Geplante Verlängerung um zehn Jahre in der Alt-VG Simmern wird von Budenbacher Gemeinderat nicht mitgetragen
In der Alt-VG Simmern: Ist die Weiterführung des Solidarpakts gescheitert?
Die Windräder spülen viel Geld in die Kassen der Gemeinden, auf deren Flächen sie stehen. Der Solidarpakt soll dazu dienen, auch die anderen Gemeinden teilhaben zu lassen. Scheitert eine Weiterführung nun? Foto: Thomas Torkler
Thomas Torkler

Wie viel Brisanz in dem Tagesordnungspunkt Mitteilungen/Verschiedenes stecken kann, wurde in der jüngsten Sitzung des Verbandsgemeinderates Simmern-Rheinböllen deutlich.

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Die Windräder spülen viel Geld in die Kassen der Gemeinden, auf deren Flächen sie stehen. Der Solidarpakt soll dazu dienen, auch die anderen Gemeinden teilhaben zu lassen. Scheitert eine Weiterführung nun? Foto: Thomas Torkler
Thomas Torkler

Da musste Bürgermeister Michael Boos nämlich verkünden, dass die Alt-Verbandsgemeinde Simmern den zum Ende des Jahres auslaufenden Solidarpakt Windenergie nicht, wie eigentlich geplant, um zehn weitere Jahre verlängern kann. Grund dafür: Die Gemeinde Budenbach hat sich in ihrer jüngsten Ratssitzung gegen diese Verlängerung um zehn Jahre ausgesprochen und stattdessen nur einer Verlängerung um fünf weitere Jahre zugestimmt.

Das Votum von Riegenroth und Külz steht jeweils noch aus. Weil aber alle 32 Gemeinden in der Alt-VG Simmern dem Vertrag zustimmen müssen, fließen erst einmal keine Gelder an die Orte, auf deren Gemarkung keine Windräder stehen und laut Flächennutzungsplan auch keine stehen dürfen. Zehn Prozent der Einnahmen, die die Orte, auf deren Gemarkung Anlagen stehen, durch die Verpachtung der Flächen generieren, sind in den vergangenen zehn Jahren als Umlage an die Nehmergemeinden verteilt worden. Profiteure des Solidarpakts waren Belgweiler, Holzbach, Mengerschied, Mutterschied, Ohlweiler, Oppertshausen, Ravengiersburg, Sargenroth, Schönborn, die Stadt Simmern sowie Tiefenbach – vorwiegend die Orte südlich der B 50.

Im Jahr 2020 konnten sich diese Orte über Finanzhilfen aus dem Solidarpakt in Höhe von rund 230.000 Euro freuen. 40 Prozent davon erhielten alle zu einem gleichen Anteil, 60 Prozent des Betrages wurden nach Einwohnerschlüssel verteilt, wobei – um die Stadt Simmern nicht zu bevorzugen – hier maximal 1000 Einwohner in die Berechnung einfließen. Größter Profiteur war dennoch Simmern, das im Jahr 2020 35.338 Euro erhalten hat, gefolgt von Tiefenbach mit 28.820 Euro.

Größte Geber waren Neuerkirch mit einer jährlichen Umlage von mehr als 26.000 Euro und Riegenroth, das mehr als 20.000 Euro einbrachte. Budenbach, das sich nun gegen eine Fortsetzung des Solidarpakts entschieden hat, zahlte mit 4000 Euro im Jahr die geringste Umlage aller Gebergemeinden.

Boos hätte sich Anpassung an Rheinböllen gewünscht

Als die Gemeinden den Vertrag 2012 abgeschlossen hatten, war eine Verlängerung um weitere fünf Jahre avisiert. „Die Anpassung auf zehn Jahre war vor allem deswegen mein Wunsch, weil die Alt-VG Rheinböllen ihren Solidarpakt deutlich langfristiger ausgelegt hat“, so Boos. Der Vertrag war 2009 geschlossen worden und läuft über 30 Jahre, bis 2039.

Eigentlich war es Boos’ Wunsch, die Laufzeit analog dazu zu gestalten, davon konnte er die Bürgermeister, vor allem die der Gebergemeinden, allerdings nicht überzeugen – laut Boos wegen der fehlenden Planungssicherheit. „Die meisten Pachtverträge für die Windräder laufen 25 Jahre, und so lange ist auch die Planbarkeit in den Gemeinden gewährleistet“, sagt der VG-Bürgermeister und kann deswegen die ablehnende Haltung nur bedingt nachvollziehen.

Neben Budenbach, das sich bereits gegen eine Verlängerung um zehn Jahre ausgesprochen hat, fehlt derzeit noch die Zustimmung aus den Gemeinden Külz und Riegenroth – aus unterschiedlichen Gründen. In Budenbach hatte sich der Rat mit einer Mehrheit dagegen entschieden, weil der Zeitraum zu lang erschien. „Es wurde damit argumentiert, dass vielleicht bereits 2027 ein neuer Flächennutzungsplan in der Verbandsgemeinde aufgelegt sei und man dann ohnehin neu verhandeln müsse“, nennt Budenbachs Bürgermeister Manfred Manderscheid die Gründe, die ihm im Rat gegen eine Verlängerung des Solidarpakts vorgetragen wurden. Und er als Bürgermeister müsse hinter dieser Entscheidung stehen.

Er glaubt nicht, dass der Rat sich in seiner Entscheidung umstimmen lassen und einer längeren Laufzeit zustimmen wird. Es sei aber gleichzeitig ein Vorratsbeschluss gefällt worden, wonach im Fall einer Verlängerung um fünf Jahre eine Zustimmung erfolge. „Das lässt sich schlecht realisieren. Wir können ja nicht in den Vertrag aufnehmen, dass Budenbach nur in den kommenden fünf Jahren mitmacht und wir dann mit einem Ort neu verhandeln müssen“, sagt Boos, der weiterhin hofft, den Gemeinderat umstimmen zu können, damit nicht der komplette Solidarpakt platzt.

