Stadt St. Goar und Prinzessin Kira von Preußen Stiftung feiern gemeinsamen Start
Historische Partnerschaft soll Kinder fördern: St. Goar und Prinzessin Kira von Preußen Stiftung feiern gemeinsamen Start

Historisch war nicht allein der Festakt zur Kooperation: Ingrid Leonhard und Klaus Hinner begrüßten das Prinzenpaar vor der Kirche im Stile der Blücher-Zeit.

Werner Dupuis

St. Goar. Mit einem Festakt wurde am Samstag die Kooperation zwischen der Stadt St. Goar und der Prinzessin Kira von Preußen Stiftung besiegelt. In der Katholischen Pfarrkirche „St. Goar und St. Elisabeth“ endete damit endgültig auch der lange währende juristische Streit um die Frage, wem die Besitzrechte an der Burg Rheinfels zuzusprechen sind. Mit Blick in eine gemeinsame Zukunft wurde in der für beide Seiten bedeutsamen Kirche der Grundstein für kommende Projekte gelegt, die gerade benachteiligten Kindern und Jugendlichen zugute kommen sollen. Für die Herbstferien ist ein erster Workshop geplant.

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Zu klassischen Klängen wurde in würdevollem Rahmen die Vereinbarung zwischen Stadt und Stiftung gefeiert. Um 11.06 Uhr erklangen Töne neuer Freundschaft in der Kirche. Das erste Stück begann zwar in Moll, aber es war doch ein imposanter Einstieg in ein von Bürgermeister Hönisch gefühlvoll ausgewähltes musikalisches Programm. André Dolabella am Flügel und Markus Ziegler an der Orgel spielten Stücke, die der Opern- und Konzertsänger mit all seiner Expertise nach dem Motto „für oder von Preußen komponiert“ zusammengestellt hatte. Die Musik sollte den filigranen Rahmen des historischen Aktes bilden.

Freunde und Kritiker des Adels

Die Katholische Kirche zu St. Goar war aus Gründen der Corona-Prävention nur knapp zur Hälfte gefüllt, aber es hatte sich ein interessantes Publikum niedergelassen zur Feierstunde zwischen Stadt und Haus zu Hohenzollern. Vertreter beider Seiten, dazu Bürger der Stadt, Politiker aus Bund und Land, Adel sowie offensichtliche Fans der Monarchie, Medienvertreter und auch ein in diesem Ensemble kaum auffallendes neugieriges Touristenpaar lauschte dem Anlass. Andere mussten derweil draußen bleiben, darunter Gegner des festlichen Aktes: Ein gutes halbes Dutzend Vertreter der Linken protestierte vor der Kirche. Zu Füßen der Burg Rheinfels übten sie herbe Kritik an den Hohenzollern, die als „Nazikollaborateure“ Betitelung fanden. Skandiert wurde: „Freier Eintritt, Kultur für alle, keine Geschenke an die Hohenzollern.“ Symbolisch zeigte die Linke der Kooperation eine rote Karte – Eintritt ist auf der Rheinfels aber auch schon in der Vergangenheit erhoben worden. Schweigend goutierte die heimische CDU den Festakt. Ihr Missfallen zeigte die Stadtratsfraktion der Christdemokraten, indem sie geschlossen fehlte.

Unterdessen wurde in der Kirche durchaus stilvoll und historisch bewusst die Kooperation besiegelt. Es war ein Fest ohne Schnörkel, Blumenschmuck oder feine Häppchen, dafür mit Verweisen in die Historie. Nein, es ging nicht um die chronologischen Daten zur Rheinfels. Vielmehr war es ein kleineres Detail der Geschichte der „lebens- und liebenswürdigen Stadt St. Goar“, das Hönisch in den Blick rückte: Er nahm Bezug auf die hohe Investitionsbeteiligung Kaiser Wilhelm I. bei der Errichtung des heutigen Gotteshauses nach der Grundsteinlegung im Jahr 1889. Aus seinem persönlichen Dispositionsfonds finanzierte der Kaiser den Neubau der Katholischen Kirche wesentlich mit. Zwei nebeneinander liegende Wappen von Stadt und Preußen nahe des Pults, an dem die Redner beim Festakt sprachen, bezeugen diese Historie.

Nicht nur Hönisch verwies in seiner Ansprache auf die lange Verbundenheit zu Preußen, auch Georg Friedrich Prinz von Preußen reflektierte sie. „Die Beziehung unserer Familie zu dieser Stadt reicht fast 150 Jahre zurück“, sagte der Prinz, der den Erwerb der damaligen Burgruine Rheinfels durch seinen Vorfahren als einen „privaten Akt der Denkmalpflege“ erwähnte. Er selbst hatte am Vorabend und am Tag des Festaktes den Blick ins Tal der Loreley von der Anhöhe der Burg sehr genossen. „Von dort oben erhält man einen wunderbaren Blick auf eine der schönsten Regionen Deutschlands“, erklärte er, „das Unesco Weltkulturerbe ist nicht vom Himmel gefallen.“ Mit Blick auf die vielfach geäußerte, vor und nach dem Festakt vor der Kirche von gut einem halben Dutzend Vertretern der Linken geübte Kritik an Preußen verwies er darauf, dass es dort, wo es Schatten gebe auch Licht geben müsse.

Diesen Gedanken griff unter anderem der spätere Redner Rudolf Scharping auf, der als früherer Ministerpräsident eingeladen war. Er riss kurz wesentliche Verdienste Preußens an und warb dafür, keine verblendeten Blicke entstehen zu lassen. „Wir sind nicht frei von der Geschichte, wir sind aber frei darin, welchen Teil der Geschichte wir als Tradition pflegen.“

Zur neuen Tradition werden soll das Engagement der Prinzessin Kira von Preußen Stiftung, die sich seit 1952 der Wohlfahrtspflege von Kindern und Jugendlichen widmet. „Die Kinder sind Gewinner dieser Vereinbarung“, sagte Georg Friedrich Prinz von Preußen. „Gute Arbeit für Kinder muss außerhalb des Parteienstreits stehen.“ Er erklärte sich über die Kooperation hinaus bereit, sich auch persönlich einbringen zu wollen. So könnte sich der Prinz von Preußen beispielsweise vorstellen, Leihgaben für Kunstausstellungen mit einem Bezug zu Preußen zur Verfügung zu stellen. „Ich kann verstehen, weshalb mein vierfacher Urgroßvater hier sein Herz verloren hat“, schwärmte auch er für die Region.

„Danke, dass meine Frau und ich uns dank Ihres herzlichen Willkommens als Mitbürger dieser schönen Stadt fühlen können“, erklärte Georg Friedrich Prinz von Preußen. In ihrer Ansprache ergänzte seine Frau Sophie: „Grund zur Freude gibt es in der Tat.“ Denn: „Der Kern unserer Arbeit, die Förderung von Kindern und Jugendlichen, hat nicht an Bedeutung verloren.“

Fühlen wie Königinnen und Könige

Mit einem Augenzwinkern für diejenigen, die befürchten mögen, dass die Stiftung mit ihrem Engagement „Königskinder“ respektive Freunde der Monarchie erziehen könnte, erklärte Sophie Prinzessin von Preußen: „Tatsächlich sollen sich unsere Projektteilnehmer wie Königinnen und Könige fühlen.“ Allerdings nur, weil Tage im Kletterpark oder bei Projekten, die Kinder kreativ fördern und zugleich stärken sollen, fürwahr „königliche“ Erlebnisse bescheren mögen.

Von unserem Chefreporter Volker Boch

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