86-Jährige mit Schockanruf um 50 000 Euro gebracht - Polizeiinspektion Simmern fahndet nach falscher Beamtin
„Ihre Tochter hat einen Unfall verursacht“: 86-Jährige fällt Schockanrufern zum Opfer
Symbolfoto: dpa
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Rhein-Hunsrück. Betrüger haben bereits im April eine ältere Frau aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis um Schmuck im Wert von 50000 Euro erleichtert. Mittlerweile liegen der Polizei Bilder von der Abholerin vor.

Aktualisiert am 27. Dezember 2021 12:26 Uhr

Unbekannte haben am 9. April 2021 mit einer kombinierten Betrugsmasche aus Schockanruf und falscher Polizeibeamtin bei einer 86 Jahre alten Frau aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis Schmuck im Wert von 50.000 Euro erbeutet. Da der Polizeiinspektion Simmern mittlerweile Fotos von der sogenannten „Abholerin“ – der Person, die die Beute vor Ort in Empfang nimmt – vorliegen, bittet die Polizei nun die Öffentlichkeit um Mithilfe. Damit erhofft sich Christian Beck, Sachbearbeiter im Bereich „Betrug“ bei der Polizeiinspektion Simmern, weitere Hinweise.

Er schildert den Fall wie folgt: Gegen 12.50 Uhr erhielt die 86-jährige Frau am 9. April einen Anruf. Der Mann am anderen Ende der Leitung habe sich als Anwalt ausgegeben und der Rentnerin erklärt, dass ihre Tochter einen Verkehrsunfall verursacht hat, bei dem ein Schweizer Staatsangehöriger zu Tode gekommen sei.

Obwohl der Unfall sich in Deutschland ereignet habe, würde das Strafverfahren vor einem Schweizer Gericht verhandelt werden. Da der Anwalt den Staatsanwalt jedoch gut kenne, könne er die Tochter durch Zahlung einer Kaution aus der Untersuchungshaft freibekommen. In mehreren Telefonaten sei es dem männlichen Anrufer gelungen, die Geschädigte zur Herausgabe ihres als Wertanlage beschaffenen Schmucks im Wert von schätzungsweise 50.000 Euro zu bewegen.

„Die Betrüger sind sprachlich und psychologisch sehr versiert“, erzählt der 39-jährige Kriminalhauptkommissar. Ihr Auftreten als Anwälte oder Polizeibeamte, der Überraschungsmoment, die Wortwahl – all das wirke auf die Opfer echt und schaffe somit Respekt gegenüber der Obrigkeit. Um ihnen zudem keine Zeit zum Überlegen oder Hinterfragen zu geben, würde die Schockgeschichte am Telefonhörer kontinuierlich aufrecht gehalten. „Die Täter sind hartnäckig. Sobald die merken, dass der Fisch angebissen hat, schicken sie einen Abholer los.“

Diese würden meist von weiter herkommen, weiß Beck. Denn: „Im aktuellen Fall ist die Dame über Stunden am Hörer bearbeitet worden. Das deutet meist daraufhin, dass die Täter eine längere Anfahrt auf sich nehmen.“ Nur wenige Stunden später steht eine Frau vor der Tür der 86-Jährigen und gibt sich als Polizeibeamtin „Frau Licht“ aus. Als die Rentnerin ihren Schmuck der vermeintlichen Beamtin in einer Geldkassette übergibt und sie weglaufen sieht, „habe sie sofort gewusst, dass es ihrer Tochter gut geht“, sagt Beck.

Durch die Auswertung einer nahe des Tatorts befindlichen Videoüberwachung sei es der Polizei gelungen, Bilder der falschen Beamtin zu erlangen. Darauf ist zu erkennen, dass es sich um eine kleine, kräftige Frau handelt, die eine Sonnenbrille trägt. Sie telefoniert mit der rechten Hand in sämtlichen Aufnahmen und trägt eine rote Handtasche.

„Das ist schon eine perfide Sache“, resümiert Christian Beck. „Die Betrüger leben von dem Moment, überrumpeln ihre Opfer am Telefon, lullen sie ein, und nutzen diesen Schockanruf, um einen Unfall oder eine Verhaftung im Ausland vorzugaukeln.“ Er rät, dass man mit eigenen Telefonnummern vorsichtiger umgehen sollte. „Was glauben Sie, wie die Täter sich ihre Opfer aussuchen? Sie schauen ins Telefonbuch. Wenn sie dann Namen wie ,Hilde' oder ,Heinz' lesen, ist für die meisten klar, dass es sich um ältere Personen handeln muss.“

Sein Tipp: „Sollten Sie einen Anruf bekommen, bleiben Sie ruhig. Gehen Sie nicht auf irgendwelche Geldforderungen ein, haken Sie nach und fragen Sie vor allem, wie Sie den Anrufer telefonisch am besten erreichen können. Danach ist bei den meisten Betrügern Schluss.“

Hinweise zur falschen Beamtin oder den Schmuckstücken nimmt die Polizeiinspektion Simmern unter Tel. 06761/9210 entgegen.

Von unserer Redakteurin Monika Pradelok

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