Stimmbezirke waren am Sonntag von 8 bis 18 Uhr geöffnet - Viele Kreisbürger machten ihre Kreuzchen lieber zu Hause
Im Rhein-Hunsrück-Kreis wird fleißig gezählt: Mehr als 70 000 Wahlberechtigte im Kreis
Am Sonntagvormittag registrierten die Wahlhelfer im Foyer der Kirchberger Von Drais Grundschule, dem größten Stimmbezirk in der Verbandsgemeinde Kirchberg, schon regen Betrieb. Gegen 10.30 Uhr waren ein ums andere Mal alle sechs Wahlkabinen besetzt, sodass die Wähler warten mussten, bis eine Kabine frei wurde und sie ihre Kreuzchen machen konnten. Foto: Thomas Torkler
Thomas Torkler

Rhein-Hunsrück. Wo bei vorigen Wahlen mitunter nur eine von mehreren Wahlkabinen genutzt wurde, standen im Foyer der Kirchberger Von Drais Grundschule die Wähler am Sonntagvormittag zuweilen Schlange, bis sie an der Reihe waren, um ihre vielen Kreuzchen zu setzen. Für die Europawahl, die Wahl des Stadtbürgermeisters, für den Kreistag, für Verbandsgemeinderat und Stadtrat waren fünf Zettel auszufüllen. Dafür nahmen sich manche Wähler Zeit, sodass die insgesamt sechs Kabinen häufig besetzt waren.

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„Es ist schon einiges los heute Morgen“, berichtete Wahlhelferin Katharina Monteith, „auf jeden Fall deutlich mehr als sonst.“ Allein 15.244 Personen waren in der 40 Ortsgemeinden großen Verbandsgemeinde Kirchberg bei der Europawahl zur Stimmabgabe aufgerufen.

Die Gesamtzahl der Wahlberechtigten im Rhein-Hunsrück-Kreis vor dem Wahlsonntag zu bestimmen, war gar nicht so einfach. Die jeweiligen Wahlleiter und Verwaltungsmitarbeiter mussten nämlich unterschiedliche Statistiken bemühen, jeweils für die Europawahl und für die Kommunalwahl. Eigentlich hätte man vermutet, dass die Anzahl der Wahlberechtigten für das Europaparlament höher liegt als die für die Kommunalparlamente, denn erstmals waren ja für Europa Personen ab 16 Jahren wahlberechtigt.

EU-Bürger beeinflussen die Statistik

Doch die im Rhein-Hunsrück-Kreis lebenden EU-Bürger haben Einfluss auf die Statistik, denn sie hätten extra einen Antrag stellen müssen, um in Deutschland ihre Stimme für das Europaparlament abzugeben. Tun sie das nicht, können sie nur in ihrem Heimatland an der Europawahl teilnehmen.

„Viele EU-Bürger stellen einen solchen Antrag nicht“, berichtet Anita Reuter, zuständig für Wahlen in der Verbandsgemeinde (VG) Kastellaun. Weil im Rhein-Hunsrück-Kreis lebende EU-Bürger aber hier ihren Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag wählen dürfen, sind auf der Ebene der Kommunalwahl mehr Wahlberechtigte verzeichnet als bei der Europawahl.

Ob Europa- oder Kommunal, der Anteil der Briefwähler ist auf jeden Fall wieder hoch, auch wenn Henning Druschke bei der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen einen leichten Rückgang der Briefwähler in der VG verzeichnet. „Wir haben mit 50 Prozent Briefwählern kalkuliert“, sagt Druschke. Beim Kreis waren, Stand Freitagmittag, rund 26.800 Briefwahlumschläge eingegangen. Offenbar haben auch nicht alle EU-Bürger davon gewusst, dass sie extra einen Antrag stellen mussten, um ihre Europastimme in Deutschland abzugeben. Wie die VG-Verwaltung Simmern-Rheinböllen berichtet, habe es wohl einige Nachfragen gegeben, obwohl bereits im März über den Sachverhalt informiert worden war.

Kommunalwahl hat eigene Gesetze

Hinzu kommt, dass die Kommunalwahl ohnehin ihre eigenen Gesetze hat. Mal kurz in die Wahlkabine zu gehen, zwei Kreuzchen zu machen, Zettel in die Urne, und schon ist man fertig, das funktioniert so nicht. Ganz kompliziert wird es dann auch noch, wenn Personen, die im Rhein-Hunsrück-Kreis wohnen, vor der Wahl innerhalb des Kreisgebiets umgezogen sind. Unter bestimmten Umständen dürfen diese dann nur für den Kreistag abstimmen.

Ein fiktives Beispiel: Eine Frau wechselt den Wohnsitz von Altweidelbach nach Simmern in die Innenstadt. Weil sie dann in der Kreisstadt gemeldet ist, darf sie logischerweise in Altweidelbach nicht mehr wählen, weder Gemeinderat noch Ortsbürgermeister. Liegt ihr Umzug weniger als drei Monate zurück, darf sie zwar für den Kreistag und die Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen abstimmen, aber bei der Wahl für den Simmerner Stadtrat bleibt sie noch außen vor, ebenso wie bei der Stadtbürgermeisterwahl. Bei den beiden letztgenannten Wahlen dürfte sie mitmachen, wenn sie länger als drei Monate in ihrem neuen Wohnort registriert ist.

Kompliziert? Zumindest müssen die Wahlleiter und ihre Mitarbeiter mit einer Vielzahl von Zahlen jonglieren – vor der Wahl und nach der Wahl sowieso. Vorgabe ist, dass nach Schließung der Wahllokale zuerst die Europawahl ausgezählt wird. Anschließend folgen die Urwahlen, also in unserem Landkreis alle ehrenamtlichen Stadt- und Ortsbürgermeister sowie die entsprechenden Ortsvorsteher. Stünden noch Wahlen für die Hauptämter Landrat und Verbandsgemeinde-Bürgermeister im Rhein-Hunsrück-Kreis an, hätten diese noch „Vorfahrt“ vor den vielen Ehrenamtlichen.

Nach den Urwahlen gehen die Wahlhelfer dann an die Auszählung von – in dieser Reihenfolge – Kreistag, Verbandsgemeinderat, Stadtrat/Gemeinderat/Ortsbeirat. Parallel dazu gibt es Zählkommissionen für die Briefwähler. Und irgendwann gegen Mitternacht, bevor die Zahlen vor den Augen der Wahlhelfer und der Berichterstatter beginnen zu tanzen, gehen dann am Wahlsonntag die Lichter aus. Nun wird weitergezählt, bis alle Stimmzettel und alle Briefwahlunterlagen erfasst und ausgezählt sind.

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