„Nachdem wir mittlerweile ausreichend Windräder haben und die kein Thema mehr für uns sind, möchten wir uns Flächenfotovoltaikanlagen widmen“, sagte VG-Bürgermeister Peter Müller. Damit sollen die Fehler, die bei der Windenergie gemacht wurden, künftig nicht wiederholt werden und der neu zu erstellende Flächennutzungsplan genutzt werden, um solche Orte zu identifizieren und auszuweisen, die sich für die Installation nicht nur von Windrädern, sondern eben auch von Fotovoltaikanlagen eignen.
Der Weg in eine AöR ist auch einer, mit dem vermieden werden soll, dass Projektierer, die derzeit in vielen Gemeinden unterwegs sind, für eine weitere Verwilderung und die bereits bei der Windenergie herrschende Goldgräberstimmung sorgen können. „Wir als Verbandsgemeinde wollen bei der Produktion des Stromes mitmachen und damit Geld verdienen“, so der Bürgermeister, „und das mit einem solidarischen System.“
Jede Gemeinde bekommt eine Stimme
Bauamtsleiter Hans-Jürgen Dietrich präzisierte die Pläne der Verbandsgemeinde. Aktuell sei die Energiegewinnung Aufgabe der Gemeinden, im Falle der Gründung einer AöR würden deren Kompetenzen auf diese übertragen, jede Gemeinde hätte dann innerhalb dieser Organisationseinheit eine Stimme, auch der VG würde eine Stimme zufallen.
Derzeit werde eine Potenzialanalyse erstellt, in der Flächen untersucht und ausgewiesen würden: Sonneneinstrahlung, Standort, Infrastruktur, all diese Parameter sollen dabei mit einfließen. Anschließend wird die Verbandsgemeinde entscheiden, welche Flächen tatsächlich ausgewiesen werden, ehe die Gemeinden, auf deren Gemarkung die Flächen liegen, die Bebauungspläne entsprechend anpassen müssen. Ziel sei eine durchdachte Auswahl, eine Pachtung oder ein Ankauf der infrage kommenden Flächen und die Umsetzung von Projekten zur Erzielung einer kommunalen Wertschöpfung.
Die AöR trete als Betreiber auf und suche nach Energieversorgungsunternehmen, die den produzierten Strom abnehmen. Denn auf diese Weise werde eine höhere Gewinnmarge als durch die zuletzt ständig gesunkene Einspeisevergütung erzielt. „Es wird in Zukunft an Strom fehlen, der Markt ist auf jeden Fall da“, so Dietrich.
Projekt soll spätestens Anfang 2024 an den Start gehen
Die Kommunalberatung Rheinland-Pfalz wurde bereits beauftragt, die Statuten für eine AöR vorzubereiten. Gemeinden, die sich an der Organisationseinheit beteiligen wollen, werden aufgenommen, danach wird ein Grundsatzbeschluss an die Kommunalaufsicht geleitet, die die Verträge ausarbeitet. Anschließend erfolgt die Suche nach Energieversorgungsunternehmen, ehe die Gemeinden erneut zustimmen müssen. Dabei spiele auch der Nachweis der Wirtschaftlichkeit eine entscheidende Rolle. Es gehe darum, ob sich eine Anlage überhaupt lohne, wann sich diese amortisiere, wie viel Gewinn sie erziele. Der Zeitrahmen: Bis Ende des Jahres beziehungsweise Anfang des kommenden Jahres soll die AöR an den Start gehen.
Zur Vorbereitung darauf hatten einige der VG-Protagonisten ein ähnliches Projekt in der Verbandsgemeinde Winnweiler in den Blick genommen. Laut Dietrich gibt es weitere Gemeinden, die bereits als Solidargemeinschaft und AöR organisiert auf diese Weise Strom erwirtschaften. In vielen würden beispielsweise neben großen Flächen auch Dächer zur Stromerzeugung genutzt, was auch für die VG Kirchberg eine Option darstellen könne. So könnte beispielsweise der gewonnene Strom direkt für das Gebäude abgezapft oder zu günstigen Konditionen vom Stromanbieter zurückgekauft werden – beide Optionen seien denkbar und hingen von der Vertragsgestaltung ab.
