Synodalversammlung in St. Goar
Gläubige wagen Blick in die „Kirche von morgen“
Rund 100 Menschen waren am Samstagvormittag in die Rheinfelshalle gekommen, um Kirche neu zu denken.
Charlotte Krämer-Schick

Mitgliederschwund und weniger Ehrenamtliche: Wie kann es mit der katholischen Kirche weitergehen? Dieser Frage ging der Pastorale Raum Sankt Goar bei seiner ersten Synodalversammlung nach. Es ging aber auch darum, wer Kirche ausmacht.

Aufeinander hören, sich wahrnehmen, sich kennenlernen und vernetzen, das war ein Ziel der ersten Synodalversammlung des Pastoralen Raums Sankt Goar, die am Samstagvormittag in der Rheinfelshalle stattfand. Rund 100 Menschen waren gekommen, um gemeinsam erste Überlegungen anzustellen, wie es mit der katholischen Kirche weitergehen, wie „Kirche von morgen“ aussehen kann.

„Die alte Kirche gibt es nicht mehr und sie wird es auch nicht mehr geben.“
Beatrix Bock blickt optimistisch in die Zukunft der Kirche.

„Die alte Kirche gibt es nicht mehr und sie wird es auch nicht mehr geben“, machte Beatrix Bock von der Pfarrei Mittelrhein St. Josef, Mitglied im Rat des Pastoralen Raums, deutlich. Viele würden regelrecht schwarzsehen, wenn sie auf die Kirche blickten, es herrsche Ungewissheit, es gebe Zeichen von Auflösung. Die Kirche sei zu weit entfernt von den Menschen.

Doch beim Blick in die Zukunft sehe sie Menschen, die verschieden, bunt und auch sehr unterschiedlich seien. „Aber sie alle haben eines gemeinsam: den Blick zu Gott. Sie ziehen die Kraft aus der christlichen Gemeinschaft“, sagte Bock – und appellierte mit einem Zitat Dietrich Bonhoeffers an den Optimismus der Menschen. „Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die gegenwärtige Situation, sondern er ist eine Lebenskraft, eine Kraft der Hoffnung, wo andere resignierten“, gab sie den lutherischen Theologen wieder, der 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet wurde.

Informieren, kennenlernen, vernetzen, darauf lag der Fokus beim Markt der Möglichkeiten während der Synodalversammlung des Pastoralen Raums Sankt Goar.
Charlotte Krämer-Schick

Doch zunächst galt es, eine Art Bestandsaufnahme zu machen. Zu diesem Zweck hatte der Rat des Pastoralen Raums, der das Treffen organisiert hatte, zu einem „Markt der Möglichkeiten“ eingeladen. Welche Ehrenamtler sind eigentlich im Pastoralen Raum aktiv? Welche kirchlichen Institutionen gibt es? Und wofür sind sie da? Wo kann Kirche auch Freizeitgestaltung sein? All das ließ sich an etwa 20 Ständen, die in der Rheinfelshalle aufgebaut waren, erkunden.

Und dabei wurde eindrucksvoll deutlich, wie präsent Kirche im Alltag tatsächlich ist. In Oberwesel bei der DJK Discofox tanzen? Dahinter verbirgt sich ein katholischer Sportverband. Bei den Bopparder Schützen das Schießen lernen? Auch dahinter steht das Bistum Trier. Hilfe im Notfall, das Kind in der Kita, ein Buch zum Schmökern ausleihen, der Jungentag in der Jugendbegegnungsstätte – all das ist gelebte Kirche, wie die Stände zeigen. Doch sie machen auch deutlich: Die Unterschiede innerhalb des Pastoralen Raums sind stellenweise groß.

Bei Speeddatings konnten sich die Teilnehmer der Veranstaltung in kleinen Gruppen kennenlernen.
Charlotte Krämer-Schick

Seit dem 1. Januar 2023 gibt es den Pastoralen Raum Sankt Goar, ihm gehören die Pfarreiengemeinschaft Bacharach und die Pfarreien Mittelrhein St. Josef, St. Nikolaus Mittelrhein-Höhe und Vorderhunsrück St. Hildegard an. Etwas mehr als 20.000 Katholiken umfasst dieser also, die mit mehr oder weniger Personal und mit mehr oder weniger Ehrenamtlern auskommen müssen. Am Stand, an dem sich Interessierte über Wortgottesfeiern austauschen können, berichten etwa Ellen Retzmann und Monika Heck von ihrem Engagement. Gemeinsam mit weiteren Lektoren und Kommunionhelfern gestalten sie zum Beispiel regelmäßig Wortgottesdienste im Emmelshausener Alten- und Pflegeheim St. Hildegard. Auch in verschiedenen kleineren Gemeinden sind sie im Einsatz.