Die meisten Pachtverträge für die Windräder laufen 25 Jahre, und so lange ist auch die Planbarkeit in den Gemeinden gewährleistet.

VG-Bürgermeister Michael Boos ist für eine Verlängerung um zehn Jahre.

Allerdings stehen die Zeichen auch bei der Gemeinde Riegenroth, die Jahr für Jahr immerhin gut 20.000 Euro eingebracht hat, derzeit ebenfalls nicht unbedingt auf Zustimmung, wie Bürgermeister Ben Kunz deutlich macht. Die Abstimmung im Gemeinderat war eigentlich für die kommende Sitzung Anfang Januar geplant, allerdings sieht Kunz den Handlungsdruck, überhaupt entscheiden zu müssen, nach der Absage des Nachbardorfs Budenbach nicht unbedingt. „Wenn Budenbach bei der Entscheidung bleibt, ist die Verlängerung ohnehin obsolet.“

Bei ihm und seinem Ort ist die Sachlage eine andere. Hier geht es dem Gemeinderat vor allem um die mittlerweile in Kraft getretene 13. Änderung des Flächennutzungsplanes der Verbandsgemeinde, nach der die Flächen, auf denen aktuell die Riegenrother Windräder stehen, nicht mehr als Vorrangflächen ausgewiesen sind. Das bedeutet, dass nach dem Auslaufen des Pachtvertrages 2032 kein Repowering, also kein Bau neuer, effektiverer Windräder, möglich ist.

„Wir würden gern solidarisch sein, aber dann erwarten wir im Gegenzug auch Solidarität. Und aus unserer Sicht ist es unsolidarisch, dass uns ohne Not Flächen beschnitten werden“, sagt der Bürgermeister und verweist darauf, dass seiner Gemeinde nach dem Auslaufen des Vertrages jährliche Einnahmen von etwa 200.000 Euro fehlen würden. „Vor dem Hintergrund geht es uns auch darum, jetzt Rücklagen zu schaffen.“ Schließlich sei es Aufgabe des Gemeinderates, die Interessen der Gemeinde und damit der Bürger zu vertreten. Als der Rat dem Solidarpakt zugestimmt habe, sei der Flächennutzungsplan noch ein anderer gewesen. Niemand könne vorhersagen, wie der neue aussieht.

Da allerdings glaubt Boos, Entwarnung geben zu können. Bei der 13. Änderung des Flächennutzungsplans sei nur das Thema Windkraft behandelt. Es seien neue Vorrangflächen ausgewiesen worden, während Bestandsflächen, nicht nur die in Riegenroth, rausgenommen worden seien. „Sollten die Verträge auslaufen, werden wir uns des Themas ohnehin noch einmal annehmen, und ich bin überzeugt davon, dass diese Flächen dann noch einmal aufgenommen werden, sodass auch Repowering möglich ist“, so Boos.

Külz braucht Zustimmung der Aufsichtsbehörde

Am kniffligsten ist die Lage in der Gemeinde Külz. Hier besteht ein grundsätzliches Interesse daran, den Solidarpakt fortzusetzen, das macht Bürgermeister Bernd Ries deutlich. Allerdings wurde die Entscheidung in den Ratssitzungen schon dreimal vertagt, was darin begründet liegt, dass aktuell noch die Zusage der Kommunalaufsicht zum Haushalt fehlt. Weil die Gemeinde durch die Errichtung eines Neubaugebietes und durch die Planung für einen Kindergarten große Auslagen hat. „Die Aufsicht hat nur dann ihre Zusage in Aussicht gestellt, wenn wir keine freiwilligen Leistungen mehr erbringen“, so Ries.

Und der Solidarpakt, das stehe sogar explizit im Vertrag, sei eben genau so eine freiwillige Leistung. Das Fördern für regenerative Energien, das die Gemeinde seit zehn Jahren für die eigenen Bürger auf den Weg gebracht hatte, sei bereits eingestellt, weil es sich hier ebenfalls um freiwillige Leistungen handele.

Wir würden gern solidarisch sein, aber dann erwarten wir im Gegenzug auch Solidarität. Und aus unserer Sicht ist es unsolidarisch, dass uns ohne Not Flächen beschnitten 
werden.

Riegenroths Bürgermeister Ben Kunz über die Änderung des Flächennutzungsplans

Vor dem Hintergrund habe die Gemeinde dem VG-Bürgermeister den Auftrag gegeben, Alternativen und Perspektiven aufzuzeigen. Allerdings gebe es bislang noch keine schriftliche Zusage der Kommunalaufsicht – und solange die nicht vorliege, könne man nicht für den Solidarpakt stimmen. „Er sagt zwar, dass er guter Dinge sei, aber wir brauchen es schriftlich“, so Ries.

Es sind also noch viele Baustellen, die Boos derzeit zu bearbeiten hat. Das Ende scheint offen. Da die Gelder aus dem Solidarpakt in der Regel erst Mitte des Jahres fließen, wäre theoretisch noch etwas Zeit. Praktisch allerdings ist dem VG-Bürgermeister daran gelegen, doch noch die Kehrtwende zu schaffen.

Falls der Solidarpakt doch noch zustande kommt – zumindest Boos ist optimistisch, dass es klappen wird –, wird es eine weitere Änderung geben: Sollte der Vertrag zu Ende der Laufzeit nicht von einer der Parteien gekündigt werden, verlängert er sich automatisch um ein weiteres Jahr. „Das nimmt uns ein wenig den Handlungsdruck“, so der VG-Bürgermeister.

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