Empfang der FDP Rhein-Hunsrück
Freie Demokraten wollen Brückenbauer im Bundestag sein
Carina Konrad ist seit 2017 FDP-Bundestagsabgeordnete. Als Spitzenkandidatin der Freien Demokraten in Rheinland-Pfalz kämpft sie dafür, dass die Partei auch weiterhin im Bundestag vertreten ist.
Philipp Lauer

Die rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin der FDP, Carina Konrad, begrüßte zum Neujahrsempfang in Kirchberg auch Fraktionschef Christian Dürr und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt. Darum braucht es ihrer Meinung nach die FDP im Bundestag.

Die FDP Rhein-Hunsrück hat mit rund 300 Gästen in der Kirchberger Stadthalle ihren Neujahrsempfang gefeiert. Als Gastgeberin begrüßte Carina Konrad gemeinsam mit dem Hausherrn Werner Wöllstein die Gastredner: den Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Christian Dürr, die rheinland-pfälzische Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Daniela Schmitt, und den Vorsitzenden der Landtagsfraktion, Philipp Fernis.

Als Bundestagsabgeordnete, rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin und Bewerberin um das Direktmandat im Wahlkreis ergriff Carina Konrad auch selbst das Wort für eine sehr persönliche Erklärung, worum es ihr in diesem Wahlkampf geht und warum es ihrer Ansicht nach die FDP weiterhin im Bundestag braucht.

Rund 300 Gäste fanden sich in der Stadthalle Kirchberg zum Neujahrsempfang des FDP-Kreisverbands Rhein-Hunsrück ein.
Philipp Lauer

„Mein Opa Peter kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg als einer der letzten Kriegsgefangenen aus Sibirien zurück, schwer verwundet, körperlich und seelisch. Er hat es sich nicht ausgesucht“, sagte Konrad. Vom Krieg habe er seinen Enkeln nicht erzählen wollen, später fragten sie ihn, warum die Menschen sich damals nicht gewehrt hätten. Die Gesellschaft befinde sich erneut in einer Zeit, die ein historischer Umbruch werden könnte. „Wir schweigen nicht, wir tun etwas, damit wir uns diese Frage nicht irgendwann gefallen lassen müssen.“

„Wir sind die Brückenbauer in diesem Land. Ohne die FDP im neuen Bundestag wird nichts besser, sondern alles schlimmer.“
Carina Konrad, FDP

Seit Jahren versuche die AfD die demokratischen Parteien zu delegitimieren. „In diese Falle tappen wir gerade.“ Auch der CDU-Kanzlerkandidat, der „Donald Merz spielen wollte“ und die „SPD und Grünen, die gemeinsam mit der Antifa gegen die Kollegen von CDU und FDP demonstrieren, machen sich zu einem Teil von dem was die AfD will. Wer der AfD folgen will, muss wissen, das sind keine Patrioten, sondern Verräter.“ Die Aufgabe der Freien Demokraten sei es, dies zu dechiffrieren und zu enttarnen. „Wir sind die Brückenbauer in diesem Land. Ohne die FDP im neuen Bundestag wird nichts besser, sondern alles schlimmer“, stimmte sie die Gäste auf den Endspurt im Wahlkampf ein.

Christian Dürr ließ die vergangenen Wochen aus seiner Perspektive Revue passieren. Die FDP wolle den rechten Parteien in Deutschland den Nährboden entziehen, indem man die „nicht gelöste Migrationsfrage“ beantworten wolle. „Dazu müssen die Demokraten untereinander gesprächsfähig bleiben“, dafür habe er sich eingesetzt. „Es war weder klug, was Merz getan hat, noch klug, wie SPD und Grüne darauf reagiert haben. Wir wollen, dass diese Entscheidung im Deutschen Bundestag getroffen wird, da gehört sie hin.“ Ein Kompromiss zwischen den demokratischen Parteien wäre „das stärkste Signal in diesem Wahlkampf gewesen“, sagte Dürr. Neben der gesellschaftspolitischen Dimension sei es auch eine Frage der weiteren Entwicklung des Landes in Sachen Wirtschaft. Die Haltung der FDP in Sachen Migration fasste Dürr in einem Satz zusammen: „Es muss einfacher sein, nach Deutschland zu kommen, um zu arbeiten, als nach Deutschland zu kommen und nicht zu arbeiten.“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Christian Dürr, war Gastredner beim Neujahrsempfang des Kreisverbands Rhein-Hunsrück in Kirchberg.
Philipp Lauer

Dürr sprach sich wenig überraschend gegen das „Konzept Degrowth“ aus, das Wachstum kritisch sieht. „In einer Gesellschaft, die sich entscheidet, nicht mehr zu wachsen, wird der Kuchen kleiner.“ Die eigene Situation mit Leistung zu verbessern – was die FDP bekanntermaßen fördern will – sei in einer solchen nicht möglich, es bliebe nur „den anderen ein Stück vom Kuchen wegzunehmen“.