Viel Wohlwollen, aber auch einige Fragen
Auch wenn das geplante Vorhaben der VG im Kirchberger Stadtrat auf viel Wohlwollen stieß, warf sie doch auch Fragen auf und sorgte für Einwände. Als „vernünftig und zukunftsweisend“ beispielsweise stufte etwa CDU-Mitglied Jürgen Tappe die Idee ein. „Eine Solidargemeinschaft ist das, was wir brauchen. Die Fehler der Vergangenheit brauchen wir unterdessen nicht mehr. Wenn es dann auch noch wirtschaftlich ist, gibt es von uns gerne ein Ja.“
Christian Lauer aus der FDP-Fraktion sah das Vorhaben unterdessen deutlich kritischer. Es sei richtig, dass man sich Gedanken über erneuerbare Energien mache, allerdings „habe ich ein Problem mit Flächenfotovoltaik“. Das liege daran, dass die Flächen oft zehn Hektar und größer seien und dass auf diese Weise der Landwirtschaft beispielsweise große Nutzflächen wegfallen würden.
„Gerade hier im Hunsrück haben wir einen Energieüberfluss. Vielleicht sollte man erst alle anderen Potenziale ausschöpfen, bevor man in diese Richtung aktiv wird.“ Ins gleiche Horn stieß auch Peter Kemmer (FDP), der den Vergleich zwischen der VG Winnweiler und der VG Kirchberg kritisierte. Denn dort lägen 80 Prozent der Anlagen unmittelbar an der Autobahn, was in Kirchberg nicht möglich sei. „Wir haben hier 100 Windräder, dann mache ich lieber noch 15 dazu. Ich muss es nur so steuern, dass jede Gemeinde etwas davon hat. Ich gehe aber nicht hin und versiegele die landwirtschaftlichen Flächen. Die lassen sich auch danach nicht mehr nutzen.“ Man habe im Hunsrück mehr für den Klimaschutz getan als in anderen Regionen und müsse nicht sein ganzes Land für solche Dinge hergeben.
Rat stimmt deutlich für Empfehlung zu einer Gründung
Auch Axel Weirich (SPD) sagte, dass er „kein Freund von Flächenfotovoltaik“ ist, sagte aber auch, dass die AöR der richtige Weg sei und Energie viel stärker staatlich gesteuert werden müsse und nicht den Kräften des Marktes überlassen werden dürfe.
Hinsichtlich des Wegfalls von Nutzflächen lenkte der Bauamtsleiter allerdings ein, machte deutlich, dass man innerhalb der AöRdurchaus einen Einfluss auf die Auswahl der Flächen nehmen könne und auch werde. Die privaten Projektierer hingegen würden darauf keine Rücksicht nehmen und alle Flächen nehmen, die sie bekommen können. Seine Sicht auf die Dinge war und ist eine pragmatische: „Wenn wir es nicht machen, dann machen es andere.“ Und auch Müller sagte: „Es ist nicht unsere Intention, dass wir uns die kompletten Flächen zubauen.“
Das sah auch der Beigeordnete Andreas Benke so, der auf das Gelände rund um den Flughafen Hahn verwies, wo viele Flächen vorhanden seien. Es gebe zudem auch Modelle auf Stelzen, wodurch die Fläche darunter weiterhin genutzt werden könne. Ernst-Ludwig Klein (SPD) verwies in seinem Wortbeitrag auf die Dämme entlang der B 50, die ebenfalls genutzt werden könnten, die südexponierte Seite würde sich hierzu hervorragend eignen. Müller machte vor der Abstimmung noch einmal deutlich: „Wir werden auf unser Land aufpassen.“ Und so entschied sich der Rat – bei drei Enthaltungen – für die Empfehlung der Stadt Kirchberg zum Beitritt in eine zu gründende AöR, die zeitnah auf den Weg gebracht werden soll.