Johannisgang im Bopparder Hamm - DLR-Weinbauberater sieht vitale und großteils gesunde Weinberge, aber auch Herausforderungen
Johannisgang der Winzer durch den Bopparder Hamm: „Unter freiem Himmel kommt viel zusammen“
Philipp Lauer

Boppard. Ende Juni, traditionell um den Johannistag, lädt die Aufbaugemeinschaft Boppard zum Rundgang durch den Bopparder Hamm ein. Gemeinsam mit DLR-Weinbauberater Benjamin Foerg machte man sich ein Bild vom Stand der Vegetation und den Bedingungen für die Arbeit im Weinberg, wie dem Krankheitsdruck und sprach über die Auswirkungen des Frosts im April.

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Begleitet wurden die Winzer beim Johannisgang dieses Mal von Benjamin Foerg, Weinbauberater beim Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Bad Kreuznach. „Eine stabile Wetterlage ist nicht in Sicht“, sagt Foerg. „Und auch wenn manche Kollegen noch daran zweifeln, das Wetter für Pero (Peronospora: Falscher Mehltau) kann auch Wetter für Oidium (Echter Mehltau) sein.“

Die Gefahr, dass sich die beiden wesentlichen Pilzkrankheiten, die in Weinbergen drohen, ausbreiten, bestehe aktuell. Ein Weinblatt mit sogenannten Ölflecken, die das erste Anzeichen für den Falschen Mehltau sind, hat er schnell gefunden. „Es ist weniger als vergangenes Jahr, allerdings muss man bedenken, dass der Befall aus dem vergangenen Jahr Potenzial für dieses Jahr bedeutet.“

Die Weinblüte hat sich in diesem Jahr lange gezogen. Das führt zu unterschiedlich weit entwickelten Trauben an den Reben.
Philipp Lauer

Sein Eindruck nach dem Rundgang: „Der Bopparder Hamm sieht im Vergleich zu den vergangenen trockenen Jahren vitaler aus. Einige Winzer haben die Pilzkrankheiten gut unter Kontrolle. Das Wasser hat dem Bopparder Hamm bislang gutgetan“, sagt Foerg. Allerdings könne es genauso gut sein, dass man in vier Wochen über Trockenheit klagt.

Die Blüte habe sich wegen der Witterung lang hingezogen. Das führe dazu, dass an manchen Trieben die Trauben unterschiedlich weit entwickelt sind. Das könne sich im Lauf der Saison noch angleichen. „Was am Ende besser ist, weiß man erst im Herbst, es wird spannend, wenn es Richtung Reife geht“, sagt Foerg. Der Vegetationsvorsprung von zwei Wochen sei mittlerweile vollständig aufgebraucht. „Man sieht zwei Sachen: Die Pflanzenschutzmittel wirken, und wir brauchen sie“, sagt er.

Bei dem Rundgang tauschten sich die Winzer mit dem Berater in erster Linie über die Anzeichen für Krankheiten aus, da könne bei Laien schnell ein verzerrtes Bild entstehen, ordnet Ida Didinger vom Weingut Didinger, Osterspai, ein. Der Pflanzenschutz beschäftige sie durchaus, aber insgesamt sehe es im Bopparder Hamm gut aus. „In den vergangenen Jahren hatten wir zu dieser Jahreszeit schon mit Trockenheit zu kämpfen.“ Wegen des regnerischen Wetters habe man in diesem Jahr mehr mit Mähen und dem Rückschnitt der Reben zu tun, berichtet Jürgen Volk vom Weingut Volk, Spay.

Wie sieht es andernorts am Mittelrhein aus?

Heinz-Uwe Fetz, Präsident des Weinbauverbands Mittelrhein, beschreibt das Weinbaujahr als spannend und herausfordernd hinsichtlich des Niederschlags. Der sorge für ein optimales Wachstum, das bringe in den Steillagen jedoch viel Handarbeit und leider auch Krankheitsdruck mit sich. „Die Arbeitsspitze wird noch drei bis vier Wochen andauern“, schätzt er. Mit Traubenschluss seien die Beeren nicht mehr so anfällig für Pilzkrankheiten, dann müsse man das neue Laub gesund erhalten. „Insgesamt tut der Niederschlag unseren Reben aber besser als die Trockenheit“, sagt Fetz ganz deutlich.

Vegetatives Mengenwachstum ist hier das Stichwort, sagt Joachim Lorenz, Weingut Toni Lorenz und stellvertretender Weinbaupräsident am Mittelrhein. Im Vergleich dazu spricht man beim Wachstum der Trauben vom generativen Wachstum. „Die aktuelle Jahreszeit ist eine Zeit der starken Veränderung. Ab Ende der Blüte sind es in der Regel 100 Tage bis zur Ernte“, sagt Lorenz. Deshalb ist die Zeit um Johanni auch ein guter Zeitpunkt, um zu schauen, wie es um den Wein steht.

