Was erfordert Personenverkehr?
Hunsrückquerbahn: Mit diesen Kosten ist zu rechnen
Zwischen Argenthal und Simmern, wie hier unterhalb des Wacholderhofs, ist der Gleiskörper durchgehend erneuert.
Thomas Torkler

Die Sanierung der Hunsrückquerbahn geht nahezu rund um die Uhr voran, plangemäß sagt die Deutsche Bahn. Jetzt äußert sich das Unternehmen zu den möglichen Kosten.

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Was wäre eigentlich nötig, um Personenverkehr auf der Hunsrückquerbahn zu ermöglichen? Was würde das kosten und was spricht aktuell dagegen? Unter anderem auf diese Fragen antwortet die Deutsche Bahn auf Anfrage unserer Zeitung. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) gibt indes nähere Auskunft über den Bescheid aus dem Jahr 2013, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Strecke festlegt, und dazu, wie das EBA die Sache begleitet.

„Das Eisenbahn-Bundesamt setzt sich mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für die schnellstmögliche Wiederinbetriebnahme der Hunsrückstrecke ein, ist dabei allerdings an den gesetzlichen Rahmen sowie die in der Sache ergangenen gerichtlichen Entscheidungen gebunden“, heißt es aus dem EBA auf unsere Anfrage. „Mit den inzwischen gerichtlich bestätigten Anordnungen des EBA soll durchgesetzt werden, dass die DB InfraGO AG ihrer Betriebspflicht aus Paragraf 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes nachkommt und die – zu keinem Zeitpunkt stillgelegte – Strecke wieder in einen betriebsbereiten und betriebssicheren Zustand versetzt“, berichtet Pressesprecherin Heike Schmidt. Dabei sei der „zuletzt planfestgestellte beziehungsweise genehmigte Zustand der Infrastruktur zugrunde zu legen“.

Im August 2013 sei auf Antrag der damaligen DB Netz AG (heute DB InfraGO AG) die Verringerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Teilstrecke Langenlonsheim–Büchenbeuren auf 10 beziehungsweise 20 km/h genehmigt worden. „Grundlage war eine entsprechende betriebswissenschaftliche Untersuchung der DB Netz AG. Diese hatte zum Ergebnis, dass bei unterstellten 10 km/h im Abschnitt Stromberg–Büchenbeuren sieben Züge pro Tag verkehren können. Im Abschnitt Stromberg–Langenlonsheim können – bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h – bis zu 24 Züge verkehren.“ Dieser Zustand stellt laut Auskunft des EBA den zuletzt genehmigten Zustand dar, den das Bundesamt zur Durchsetzung der Betriebspflicht von der Bahn einfordern kann.

„Unabhängig davon erwartet das Eisenbahn-Bundesamt von der DB InfraGO AG einen Nachweis der örtlich zulässigen Geschwindigkeiten, um sicherzustellen, dass nach der Instandsetzungsmaßnahme die unter Berücksichtigung der oben genannten Restriktionen maximal möglichen Geschwindigkeiten gefahren werden können.“
Auskunft des Eisenbahn-Bundesamts

Es sei laut EBA unstrittig, dass „in bestimmten Abschnitten aufgrund örtlicher Randbedingungen (Kurvenradien, Brückenbauwerke, Bahnübergänge etc.) weiterhin sehr langsam gefahren werden“ müsse. „Unabhängig davon erwartet das Eisenbahn-Bundesamt von der DB InfraGO AG einen Nachweis der örtlich zulässigen Geschwindigkeiten, um sicherzustellen, dass nach der Instandsetzungsmaßnahme die unter Berücksichtigung der oben genannten Restriktionen maximal möglichen Geschwindigkeiten gefahren werden können“, so Schmidt weiter.

Das EBA überwache nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz unter anderem, ob die Eisenbahnen festgelegte Sicherheitsstandards einhalten und ob Änderungen der Kapazität der Eisenbahninfrastruktur gesetzeskonform durch die DB InfraGO AG durchgeführt werden. „Eine spezielle Betrachtung eines bestimmten verkehrlichen Bedarfs (zum Beispiel Personen- oder Güterverkehre) findet seitens des EBA in der Regel jedoch nicht statt. Insofern steht bei der aktuellen Wiederherstellung der Befahrbarkeit der Hunsrückstrecke der infrastrukturelle Aspekt (insbesondere Zahl/Lage der Überhol- beziehungsweise Kreuzungsgleise und der Serviceeinrichtungen/Ladestellen) im Vordergrund“, teilt das EBA mit. Ein über den Soll-Zustand hinausgehender Zustand der Infrastruktur könne das Eisenbahn-Bundesamt nicht fordern. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage.

