Nach dem Aus in Oberwesel
Ist dem Spectaculum nicht mehr zu helfen?
Es ging stets fröhlich zu in den Gassen Oberwesels, wenn der Verein zur Erhaltung mittelalterlichen Brauchtums zu seinem Spectaculum einlud. Doch damit ist nun Schluss - zum Bedauern aller Beteiligten.
Werner Dupuis

Das Bedauern über das Ende des Mittelalterlichen Spectaculums in Oberwesel ist groß. Doch es zeichnete sich in gewisser Weise bereits im vergangenen Jahr ab. Denn schon damals hatte der Verein mit immer wieder neuen Auflagen zu kämpfen.

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Die Nachricht, dass das Mittelalterliche Spectaculum Oberwesel in Zukunft nicht mehr stattfindet, war für viele Menschen in der Region eine Überraschung. Und eine, die für großes Bedauern sorgte und noch sorgt. Doch sie zeichnete sich in gewisser Weise bereits nach der Veranstaltung vor einem Jahr ab, denn da wurde bereits deutlich, dass die Auflagen weiter steigen würden – und der Ermessensspielraum der Genehmigungsbehörden überschaubar ist.

Wie Joachim Fladl, Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung mittelalterlichen Brauchtums in Oberwesel, berichtet, habe es bereits während und nach dem Fest im vergangenen Jahr Probleme gegeben. So sei etwa ein Sonnensegel als Stand oder ein Platz, auf dem ein (Straßen-)Künstler aufgetreten war, als mobile Bühne gewertet worden. Moniert worden sei beispielsweise auch, dass die Notausgangsschilder zu klein seien. „All das ist uns schon irgendwie aufgestoßen“, sagt Fladl. Daher habe sich der Verein im Nachgang mit einem Brief an Peter Unkel, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Hunsrück-Mittelrhein, gewandt. Daraufhin habe es Anfang dieses Jahres ein Treffen gegeben, an dem neben Vertretern der VG auch Vertreter der Stadt, der Kreisverwaltung, eines Planungsbüros, der Feuerwehr und des Vereins teilgenommen hatten. Spätestens da habe sich dann abgezeichnet, dass der Verein ein Sicherheitskonzept erstellen lassen müsste und die Auflagen weiter steigen würden.

„Alle sind bemüht, das Fest fortzuführen, aber keiner kann uns so wirklich helfen.“
Joachim Fladl, Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung mittelalterlichen Brauchtums in Oberwesel

„Es gab einige Punkte, die konnten wir positiv klären“, ist Fladl nach wie vor dankbar für die gute Zusammenarbeit mit den Behörden und verweist etwa auf die Haftungsfragen, die sich auf Unfälle außerhalb des Festgeländes beziehen. Dennoch sei der Vorstand des Vereins damals bereits skeptisch gewesen, ob eine Durchführung bei den rigider werdenden Vorschriften und Auflagen noch einen Sinn habe.

„Alle sind bemüht, das Fest fortzuführen, aber keiner kann uns so wirklich helfen“, bedauert der Vereinsvorsitzende. Und so sei der Vorstand irgendwann „am Ende seiner Nerven“ gewesen. Der Verein ist sicher: Das Spectaculum ist nicht vergleichbar mit Großveranstaltungen. Vor allem mit Blick auf die Besucherzahlen, die sich in Grenzen hielten und sich zudem auf mehrere Tage verteilten. So hofften die Veranstalter noch auf Auslegungsspielräume der Genehmigungsbehörden innerhalb des rheinland-pfälzischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes. Vergeblich.

„Dies ist zweifellos ein großer Verlust für unsere Heimatregion.“
Peter Unkel, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Hunsrück-Mittelrhein

Die Genehmigung zur Durchführung des Spectaculums erteilt letztendlich die Verbandsgemeinde – in Bezug auf den Brandschutz allerdings meist nicht ohne eine Einschätzung der Brandschutzdienststelle der Kreisverwaltung, wie die VG-Verwaltung erklärt. „Schätzt diese die Auflagen als zu gering ein, genehmigen wir das natürlich nicht“, sagt ein Mitarbeiter der Fachabteilung. Die Verbandsgemeinde habe die Veranstaltung immer nach Kräften unterstützt, bekräftigt Bürgermeister Peter Unkel. „Auch wenn unser Ordnungsamt natürlich seine Aufgaben bei den vergangenen, stets gelungenen Ausgaben rechtskonform wahrzunehmen hatte“, räumt er ein. Er bedaure die Absage des Spectaculums sehr. „Dies ist zweifellos ein großer Verlust für unsere Heimatregion“, sagt Unkel.

