Aufklärung zu den Verbindungen eines AfD-Kreistagsmitgliedes im Rhein-Hunsrück-Kreis zu einem rechtsextremen Preppernetzwerk und Konsequenzen daraus - das haben die Teilnehmer einer Kundgebung am Montag vor der Kreisverwaltung gefordert. Hintergrund sind die Aktivitäten des AfD-Politikers, über die der SWR und unsere Zeitung berichteten. Er soll für die „Black Ops Coffee Community“ in einem Seitental des Mittelrheins Kampftraining angeboten haben, bei dem unter anderem Gewalt gegen Polizisten vermittelt worden sein soll. Sein Anwalt hatte eine verdeckt gefilmte Aussage seines Mandanten – „Visier auf und rein“ – auf unsere Anfrage hin als einen „Scherz“ bezeichnet. Teile des Netzwerkes stuft der Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ ein.
Rund 70 Menschen waren trotz der mittäglichen Hitze dem Aufruf des Bündnisses um Die Linke, Eltern und Omas gegen rechts sowie der Initiative Haltung zeigen, Attac und SPD (Ortsverband Kirchberg) gefolgt und versammelten sich ab 13.30 Uhr vor dem Haupteingang zur Kreisverwaltung. Dort stand um 14.30 Uhr die Sitzung des Kreistags an.

Lehrte AfD-Politiker, wie man Polizisten verprügelt?
In einem Seitental des Rheins übt die regionale Prepperszene regelmäßig den Untergang der Ordnung. Ein Kampftrainer soll dazu laut SWR-Recherchen gezeigt haben, wie man auf Polizisten einschlägt. Pikantes Detail: Er sitzt für die AfD im Kreistag.
„Wir, ein Bündnis aus demokratischen Parteien und Organisationen der Zivilgesellschaft, fordern den Kreistag dringend auf, diesen Sachverhalt aufzuklären“, sagt Alexandra Erikson, Vorsitzende des Bezirksverbands Die Linke. Das Bündnis fordere eine klare Initiative des Kreistages, dem Landrat und der Verwaltung. Sie verwies auf den in Paragraf 24 der Landkreisordnung geregelten Ausschluss von Mandatsträgern, die die freiheitlich demokratische Grundordnung bekämpfen.
„Wenn gewaltorientierte, paramilitärisch organisierte Personen in kommunalen Gremien, oder auch als Trainer von Kindern und Jugendlichen in Sportvereinen aktiv werden – was bedeutet das für unsere Demokratie?“, fragte Erikson. Die politische Teilhabe müsse „zivil, gewaltfrei und transparent bleiben“, das gelte besonders auch auf lokaler Ebene, wie im Kreistag. „Wir überlassen den Feinden unserer Demokratie und der Vielfältigkeit unserer Gesellschaft weder die politischen noch die zivilen Räume.“

Abschließend unterstrich Erikson, was einige Teilnehmer auf ihren Plakaten forderten: „Die AfD kann und muss durch ein Parteiverbot gestoppt werden.“ Auf weiteren Transparenten hieß es unter anderem: „Kreistag aufpassen - aufklären! Kein Nahkampftrainer der AfD in unseren Sporthallen!“, „Rechte Miliz im Kreis und Kreistag? Wir fordern Aufklärung!“, „Wehrsportgruppe aufdecken“, „Unterm Regenbogen ist kein Platz für braune Gedanken“ und „Menschenrechte - statt rechte Menschen“.

„Das geht tief in die rechtsextreme Szene rein“
Wie gefährlich ist das Netzwerk um „Black Ops Coffee“ (Kreis Altenkirchen), das am Rhein für den Tag X trainiert? Das wollten wir von Markus Linden wissen, der an der Uni Trier zu Rechtsextremismus forscht.
Anne Tatsch-Fink von Attac zitierte Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen“ als das „Versprechen, die im Grundgesetz verankerten Lehren aus der Nazivergangenheit endlich in der politischen Wirklichkeit unserer Gesellschaft zu verankern“. Die Gesellschaft sei immer noch auf dem Weg zu einer offenen und freien Gesellschaft, die Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte würden nun erneut von rechtsextremem Gedankengut bedroht.