Die Deutsche Bahn fragte unsere Zeitung, was für die DB gegen Personenverkehr auf der Strecke der Hunsrückquerbahn spreche. „Für den Personenverkehr ist die Strecke auch nach Abschluss der aktuell geplanten Arbeiten auf der Hunsrückquerbahn nicht geeignet, da zum Beispiel die Bahnsteige an den Haltepunkten seit 1984 nicht mehr betrieben werden und baulich/technisch auch nicht in einem betreibbaren Zustand sind. Zur Wiederinstandsetzung für eine Nutzung durch den Personenverkehr wären umfangreiche Investitionen in die konstruktiven Bauwerke, die Leit- und Sicherungstechnik sowie ein entsprechendes Genehmigungsverfahren notwendig.“

Die Kosten dafür, so schätzt die Bahn auf unsere Anfrage, „dürften im dreistelligen Millionenbereich liegen“. Das Genehmigungs- beziehungsweise Planfeststellungsverfahren zur Reaktivierung der Hunsrückquerbahn durch das Land Rheinland-Pfalz „ist bereits seit vielen Jahren angestoßen“, teilt eine Bahn-Sprecherin mit.

Die Festlegung der Streckengeschwindigkeit in dem oben genannten Bescheid des EBA sei damals „unter Zustimmung aller Aufgabenträger und des Landes“ erfolgt. „Die möglichen Fahrten pro Tag wiederum ergeben sich aus einer eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Untersuchung. Sie sind gerichtlich bestätigt worden und damit verbindlich.“ Der Hintergrund dafür sei die Tatsache, dass auf der Strecke seit 1984 kein regelmäßiger Personen- und Güterverkehr mehr stattgefunden hat.

„Die Strecke wurde 2012 und 2013 zur Übernahme angeboten, stieß aber auf kein Interesse. Aufgrund dessen, dass es keinen Bedarf gab, hat die DB die Kapazitätsreduktion beantragt. Bereits bei Antragstellung war der Ausbau der Strecke (mit Anschluss an den damals aktiven Flughafen Frankfurt Hahn) durch das Land in Aussicht gestellt worden“, führt die DB-Pressesprecherin weiter aus.

Planfeststellungsverfahren bereits 2012 angestoßen

„Für die Hunsrückquerbahn ist ein umfangreiches Reaktivierungsprojekt des Landes Rheinland-Pfalz im Planfeststellungsverfahren. Dieses Projekt umfasst unter anderem die Erneuerung der Haltepunkte, die Ertüchtigung von Brücken, einen abschnittsweisen zweigleisigen Ausbau der Strecke sowie den Einsatz moderner Leit- und Sicherungstechnik. Über den weiteren Fortgang der Strecke wird in diesem Verfahren entschieden beziehungsweise entscheidet das Land Rheinland-Pfalz im Rahmen seiner Reaktivierungsstrategie inklusive der entsprechenden Kosten-Nutzen-Berechnungen“, teilt die Bahn weiter mit.

Verfahren für Projekte in dieser Größenordnung dauern je nach Umfang und Komplexität laut Einschätzung der Bahn in der Regel vier bis zehn Jahre. Das Planfeststellungsverfahren zur Reaktivierung der Hunsrückquerbahn startete bereits 2012 in der VG Kirchberg.

Drei Fragen an die Deutsche Bahn

Wie ist der Baufortschritt?

Deutsche Bahn: Die Arbeiten verlaufen plangemäß und sollen bis Ende des Jahres 2025 abgeschlossen sein. Derzeit wird an mehreren Stellen an der Hunsrückquerbahn gleichzeitig gearbeitet. Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt aktuell auf dem Umbau der Gleise zwischen Stromberg und Simmern.

Es gibt verschiedene Aussagen zur Höhe der Kosten, die von 50 bis zu 100 Millionen reichen. Mit welcher Summe rechnet die Bahn?

Die Investition beläuft sich auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Welche Arbeiten und welche Kosten umfasst die Ausschreibung?

Zur Wiederherstellung der Befahrbarkeit wird das Gleis (Schiene, Schotter, Schwelle) erneuert. Dazu werden aktuell Schwellen und Schotter nahezu vollständig ausgetauscht. Ebenso werden Entwässerungsarbeiten durchgeführt (zum Beispiel Bahngräben instandgesetzt) und es wird die Fahrbahn beziehungsweise der Asphalt im Bereich der Bahnübergänge erneuert. Teilweise werden auch Durchlässe (für zum Beispiel Gewässer) erneuert.

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