Die Entscheidung über „richtig“ und „nicht richtig“ treffen natürlich jeweils die Wähler selbst. Wer ganz sicher gehen möchte, das Kreuzchen an der gewünschten Stelle zu setzen, durchforstet am besten die Namen auf den Listen. Das ist der einfachste Weg, zu entscheiden. Und weil man ja bei der Kommunalwahl kumulieren und panaschieren kann, wird es jetzt noch komplizierter: Man kann sich nämlich einzelne Kandidaten aus der Familie der Freien Wähler herauspicken, aber auch Personen aus der Gruppe der Freien Wähler e.V. ankreuzen.
Mit oder ohne „e.V.“
Die Entscheidung, ob Freie Wähler mit oder ohne „e.V.“ wird vor allem dann wichtig, wenn man eine Parteiliste ankreuzen möchte. Es sind zwei verschiedene Paar Schuh'. In dem Fall sollte man die Liste ankreuzen, die einem am ehesten zusagt. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum viele Menschen es vorziehen, daheim ihre Stimmen zu verteilen. Mal eben flüchtig seine Kreuzchen zu machen und überall „nur“ Parteien anzukreuzen, das geht zwar auch, aber man verzichtet so auf eine viel präzisere Stimmabgabe. Aber alle Wähler, die lediglich eine Liste ankreuzen, müssen eben bei den Freien Wählern besonders aufmerksam sein.
„Die Freien Wähler e.V. fühlen sich trotz der Störfeuer seitens der Landespartei gut gerüstet“, schreiben sie in einer Pressemitteilung. Störfeuer? Um zu erläutern, wie es dazu kam, dass die Freien Wähler e.V. diesen Begriff verwenden, muss man etwas weiter ausholen. Die Freien Wähler Rheinland-Pfalz, also die Partei, nicht die mit „e.V.“, schafften bei der Landtagswahl 2021 mit 5,4 Prozent der Stimmen erstmals den Sprung in den Mainzer Landtag. Bei den vorangegangenen Wahlen 2011 und 2016 war man mit 2,3 und 2,2 Prozent an der 5-Prozent-Hürde gescheitert.
Dass die Freien Wähler Rheinland-Pfalz um den Landesvorsitzenden Stephan Wefelscheid und den Spitzenkandidaten Joachim Streit 2021 den Sprung in den Landtag geschafft haben, ist in großen Teilen ein Verdienst jahrzehntelanger Arbeit der „e.V.-ler“ in den Kommunalparlamenten im Land. In der Verbandsgemeinde Kirchberg war das zum Beispiel viele Jahre lang die „Wählergruppe Elsen“, die nach dem Tod ihres langjährigen Vorsitzenden und Gründers Werner Elsen Freie Wählergruppe VG Kirchberg e.V. heißt.
Weitere bekannte Gruppen im Kreis sind die Bürger für Boppard (BfB) im dortigen Stadtrat. Oder die FWG Berg um Malermeister Michael Berg, die seit vielen Jahren eine feste Größe im Kastellauner Stadtrat ist. Für die ASL in Simmern gilt das ebenso, die „an Stadt Liste“ sitzt seit vielen Jahren im Rat der Kreisstadt.
Und im Kreistag ist der Verein der Freien Wähler bereits seit 2004 vertreten. „Die Organisationsform zeigt deutlich, um was es geht. Um Kommunalpolitik – nicht mehr und nicht weniger“, lautet ein Kernsatz der Freien Wähler Rhein-Hunsrück e.V. in der Pressemitteilung. Und: „Auch wenn der jetzige Vorsitzende der Freien Wähler e.V. die Partei beim Einzug in den Landtag unterstützte, so ist er dieser nun ferner denn je“, heißt es weiter.
„Es war schon ein Schlag ins Gesicht, nicht nur für uns, sondern für alle freien Wählergruppen des Kreises“, kommentiert Tobias Eiserloh die Gründung einer Kreisvereinigung als Ableger der Partei im Juni vergangenen Jahres. Seinerzeit hatten die Freien Wähler Rheinland-Pfalz sich dazu entschlossen, Kreisverbände zu gründen. Tobias Eiserloh war zuvor sogar bei der Landtagswahl 2021 als Direktkandidat für die Freien Wähler Rheinland-Pfalz ins Rennen gegangen.
Damals waren neben ihm auch der Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Stefan Wickert, sowie Andrea Mallmann, Peter Mumbauer und Mechthild Schultner-Mäder den Freien Wählern Rheinland-Pfalz beigetreten. Das wiederum war der Grund, warum ihnen eine Einladung zur Gründungsversammlung einer Kreisgruppe am 13. Juli 2023 in Simmern ins Haus flatterte.
Wie der auf dieser Versammlung einstimmig gewählte Kreisvorsitzende Guido Hübinger aus Sohren seinerzeit auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, seien neun Personen bei der Gründung der Freien Wähler Rhein-Hunsrück anwesend gewesen. Mitglieder der Freien Wähler Rhein-Hunsrück e.V. fehlten nahezu ganz.
