Wildpinkeln bleibt ein Ärgernis
Wildes öffentliches Urinieren, besonders in den Aufstellzonen bei den Karnevalsumzügen in Bad Salzig in der Binger Straße und beim Bopparder Abendumzug in der Mainzer Straße, sorgten in diesem Jahr für erhebliche Empörung der Bevölkerung. Denn die Verstöße nehmen offensichtlich drastisch zu. Betroffen war davon in diesem Jahr auch der Kurpark in Bad Salzig: Jahr für Jahr erleichtern sich dort junge Zugteilnehmer während des Karnevalsumzugs. Das Aufstellen mobiler Toiletten wie beim Bopparder Weinfrühling könnte hier abhelfen, diese WC-Anlagen kosten rund 70 Euro Miete.
Bereits vor vier Jahren nahm das wilde Urinieren dem Vernehmen nach überhand. Schon damals beschwerten sich die Anwohner, die über das Jahr ihre Vorgärten und Hausfassaden pflegen und an Karneval immer wieder Wildpinkler erwischen. Auch nach dem Bopparder Abendumzug, wenn die Party in der Stadt so richtig in Fahrt kommt, gibt es in den kleineren Gassen rund um den Bopparder Marktplatz immer Menschen, die ihre Blase an den Hauswänden entleeren, obwohl auf dem Marktplatz die öffentlichen Toiletten geöffnet sind. Dies ist aber kein exklusives Problem am Mittelrhein, sondern vielfach „Standard“.
In Simmern kam es in diesem Jahr nach dem Umzug am Karnevalssamstag unter anderem zu einer erheblichen Menge an Glasbruch. Im Umfeld der Hunsrückhalle, wo der Umzug traditionell endet, warfen Karnevalisten Flaschen gleich dutzendweise auf die Gasse. Wie Bernd Hoffmann von der Polizeiinspektion Simmern berichtet, mussten die Kräfte, die hier zum Einsatz gerufen wurden, in der Schulstraße sehr genau aufpassen und navigieren, um nicht mit einem platten Reifen liegen zu bleiben. Auch wenn es aus Sicht der Polizei in Simmern längst nicht so „heftig“ zuging wie aus Boppard zu hören war, gab es auch in der Kreisstadt bei der Nachbesprechung einige Themen.
Gerade der Rettungsdienst musste in Simmern wegen mehrerer Notfälle ausrücken, da sich Jugendliche in einen komatösen Zustand befördert hatten. Wie Hoffmann beschreibt, gab es mehrere Fälle von Jugendlichen im Alter „von 13 plus bis 18 Jahre“, die als sogenanntes Komasaufen verbucht werden mussten. Die Polizei bestätigt damit den Eindruck, den Besucher des Umzugs vor Ort hatten. „Dieses Jahr gab es auffallend viele hochgradig betrunkene Jugendliche“, sagt Hoffmann. Er macht deutlich, dass die Zustände, in denen die Betroffenen aufgenommen wurden, nur durch den Konsum hochprozentigen Alkohols zu erreichen sind.
In Boppard gab es ähnliche Phänomene, die offensichtlich noch etwas massiver auftraten als in Simmern – mit dem Alkohol kam es auch zu Randale: „Bingen, Lahnstein, Bendorf und Vallendar beklagen genauso wie Boppard Jugendgruppen, die nicht ortsansässig sind, die zu den Umzügen kommen und im Verlauf durch Alkoholisierung und Randale auffallen. Die Gruppen tauchen hier in Boppard und Bad Salzig auf und schaffen ein Grundproblem, das nicht einfach zu bewältigen ist“, sagt Dienststellenleiter Thomas Klotz von der Polizei in Boppard. Zudem startete der Abendumzug dieses Jahr deutlich später als in den Vorjahren, da es nicht dunkel genug war. Dazu gab es noch einen medizinischen Notfall auf der Zugstrecke, der für eine weitere Verzögerung sorgte. Ungeduldig warteten die Zuschauer entlang der Zugstrecke – und der Alkoholpegel stieg offensichtlich zusehends.