„Wir sind froh, dass der Frost hier nicht so zugeschlagen hat“, sagt Ida Didinger. Anders sieht das in Albert Lambrichs Lagen in Oberwesel aus, der Schaden wurde hier auf 80 bis 90 Prozent geschätzt. Als besonders bitter empfinde er, dass er trotz des Ausfalls nicht weniger Arbeit im Weinberg hat. „Obwohl es keine Aussicht auf eine Ernte in diesem Jahr gibt, ist guter Pflanzenschutz nötig, um sich nicht gleich das Potenzial für das nächste Jahr reinzuholen“, sagt Lambrich. Er werde häufig darauf angesprochen, ob sich die Reben erholt hätten, weil sie so satt grün dastehen. „Das täuscht, es sind keine Trauben dran“, sagt er ergriffen.

Wie sieht es andernorts am Mittelrhein aus?

Felix Leonhard von der Loreley Kellerei in St. Goarshausen berichtet, die Blüte sei auch in seinen Weinbergen durch, der Wein stehe vital und gesund da und es sehe nach einem guten Ertrag aus. In manchen höheren Lagen seien die Trauben unterschiedlich entwickelt, die Witterung habe aber nach den trockenen Jahren besonders den Jungfeldern gutgetan.

Wegen des hohen Ausfalls kam er im Gespräch mit Jens Didinger auf die Idee, zwei Weinberge im Bopparder Hamm zu übernehmen, die ansonsten in diesem Jahr nicht bewirtschaftet worden wären. Auf diese Weise wurde der Dellhofener Gastwinzer im Bopparder Hamm und nahm natürlich auch am Johannisgang teil. „Das steht für mich beispielhaft für den Zusammenhalt am Mittelrhein“, sagt Ida Didinger. „In solchen Jahren kann man auf die Kollegen hier zählen, das ist ganz wichtig für die Region“, sagt Lambrich.

Wenn das Johanniskraut blüht, rund um den Johannistag am 24. Juni, treffen sich die Kollegen traditionell zu einem Rundgang durch die Weinberge in der größten zusammenhängenden Lage am Mittelrhein.
Philipp Lauer

Angesichts des Klimawandels fragt sich Ida Didinger jedoch, wann man überhaupt wieder von einem „normalen Jahr“ sprechen könne. Joachim Lorenz beschreibt es so, dass die Schlagzahl, mit denen die Verluste aus verschiedenen Gründen kommen, höher wird. „Ich habe die Auswirkungen des Frosts im Jahr 2017 nicht so schlimm in Erinnerung.“ In seinen Reben auf dem Eisenbolz hat der Frost deutliche Spuren hinterlassen. Es sei von Sorte zu Sorte sehr unterschiedlich, welche Sorten nach dem Frost nochmal etwas tragen und es werde sich zeigen müssen, wie die Trauben reifen. Manche Triebe wachsen infolge des Frosts zu stark und brechen ab, so oder so habe man viel zusätzlichen Aufwand beim Schnitt.

Wie sieht es andernorts am Mittelrhein aus?

Martin und Thomas Philipps vom Weingut Philipps Mühle in St. Goar haben auf ökologischen Weinbau umgestellt. Bei der feuchten Witterung müsse man die Kontaktmittel für den Pflanzenschutz häufiger ausbringen, als die konventionell arbeitenden Kollegen. Der Pilzkrankheitsdruck sei da, das sehe man vor allem in Brachflächen, man habe ihn aber gut im Griff. Den Steilhang sehen die beiden in der Hinsicht prädestiniert für den Bioweinanbau. „Wir haben eine bessere Durchlüftung und es trocknet besser ab als in der Ebene“, sagt Martin Philipps. Der Frost habe sie im Gründelbachtal in den Lagen besonders getroffen, die keine typischen Frostlagen sind. „Es war kein klassischer Bodenfrost, auch weiter oben hat es gefroren, wie im Winter. Nebel hat die Lage zusätzlich verschlimmert“, erklärt Thomas Philipps. Man gehe von einem Verlust von 50 bis 60 Prozent aus, genauer lasse sich das aber erst bei der Lese beziffern. Die Beiaugen seien ausgetrieben, aber sehr unterschiedlich fruchtbar, sagt Martin Philipps. Er rechnet in diesem Jahr mit einer langen Vegetationsperiode. phl

Bei einem gemütlichen Zusammensein an der Mandelsteinhütte ließen die Winzer den Abend mit einigen Gästen und einem Glas Wein ausklingen. Die örtlichen Jäger steuerten Wildbratwurst bei und die Bläsergruppe Ehrbachklamm sorgte für musikalische Unterhaltung.

Bei einem gemütlichen Zusammensein an der Mandelsteinhütte ließen die Winzer den Abend mit einigen Gästen und einem Glas Wein ausklingen. Die örtlichen Jäger steuerten Wildbratwurst bei und die Bläsergruppe Ehrbachklamm sorgte für musikalische Unterhaltung.
Philipp Lauer

Der Austausch zwischen den Kollegen kommt nicht zu kurz am Abend, die Themen reichen von den Tätigkeiten im Weinberg bis zur vielen Arbeit im Büro. Dabei bleibt kein Zweifel, welche den Winzern näherliegt, trotz oder gerade wegen der Herausforderungen, die das Weinjahr in Sachen Wetter so bringt. Reinhard Gräf vom Weingut Königshof Boppard, Vorsitzender der Aufbaugemeinschaft, fasst es treffend zusammen: „Unter freiem Himmel kommt immer viel zusammen.“

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