Der Grund: Es habe keinerlei Kontaktaufnahme gegeben oder Gespräche im Vorfeld, berichtet der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler e.V. im Kreistag, Stefan Wickert. „Der Wahltermin wurde sehr kurzfristig anberaumt“, so Wickert. „Wir wären alle gesprächsbereit gewesen“, erinnert sich Guido Scherer von der FWG VG Kirchberg e.V. und ergänzt: „Aber da gibt es Satzungen. Ich kann doch nicht ankommen und einfach an den Leuten vorbeigehen, die sich als Freie Wähler jahrelang engagiert haben.“
Die Gruppen, die seit Jahren kommunalpolitisch aktiv waren, habe man seinerzeit außen vor gelassen. „Das geht an den Menschen vorbei. Fürs Plakateaufhängen waren sie immer gut.“ Bevor eine Freie Wähler Gruppe e.V. sich auflöst, um eventuell einer Kreispartei Freie Wähler beizutreten, muss es eine Mitgliederversammlung geben, in der dann über das Vorhaben abgestimmt werden müsste. Es hätte also eines viel längeren Vorlaufs bedurft.
„Obwohl die Verantwortlichen um unsere Fraktion im Kreistag wussten, haben sie nicht den Weg zu uns, sondern den nach Koblenz, zur Landesgeschäftsstelle gesucht. Das spricht eigentlich Bände. Politik erfordert Kommunikation und Miteinander. Das müssen sie wohl noch üben“, lautet Tobias Eiserlohs kurzer und knapper Kommentar. Die vor der Landtagswahl den Freien Wählern Rheinland-Pfalz beigetretenen Mitglieder der Freien Wähler Rhein-Hunsrück e.V. sind nach der Hau-Ruck-Aktion im vergangenen Jahr mittlerweile nahezu alle wieder ausgetreten.
Sämtliche Gruppen der Freien Wähler e.V. im Landkreis treten aber wieder am 6. Juni bei der Kommunalwahl an. In der Verbandsgemeinde Kastellaun sind es die FWG Region Kastellaun auf Verbandsgemeindeebene und für den Stadtrat geht wieder die Wählergruppe Berg ins Rennen. Beides sind „e.V.-Gruppen“.
„Zweigleisig“ geht es im Kreistag zu. Hier haben die Partei „Freie Wähler“ (Kreisvereinigung Rhein-Hunsrück) und die mitgliedschaftlich organisierte Wählergruppe „Freie Wähler Rhein-Hunsrück e.V.“ einen Wahlvorschlag für den Kreistag eingereicht. Das gilt auch für die Wahl zum Verbandsgemeinderat Kirchberg und für den Stadtrat Kirchberg. Hier gab es interessante „Verschiebungen“: Hans Dunger wechselte von der Freien Wähler Gruppe VG Kirchberg e.V. zu den Freien Wählern – und genießt dort einen Sonnenplatz auf Rang 5 der Kreistagsliste, die vom Kreisvorsitzenden Guido Hübinger angeführt wird. Der Kirchberger Ernst-Ludwig Klein hat die SPD verlassen und sich ebenfalls der neuen Gruppierung angeschlossen.
In Boppard bleibt es bei den bekannten e.V.-Gruppierungen BfB und Freie Wählergruppe Boppard. In den Verbandsgemeinden Simmern-Rheinböllen und Hunsrück-Mittelrhein sind die Freien Wähler e.V. wie bisher ebenfalls stark vertreten. Die BfB haben unter anderem Philipp Loringhoven als Kandidaten für den Ortsvorsteher in Boppard ins Rennen geschickt, die FWG Emmelshausen Tim Spettmann als Stadtbürgermeisterkandidat aufgestellt.
Zwei verschiedene Gruppen im Rat
Die Freien Wähler Rhein-Hunsrück e.V. sind derzeit mit fünf Sitzen sowie dem weiteren Beigeordneten im Kreistag vertreten und hoffen, die Anzahl der Vertreter ausbauen zu können. Alle derzeitigen Kreistagsmitglieder treten wieder zur Wahl an. Wenn die Freien Wähler Rhein-Hunsrück (ohne e.V.) am 9. Juni ebenfalls in den Kreistag einziehen, kann es zu der Konstellation kommen, dass in dem Gremium künftig zwei verschiedene Gruppen von Freien Wählern sitzen. Das gilt auch für den Verbandsgemeinderat und die Stadt Kirchberg.
Bei allen anderen Gruppierungen der Freien Wähler, die in den Kommunen des Rhein-Hunsrück-Kreises antreten, handelt es sich um die langjährig bekannten e.V.-Gruppen. Bei der Kommunalwahl heißt es also beim Ausfüllen der Wahlzettel: Augen auf!