„Die Veranstalter haben die Pflicht, das Jugendschutzgesetz einzuhalten. Gleichzeitig verändert sich die Rolle der Polizei bei solchen Großveranstaltungen. Im Rahmen einer Sicherheitspartnerschaft zwischen Veranstalter, Stadtverwaltung und Polizei werden Kontrollen in Kooperation mit dem Jugendamt durchgeführt“, sagt der Leiter der Polizeiinspektion Boppard, Thomas Klotz, stellvertretend für seine Kollegen auch aus anderen Dienststellen.
Ein weiteres Thema beim Abendumzug waren Bierdosen, die wohl als Wurfmaterial genutzt wurden. Unter anderem im Netzwerk Facebook wurde nach dem Bopparder Abendumzug öffentlich darüber diskutiert. Eine Schülerin, die von einer Bierdose am Kopf getroffen wurde, erlitt eine kleine blutende Platzwunde am Kopf. Kopfschmerzen plagten die junge Frau daraufhin einige Tage lang. „Wir haben unserer Tochter nahegelegt, nach diesem Erlebnis vielleicht nicht mehr zum Abendumzug zu fahren“, sagen die Eltern, die auf Wunsch der Tochter auf eine Anzeige verzichteten.
Nachdem etliche Beschwerden bei der Polizei und dem Ordnungsamt eingegangen sind, hat Boppards Bürgermeister Walter Bersch zum runden Tisch für Anfang April eingeladen. Gemeinsam mit allen Karneval-Verantwortlichen sollen die Themen angesprochen werden, um die Karnevalsumzüge im Stadtgebiet von Boppard besser zu machen. Ähnlich ist es in Simmern. Auch hier wird es eine Nachbesprechung geben, bei der Weichenstellungen für die Zukunft erwartet werden. „Es wird an einem neuen Konzept für 2020 gearbeitet“, sagt Bernd Hoffmann von der Simmerner Polizei.
Deutlich weniger dramatisch war die Situation in diesem Jahr bei den weiteren Umzügen im Kreis, wie Thomas Klotz für das Dienstgebiet der Polizei Boppard und Bernd Hoffmann für den Bereich der Inspektion Simmern schildern. „Die anderen Umzüge waren insgesamt unauffällig“, sagt Hoffmann mit Blick auf närrische Lindwürme, die durch Gemünden, Sohren Kastellaun oder auch Beltheim zogen. Die Einsatzkräfte bereiten sich auf das Ausnahmewochenende entsprechend vor. „Wir halten eigene Reaktionsteams bereit, um flexibel reagieren zu können“, sagt Hoffmann. Die Ordnungsämter gehen die Umzüge ebenfalls gut vorbereitet an.
Ordnungsämter ziehen Bilanz
Wie Fachbereichsleiter Dieter Liesenfeld vom Ordnungsamt Emmelshausen mitteilt, wurde der kommunale Vollzugsbeamte in der Verbandsgemeinde Emmelshausen personell durch vier fachqualifizierte Aushilfen bei der Kontrolle auf Sicherheit und Alkohol unterstützt. „Es ist gut gelaufen, wir haben im Anschluss an die Umzüge in Emmelshausen und Kratzenburg-Ney-Halsenbach keine negativen Gespräche führen müssen“, sagt Liesenfeld. Die Wagen sind mittlerweile technisch okay, sie werden aufwendig gestaltet und die Teilnehmer machen sich viel Arbeit, damit sie für ein paar Stunden im Jahr Spaß auf der Straße haben.“ Ähnlich äußert sich auch Ralf Laux von der Verbandsgemeindeverwaltung Kastellaun. „Wir hatten in diesem Jahr keine besonderen Vorkommnisse“, sagt er mit Blick auf die großen Umzüge in Kastellaun und Beltheim. Auch aus den VGs Rheinböllen und Kirchberg wurden keine größeren Probleme geschildert. Ruhig und besonnen haben die Karnevalisten aus Sicht von VG-Büroleiter Michael Parma in Oberwesel und in Urbar gefeiert. So soll es in der Zukunft auch in Boppard und Simmern sein.