Joachim Fladl (rechts) und sein Stellvertreter Franz-Josef Muders führen als Vorsitzende die Geschicke des Vereins.
Günter Kaspari

Er habe dem Verein kürzlich noch seine Unterstützung angeboten, die Aktualisierung und Umsetzung des Sicherheitskonzepts über einen Leader-Förderantrag finanziell abzufedern, berichtet der VG-Bürgermeister. Er habe jedoch den Eindruck gehabt, dass der aktuelle Knackpunkt darin liege, dass in Sachen Brandschutz neue Vorgaben wie etwa der Verzicht auf offenes Feuer und Dekorationen mit Stroh angekündigt worden seien. „Dies wäre mit dem Charakter eines mittelalterlichen Festes in der Tat nur schwer in Einklang zu bringen“, ist Unkel sicher. Und betont, dass dies keine Vorgaben der VG seien.

Über das Austauschtreffen Anfang des Jahres hinaus sei die Brandschutzstelle des Kreises nicht weiter in die Erstellung und Prüfung des Sicherheitskonzeptes eingebunden gewesen, teilt die Verwaltung auf Anfrage mit. Auch sie sei überrascht gewesen vom Spectaculums-Aus. „Die Entscheidung des Vereins, das Spectaculum nicht mehr weiterzuführen, respektieren wir, bedauern diese allerdings. Die Absage ist für die Bürgerinnen und Bürger von Oberwesel und für die gesamte Region ein herber Verlust“, heißt es seitens des Kreises. Grundsätzlich beruhten die Auflagen auf dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) und dem Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Brand- und Katastrophenschutzgesetz – LBKG). Die Kreisverwaltung gebe dann eine Stellungnahme ab, wenn sie zu Gefahren einer Veranstaltung von der Verbandsgemeinde angefragt werde. „Ob, bzw. inwieweit diese von der Verbandsgemeinde übernommen und umgesetzt wird, obliegt der Gesamtbeurteilung der Verbandsgemeinde als Genehmigungsbehörde“, heißt es weiter.

„Dass diese Entscheidung getroffen wurde, ist für die Region sehr schade.“
Landrat Volker Boch

Landrat Volker Boch erklärt: „Ich bedauere die Absage, denn das Spectaculum hat eine lange und sehr erfolgreiche Geschichte. Dass diese Entscheidung getroffen wurde, ist für die Region sehr schade. Da ich und wir als Verwaltung von der Absage aus den Medien erfahren haben, können wir die detaillierten Hintergründe nicht abschätzen. Ein Gespräch oder eine Anfrage gab es dazu nicht.“ Die Entscheidung des Vereins sei wohl abschließend geschehen. „Grundsätzlich stehen wir immer für Gespräche bereit“, betont die Verwaltung. Auch Bürgermeister Unkel würde Gespräche, „die zu einer Lösung der offenbar bestehenden Problematik und zu einer Fortsetzung des Spectaculums führen könnten, gerne unterstützen und daran teilnehmen“, sagt er.

Gleiches gelte auch für eventuelle Alternativformate, die auch die Stadt Oberwesel gern unterstützen möchte, wie Bürgermeister Jan Zimmer betont. Auch er bedaure das Aus des Spectaculums. „Wenn der Verein aber eine neue Idee hat und dafür Flächen oder ähnliches braucht, stehen wir dem natürlich nicht im Weg“, sagt Zimmer. Die Entscheidung des Vereins habe sich bereits abgezeichnet, bei einem kürzlichen Treffen sei noch überlegt worden, wie die Stadt unterstützen könnte. „Wir könnten uns etwa finanziell beteiligen, aber nur in einer Höhe, bei der wir den Haushalt nicht neu anpacken müssten“, sagt der Stadtbürgermeister. Zudem habe er sich mit Bürgermeisterkollegen ausgetauscht, die ähnliche Veranstaltungen hätten. „Aber manche gesetzliche Vorgaben sind eben, wie sie sind“, resümiert Zimmer. Da sei es verständlich und nachvollziehbar, dass ein Verein wie der in Oberwesel ein solches Spectaculum nicht mehr durchführen wolle.

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