In der alternden Gesellschaft seien Konflikte zwischen den Generationen dann abzusehen. „Das ist für mich nicht erstrebenswert, mir geht es bei Wirtschaftspolitik darum, was es mit der Gesellschaft macht.“ Ärmel hochkrempeln, ranklotzen ist seine Devise. „Wenn Leistung Spaß macht und sich alle anstrengen, geht es allen besser. Dazu müssen wir aber etwas ändern“, sagte Dürr.

Erinnerungsfoto an den Neujahrsempfang 2025 der FDP Rhein-Hunsrück in Kirchberg.
Philipp Lauer

So sei die Unternehmensbesteuerung in Deutschland doppelt so hoch wie in den USA, der Wirtschaftsstandort aber nicht doppelt so gut. „Das ist ein wesentlicher Standortfaktor, der darüber entscheidet, ob ein Unternehmen investiert oder nicht“, sagte Dürr und holte zur persönlichen Spitze gegen den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck aus, man dürfe Investitionen jedoch nicht mit Subventionen verwechseln. „Die Schuldenbremse und die Investitionsquote gehören unmittelbar zusammen“, sagte er, nur mit niedriger Zinslast bliebe Geld für Investitionen übrig, die Bundesregierung habe gezeigt, dass es geht: „Wir haben die Investitionsquote des Bundes unter Einhaltung der Schuldenbremse verdoppelt.“ Allerdings machten die staatlichen Investitionen nur 10 Prozent der gesamten Investitionen in Deutschland aus, 90 Prozent komme aus der Privatwirtschaft.

„Es wird zum Gegenteil dessen führen, soziale und ökologische Standards werden schlechter, es wird zu mehr Kinderarbeit führen, es schadet und deshalb treten wir für eine Veränderung an.“
Christian Dürr, FDP

Als Beispiel für unnötige Bürokratie nannte er das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ – allein schon die Erwähnung ließ ein Raunen durch die Stadthalle gehen. Das Gesetz soll die Unternehmen zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten für ihre Lieferketten bringen. Die FDP bezweifelte dies. „Es wird zum Gegenteil dessen führen, soziale und ökologische Standards werden schlechter, es wird zu mehr Kinderarbeit führen, es schadet und deshalb treten wir für eine Veränderung an.“ Der Norddeutsche – Werner Wöllstein hatte ihn mit „Moin“ begrüßt – habe sich dazu mit Bremer Kaffeeimporteuren unterhalten „Die bekommen von den Kaffeebauern die Rückmeldung, sie hätten keine Zeit, um die Aktenberge auszufüllen, und wollen die Lieferverträge kündigen. Man brauche sich aber keine Sorgen zu machen, sie hätten schon Lieferbeziehungen zu China aufgebaut.“

Zum Abschluss seiner unterhaltsamen und völlig frei auf Augenhöhe mit dem Publikum vorgetragenen Ansprache – er nutzte nicht die aufwendig gelb-blau-magenta hergerichtete Bühne – ließ er die Gäste in Kirchberg noch an einer durchaus witzigen „Geheimanekdote“ aus Berlin teilhaben. Nur so viel dazu: Er ist bis auf wenige Ausnahmen davon überzeugt, dass die Bundestagsabgeordneten nicht die besseren Unternehmer sind, und deshalb stehe die FDP dafür, ihnen mehr Freiraum zu lassen.

„Gute Wirtschaftspolitik ist immer auch Sozial- und Gesellschaftspolitik.“
Daniela Schmitt, FDP

Diesem bekannten FDP-Grundsatz schloss sich Fernis gerne an. „Es ist gut, wenn Leute wissen, wovon sie besser die Finger lassen sollten.“ Der Landesregierung sei unter Einhaltung der Schuldenbremse gelungen, im Doppelhaushalt Investitionen die Hochschullandschaft und etwa die Ausstattung der Polizei vorzusehen. Es sei ein Erfolg, dass im Land Asylverfahren im Schnitt nach vier Monaten abgeschlossen seien. „Wir beweisen, dass es geht, und wir es können“, sagte Fernis.

Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt bekräftigte den Ansatz der FDP: „Gute Wirtschaftspolitik ist immer auch Sozial- und Gesellschaftspolitik“. Damit Unternehmen prosperieren und Arbeitsplätze entstehen können, brauchten sie zum einen Fläche, wie Kirchberg es vormache, hatte sie ein Lob für Stadt- und VG im Gepäck. Der Bedarf an Fachkräften sei jedoch nicht nur durch Weiterbildung zu decken, es brauche Zuwanderung. Rheinland-Pfalz sei weltoffen. Um dies zu bewahren, habe die FDP Ansätze.

Top-News aus der Region