Runde Scheiben im Boden markieren Standorte des englischen Malers William Turner, die anhand seiner Skizzen rekonstruiert wurden. Hier soll der Maler sich 1817 positioniert haben, um Vorlagen seiner berühmten Aquarelle mit Motiven des Rheintals anzufertigen, die seinen Ruf als Vater der Rheinromantik begründeten.
Die Bilder, die Turner nach seiner Rückkehr in die Heimat England im Anschluss an seine Reise gemalt hat, trugen dazu bei, dass seine Landsleute Anfang des 19. Jahrhunderts das romantische Rheintal kennenlernen wollten und es intensiv bereisten.
Das ist auch die Intention, die hinter der „William Turner Route“ steckt. Gäste im Welterbetal können zwischen Koblenz und Bingen auf einem 67 Kilometer langen Abschnitt des Rheins 26 Standorte aufsuchen, die als wichtige Stationen des Malers während seiner Rheinreise gelten. Über betretbare Infotafeln begibt man sich auf die Spuren des englischen Romantikers. Fußabdrücke markieren die Blickrichtung.
Diese jedoch ruft mitunter Befremden hervor. Mitunter versteckt sich die Romantik, wenn man in die Fußmarkierungen Turners tritt. Dass die Welterbewelt 200 Jahre nach Turners Reise anders aussieht, liegt auf der Hand. Der Reiz besteht darin, die eigene Fantasie und Vorstellungskraft spielen zu lassen, um den Blick des Malers an den Standorten in Gedanken nachzuvollziehen – dort, wo sich dies durch Veränderungen der Landschaft nicht mehr gleich offenbart.
Hohe Anforderungen an Romantik
In Trechtingshausen zum Beispiel. Die imposante Burg Reichenstein und im Hintergrund die Burg Rheinstein thronen immer noch dort, wo Turner sie erlebt hat. Aber die stark befahrene B 9 und die daneben verlaufene Bahnstrecke stellen hohe Anforderungen an das Romantikempfinden der Betrachter. Eine der neuen Turner-Platten befindet sich nämlich auf dem Gehweg unterhalb der Burg Reichenstein so nah an der Fahrbahn der B 9, dass die Personen bei der Einweihung der Platte sehr auf den Straßenverkehr achten musste.
Lohn für mühevollen Anstieg
Doch ein Blick nach oben, den Rhein im Rücken, macht sofort deutlich, worum es geht. Die imposante Burg Reichenstein beeindruckt – auch dann noch, wenn man den steilen Fußweg hinauf geschafft hat, der als Bergwertung beim Giro d'Italia locker in die Kategorie I des Radrennens eingestuft werden würde. Doch nach dem mühevollen Anstieg belohnt die Gäste der Reichenstein ein grandioser Ausblick ins Rheintal, und die Burg selbst hat mitsamt Restaurant ebenfalls eine Menge zu bieten.
Gern sei sie dabei gewesen, als es darum ging, an der Burg Reichenstein einen Turner-Standpunkt zu etablieren, berichtet Betreiberin Katrin Gerwinat. Rolf Meier, Abteilungsleiter Kulturelles Erbe im Mainzer Innenministerium, erinnerte an die Entstehung der Aktion. Der heimische Künstler Armin Thommes aus Urbar hatte seinerzeit die Idee für die Turner-Platten und deren Standorte anhand von Skizzen lokalisiert.
Auf 16 realisierte Bronzeplatten ist die Anzahl nun angewachsen. 26 werden am Ende die William-Turner-Route bilden. Die Platten zeigen auf einer Fläche von einem Meter Durchmesser neben den Fußabdrücken eine Skizze des Bildes, das an dem Standort entstanden ist. Dazu gibt es ein paar Infos samt einem QR-Code, über den man auf die Internetseite der Turner-Route gelangt.
Viel Aufwand also, den der Vorsitzende des Welterbe-Zweckverbands, Rhein-Hunsrück-Landrat Volker Boch, ausdrücklich lobt. „Die Blicke von Turner wollen entdeckt werden. Er hat mit seinen Rheinreisen vor 200 Jahren Geschichte geschrieben“, so Boch. Dass die gute Idee von Armin Thommes auf den Weg gebracht wurde, habe zu einer Verbindung in der Region für die Region geführt. Die Perspektiven des Tals seien aber nicht nur künstlerisch, sondern auch wirtschaftlich zu sehen: „Wir haben die Buga 2029 vor uns.
Buga braucht Herbergen
Da braucht man Beherbergungsbetriebe“, blickte Boch auf die Burg Reichenstein. Hier sei in den vergangenen Jahren viel investiert worden, damit sich das historische Gemäuer heute als Ausflugsziel, als Restaurant sowie als Übernachtungsbetrieb sehen lassen könne.
„Sie haben hier ein Schmuckstück“, sagte Rolf Meier an die Adresse der Betreiber der Burg Reichenstein. Das Welterbetal müsse bei aller Attraktivität hier und da noch aufpoliert werden, „da braucht man solche Leuchttürme“, betonte Meier.
Im Anschluss erhielten die Vertreter der Kommunen, die nun eine Turner-Platte bekommen haben, die entsprechenden Urkunden. In Trechtingshausen gibt es gleich zwei Platten, neben der an der Reichenstein liegt noch eine weitere am Ortsausgang in Richtung Koblenz im Boden. In Rheindiebach wurde ebenfalls eine Platte verlegt und eine im Bopparder Hamm.