushaltsvorbehalt stehen, werden vorläufig nicht zur Auszahlung gebracht – so auch die beschriebenen Leistungen des Jugendamtes.“ Für die Leistungen der Jugendhilfe indes bestehe eine grundsätzliche gesetzliche Verpflichtung.
Für die Leistungen der Jugendarbeit gebe es jedoch keinen subjektiven Rechtsanspruch im Hinblick auf die Höhe der Leistung. Paragraf 79 Absatz 2 Satz 2 SGB VIII garantiere allerdings „einen angemessenen Anteil“ am Gesamtbudget des Jugendamtes und somit eine Garantie für die weitere zukünftige Zusammenarbeit. „Darüber haben wir die Jugendhilfeträger mit Schreiben vom 15. Februar informiert“, erklärt die Kreisverwaltung abschließend. red/phl