„Diese Unterwanderung und planmäßige Aushöhlung unserer Demokratie findet sowohl auf der großen politischen Bühne als auch in den lokalen, kommunalen Vertretungen unserer Gesellschaft statt. Insbesondere auf der kommunalen Ebene treten hierbei immer häufiger offen rechtsextreme und gewaltbereite Personen in Erscheinung, die ihre Verachtung für diesen Staat in keiner Weise verbergen“, sagte Tatsch-Fink. Die wehrhafte Demokratie müsse „umgehend mit klarer Kante und konsequenten Schritten bis zum Ausschluss solcher Personen aus den Gremien und der Aufklärung von eventuellen Straftaten aktiv werden“. Um dem Anspruch „Wehret den Anfängen“ gerecht zu werden, sei es „längst“ zu spät. „Wollen wir unsere Demokratie erhalten und unsere Gesellschaft in Richtung einer wirklich solidarischen Gemeinschaft weiterentwickeln, müssen wir permanent und ohne Wenn und Aber dafür eintreten“, sagte Tatsch-Fink.
„Wer den Faschismus gewähren lässt, beraubt sich selbst der Freiheit“, zitierte Astrid Rund von Attac die Juristin und Aktivistin der Frauenbewegung Anita Augspurg mit einer Aussage aus dem Jahr 1933. „Und weil ich genau dies teile, bin ich heute als Feministin hier, um rechtsextremistischen Kräften im Kreis entgegenzutreten und deutlich zu sagen: Wir lassen euch nicht gewähren.“ Die AfD stehe für einen Rückschritt bei Errungenschaften, die die feministische Bewegung erstritten habe, wie auch in Sachen Klimaschutz und gesellschaftlicher Gerechtigkeit. „Wollen wir das? Natürlich nicht! Deshalb stehen wir auf und sagen Nein! Und werden lauter!“
Laut wurde es vor der Kreisverwaltung besonders bei der Forderung nach Aufklärung und Konsequenzen. Landrat Volker Boch verfolgte die Kundgebung und nahm Stellung. „Es ist gut, dass Sie hier ein Signal für die freiheitlich demokratische Grundordnung aussenden. Dafür trete ich ein“, sagt Boch. Zu dieser gehörten genauso wie der Verfassungsschutzbericht auch Wahlen, bei denen Menschen in Parlamente gewählt werden. Die Fraktionen im Kreistag hätten sich mit den Medienberichten beschäftigt und die Kreisverwaltung befasse sich weiterhin damit, sagte Boch. Auch wenn sich mancher Teilnehmer weitergehende Auskunft erhofft hätte, war der Großteil offenbar dankbar für den Austausch.

Astrid Rund drückte erneut ihre Beweggründe aus. Es stehe im Raum, dass im Kreis Vorbereitungen für militante Auseinandersetzungen stattfinden. „Wer sich für eine offene Gesellschaft engagiert, fühlt sich dadurch gefährdet“, sagt Rund. Für sie ziele die Frage „Warum habt ihr nichts gemacht?“ nicht auf die NS-Zeit selbst ab, sondern auf die Zeit, in der sich die Naziherrschaft angebahnt hat. „Ich will diese Entwicklung stoppen.“

Zwischen den Redebeiträgen drückten der Attac-Projektchor und die Teilnehmer der Kundgebung ihren Protest in Liedern aus: Sie sangen unter anderem „Wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus hier im Land“ auf die Melodie von „Hejo, spann den Wagen an“, „Wir stehen auf, gegen Rassismus, wir sind die Mauer gegen rechts“ auf den Klassiker „Bella Ciao“, und einen eigens für die Kundgebung gedichteten Text zur Melodie des Kinderlieds „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“.

Bündnis fordert Konsequenzen für AfD Rhein-Hunsrück
Ein Kreistagsmitglied der AfD-Fraktion im Rhein-Hunsrück-Kreis soll für ein rechtsextremes Netzwerk Kampftrainings in der Region angeboten haben. Ein Bündnis hat nun bei einer Kundgebung vor dem Kreistag Aufklärung und Konsequenzen gefordert.