Wünschen sie sich aus einem bestimmten Grund doch einmal eine Heilige Messe, ist Pfarrer Christian Adams immer gern zur Stelle. „Er ist da absolut flexibel“, loben die beiden engagierten Frauen. Anders sehe das unten am Mittelrhein aus, berichtet ein Kollege. Da sei das „Personal“ rar gesät, einigermaßen spontane Gottesdienste seien dort kaum bis gar nicht möglich, berichtet ein anderer. „Das Bistum ist der Meinung, es gebe genug Personal für den gesamten Pastoralen Raum“, sagt eine Besucherin am Samstagvormittag. Wie gut oder schlecht es verteilt sei, spiele aber keine Rolle, kritisiert sie. Einig sind sich die Besucher des Stands zu den Wortgottesfeiern in Sachen Pfarrbrief. Da sei der Vorlauf einfach zu groß.

Petra Kollmar, Gemeindereferentin der Pfarrgemeinde Vorderhunsrück St. Hildegard, ist eine, die den Pastoralen Raum endlich genauer kennenlernen möchte. Dies allerdings auf besondere Weise. Seit einigen Jahren kümmert sie sich um das Angebot „Wandern plus“, ein Wanderangebot mit Impulsen. Der Vorteil an diesem niederschwelligen Angebot sei, dass sie viele Nichtkirchgänger anspreche. Doch bisher gab es diese Wanderungen in erster Linie rund um Emmelshausen. Nun sollen sie sich über den gesamten Pastoralen Raum erstrecken. Den Markt der Möglichkeiten nutzte Kollmar, um Anregungen für mögliche Wanderrouten zu bekommen – von Trechtingshausen bis ins Mühltal, von Bacharach bis Heyweiler. Erste Ideen sind bereits entstanden.

Delegierte für den Rat des Pastoralen Raums konnten in St. Goar vorgeschlagen werden.
Charlotte Krämer-Schick

Doch was bleibt am Ende der Synodalversammlung? Was ist das Fazit? Viel Lob gab es von den Menschen vor Ort für den Austausch, die Vielfalt, den Markt der Möglichkeiten. Doch die Jugend fehle, stellten einige fest. Wie lassen sich junge Menschen für die Kirche begeistern? Auch die Suche nach weiteren Ehrenamtlichen treibt die Engagierten um, zeigte sich am Ende. „Der größere Rahmen des Pastoralen Raums hat Kontur bekommen“, resümierte einer. Ein anderer ist sicher: Die Veranstaltung war ein „toller Anfang eines gemeinsamen Weges“. Ganz im Sinne der Synode also, die wörtlich übersetzt „gemeinsamer Weg“ bedeutet.

Neue Mitglieder in den Rat gewählt

Zum 1. Januar 2023 haben die Pastoralen Räume die bisherigen Dekanate abgelöst. Jeder Pastorale Raum hat ein Leitungsteam, das aus drei Personen besteht. Im Pastoralen Raum Sankt Goar sind das Dekan Joachim Fey, Claudia Lang und Tobias Petry. Zudem gibt es den Rat des Pastoralen Raums, ein Gremium, das sich über Schwerpunkte der Pastoral verständigt. Diesem Rat gehören Beatrix Bock (Pfarrei Mittelrhein St. Josef), Andrea Oppenhäuser und Gerhard Kremer (Pfarrei St. Nikolaus Mittelrhein-Höhe), Adrian Ritt und Anni Toth (Pfarrei Vorderhunsrück St. Hildegard), Rainald Kauer (Pfarreiengemeinschaft Bacharach) und Ilona Besha als Vertreterin des Caritasverbands an. Zudem wurden am Samstag Dieter Christ (Mitarbeiter der Kita gGmbH) und Mechthild Sabel (KEB Bildung und Kultur) in den Rat gewählt.

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