Wenige Tage zuvor hatte er bereits seinem Unmut im Kreisausschuss Luft gemacht (wir berichteten). Am Donnerstagabend nun hatte der Rat der Verbandsgemeinde St. Goar-Oberwesel darüber zu entscheiden, ob der Düsseldorfer Fachjurist Clemens Antweiler damit beauftragt wird, ein Rechtsgutachten zu erstellen. 3500 Euro wird das Gutachten kosten. Es soll zunächst einmal die Frage der Genehmigung der linksrheinischen Trasse im Mittelrheintal klären.
Inwieweit besteht für die Strecke ein Bestandsschutz? Das ist ein zentraler Punkt, auf den das Gutachten eingehen soll. Es soll außerdem Hinweise darauf liefern, ob eine Klage gegen die Deutsche Bahn Aussicht auf Erfolg hätte. Schon im Kreisausschuss hatte Bungert klargemacht, dass es bei allen Bemühungen um eine Lösung für die lärmgeplagten Menschen im Mittelrheintal mit dem Konzern Deutsche Bahn wohl keine Aussicht auf eine Einigung gibt.
Hintergrund ist, dass die rund 160 Jahre alten Bahntunnel im Rheintal gegenüber dem Loreley-Felsen keine historische Genehmigung besitzen. Die DB-Tochter DB Netz argumentierte auf eine Anfrage von Bungert zur Genehmigungssituation, dass es für den Betrieb einer Anlage lediglich einer Betriebserlaubnis bedürfe und die 160 Jahre alte linksrheinische Bahnstrecke zwischen Mainz und Koblenz Bestandsschutz genieße.
Ob dem tatsächlich so ist, soll nun das Rechtsgutachten klären. Spätestens mit der Elektrifizierung der Strecke, die eine wesentliche Änderung gewesen sei, wäre eine Genehmigung erforderlich gewesen, ist sich Bungert sicher. Und das würde der Bahn Grenzen setzen, denn dann bestünde ein gesetzlicher Anspruch auf Lärmschutz nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Dieser besteht, wenn Schienenwege neu gebaut oder wesentlich geändert werden.
Wird es eine kollektive Klage gegen die Deutsche Bahn geben?
Das Rechtsgutachten, das der Verbandsgemeinderat an diesem Abend auch einstimmig in Auftrag gab, soll aber erst der Anfang sein, dem Konzern Deutsche Bahn die Stirn zu bieten. „Das ist aus meiner Sicht nur der erste Hebel“, betonte Bungert. Sollte der Düsseldorfer Fachanwalt, ein renommierter Experte für Verwaltungs- und Vergaberecht, in seinem Gutachten zu der Einschätzung kommen, dass ein Bestandsschutz nicht gegeben ist, strebt Bungert eine gemeinsame Klage an – mit Kommunen, Zweckverbänden, Initiativen, Vereinen und Institutionen.
„Ich will ein gemeinsames Signal senden“, sagte Bungert am Donnerstagabend. Dann will er die „große Runde im ganzen Rheintal“ machen, um alle zu mobilisieren, und um das Prozesskostenrisiko entsprechend zu minimieren. „Wir sind nicht so blauäugig zu glauben, die Strecke ist von heute auf morgen zu, dann würde europaweit alles zusammenbrechen“, sagte Bungert. Doch es sei eine Chance, „die Bahn endlich mal auf gleicher Augenhöhe zu Maßnahmen zu treiben, die eine spürbare Entlastung für das Mittelrheintal bringen.“ Denn das Mittelrheintal ist aufgrund seiner „Enge” und der erhöhten Zugfrequenz besonders stark durch den Bahnlärm belastet.
In vier bis sechs Wochen soll das Gutachten vorliegen. Im Juni soll dann in der nächsten Ratssitzung die Entscheidung für oder gegen eine Klage fallen.
Fraktionen verabschieden auch eine Resolution gegen Bahnlärm
Für seinen Appell erntete Bungert Zustimmung aus allen Fraktionen. „Eine Region steht auf“, sagte der CDU-Fraktionssprecher Hans Peter Münch. Er betonte: „Ich hoffe, dass wir mit unseren Bemühungen Staub aufwirbeln, und dass der Staub bis nach Berlin zieht und dort wahrgenommen wird.“ Auch die Freien Wähler signalisierten ihre Zustimmung: „Besonders gefällt uns, dass geplant ist, alle Kommunen, Vereine und Bürgerinitiativen zusammenzuholen, weil man so Kräfte bündeln kann, und die Chance gehört zu werden, viel größer ist“, sagte die FWVG-Vorsitzende Pia Trimpe-Müller.
Am Ende verabschiedeten CDU, SPD und Freie Wähler außerdem noch eine Resolution, in der sie gemeinsam fordern, das Mittelrheintal vom Lärm zu entlasten, eine alternative Güterstrecke zu realisieren und Lärmschutzmaßnahmen voranzubringen. „Wir werden mit dieser Resolution nicht die Welt verändern, es soll aber klar sein, dass viele Menschen an einem Strang ziehen“, sagte der SPD-Fraktionssprecher Reinhold Rüdesheim.
Derzeit werden die alten Bahntunnel im Mittelrheintal von der Bahn instand gesetzt. Wenn die Arbeiten daran abgeschlossen sind, soll es eine Feuerwehrübung mit Gefahrgut im Tunnel geben, kündigte Bungert an. „Bei der Bahn weiß ich null, was da durchfährt jeden Tag, unmittelbar an der Wohnbebauung“, betonte der VG-Bürgermeister. Kritiker halten die drei Tunnel zwischen St. Goar und Oberwesel für unsicher – ohne Fluchtwege, Sammelplätze und Löschteich. Die Bahn bestreitet dies.