Keine Sorgen wegen der Zahlen
Bereits eingangs seiner Haushaltsrede machte Landrat Marlon Bröhr deutlich, dass „dieser Haushalt nicht allzu viel Erklärungen braucht“. Entsprechend ging er – ebenso wenig wie die Fraktionen – genauer auf die Inhalte der anstehenden Investitionen oder Eckpfeiler des Haushalts ein. Lediglich Hans Dunger (Grüne) merkte später an, dass die Ausgaben für den Busverkehr im Kreis exorbitant hoch seien. Landrat Bröhr erklärte zu dem mehr als 340 Seiten umfassenden Planungspapier scherzhaft: „An dem Tag, an dem ich mal mehr über Zahlen rede, müssen Sie sich Sorgen machen.“ Er skizzierte kurz die vierte Umlagensenkung auf 45,0 Prozent, eine Halbierung der Schulden seit Juli 2015 auf heute etwas über 19 Millionen und eine steigende Investitionsquote in den Gemeinden. Die gute Zinslage am Markt, die positiven Rahmenbedingungen und die Schuldensenkung wirkten sehr positiv auf die Gesamtsituation: „Dadurch haben wir jedes Jahr etwas mehr als 1 Million Euro für das, was wir gerne machen wollen.“
Landrat Bröhr richtete den Blick daher allgemeiner in die Zukunft und sprach über Themen, die für den Kreis Entwicklung bringen können und Herausforderungen darstellen wie: Digitalisierung, Fachkräftemangel, Hochmoselübergang und Kommunalreform. Bei letzterem Thema untermauerte er seine Absage an einen „Mega-Kreis“ gemeinsam mit Birkenfeld und Bad Kreuznach, der aufgrund der positiven wirtschaftlichen Lage des Rhein-Hunsrück-Kreises einer „kalten Enteignung über Nacht“ gleichkommen würde. Der Rhein-Hunsrück-Kreis, so lautete der Kern seines Fazits, sei finanziell viel zu gesund, um die Notwendigkeit zu einer Fusion zu haben. „Ich habe keinen Veränderungsbedarf bei den Landkreisen gesehen, die wirtschaftlich sind“, sagte Bröhr in Bezug auf das seit Tagen diskutierte Gutachten. Dem Kreistag schrieb er auf die Agenda: „Passen Sie bitte bei dieser Diskussion auf.“ Denn: „Der Gesetzgeber sitzt am längeren Hebel.“ Er selbst werde „mit Argusaugen darüber wachen, dass die Fusion mit Birkenfeld und Bad Kreuznach nicht passiert.“ Eines der rhetorischen Bonbons trug Bröhr in diesem Zusammenhang auch vor: „Was würde das für den Landrat bedeuten, wenn der Kreis größer wäre als das Saarland, und die Ministerpräsidentin dieses kleinen Landes Bundesvorsitzende der CDU wird?“ Nach dieser Frage ließ sich Wolfgang Wagner (CDU) nicht lange bitten: „Das Annegretche ist drei Tage im Amt und muss schon um ihren Job zittern.“
Anschließend unterstrich der CDU-Fraktionschef die gute Entwicklung im Kreis und verglich die Pro-Kopf-Verschuldung im Landkreis von 188 Euro mit dem Landesschnitt (900 Euro) und dem Landkreis Kusel (3000 Euro). „Wir haben eine super Story geschrieben.“ Um weiter schreiben zu können, forderte er unter anderem vom Land größere Planungskapazitäten beim LBM ein, damit mehr Straßenbauprojekte im Kreis umgesetzt werden können. Grundsätzlich sagte Wagner: „Wir müssen den Ruf unseres klimafreundlichen, modernen, hippen Kreises festigen.“
Der Verwaltung sprach Landrat Bröhr seinen Dank aus. „Es ist von Jahr zu Jahr eine größere Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten“, erklärte er und sprach von einem tollen Team „von der Putzfrau bis zu den Dezernenten“. Bröhr dankte auch den Kreisgremien für ein „konstruktives Miteinander“. Dieser Auffassung widersprachen später gerade die Freien Wähler und die SPD, die sich ihrerseits Kritik anhören musste, weil sie ihre fünf Begleitanträge zum Haushalt erst zur Kreistagssitzung gestellt und diese nicht zuvor schon in den Kreisausschuss eingebracht hatte. Thomas Auler für die FDP kritisierte dieses Verhalten bei „beiden großen Fraktionen“, die Freien Wähler lehnten die Anträge der SPD aus diesem Grund ab. Sie machten zwar den Eindruck, als würden sie die Anträge zumindest teilweise inhaltlich unterstützen, wehrten sich aber prinzipiell gegen die Vorgehensweise der SPD.
Bevor die Anträge thematisiert wurden, war bereits eine Kontroverse abzusehen – eine Art von Auseinandersetzung, die Dunger offensichtlich grundsätzlich positiv erlebt. Die Sitzungen im Kreisausschuss, die in aller Regel turbulent verlaufen, seien für ihn etwas Neues, sie hielten ihn jung. Michael Maurer (SPD) beschrieb das Gegenteil: „Die Mehrheitsfraktion im Kreistag, die CDU, der Landrat und ein einzelner Abgeordneter sorgen dafür, dass der Kreistag gespalten ist.“ Stefan Wickert (Freie Wähler) stellte eine Frage bezüglich des vielfach diskutierten Kirchenasyls in den Raum: „War es das tatsächlich wert?“ Allgemein erklärte er, dass der Umgang der Bundesregierung beim Thema Bahnlärm mit den Menschen am Mittelrhein „eine Katastrophe“ sei. Dieses Thema wurde in jüngerer Vergangenheit im Kreistag noch nicht weiter vertieft.
Kein „Gelobtes Land“?
Für die Linke griff Roger Mallmenn den Begriff des „Gelobten Landes“ auf und riss kurz die Themen an, die nicht zum „Gelobten Land“ passen würden: Klagen gegen Pfarrer, eine Ungleichbehandlung von katholischer und evangelischer Kirche oder auch das offensichtliche Ignorieren von jungen schwangeren Prostituierten an unseren Straßen. „Der Schein trügt“, sagte Mallmenn zum „Gelobten Land“.
Bezüglich der Fusionsüberlegungen forderte Maurer Besonnenheit ein. „Wir werden nicht über unseren Kopf hinweg rasiert.“ Mit Blick auf den Kreis forderte er einen gezielten Einsatz der vom Land zur Verfügung gestellten Mittel der Integrationspauschale in Höhe von 1,47 Millionen Euro zugunsten der Arbeit im Flüchtlings- und Integrationsbereich. Landrat Bröhr erklärte, dass diese Mittel in den Haushalt eingeflossen seien.
Nicht im Haushalt sind auch Mittel für einen Verhütungsmittelfonds, für einen Ehrenamtskoordinator, mehr E-Mobilität, eine aufgestockte Stelle zur Gleichstellung. Noch nachverhandelt werden die Themen Jugendarbeit und Breitensportförderung.