Omas gegen rechts im Hunsrück
Frauen engagieren sich für Vielfalt und Freiheit
Bei einem monatlichen Treffen planen die "Omas gegen rechts" aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis ihre Aktionen. Im Vergleich zu den Anfängen im April 2024 ist die Gruppe ziemlich gewachsen.
Eddie Berger

Seit April 2024 gibt es die regionale Gruppe der „Omas gegen rechts“ im Hunsrück. Wie sich die Initiative seitdem entwickelt hat, haben die Frauen im Gespräch mit unserer Zeitung verraten. 

. Bereits seit dem Jahr 2017 besteht die parteiunabhängige Bürgerinitiative „Omas gegen rechts“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Überall gibt es lokale Gruppierungen – seit April 2024 auch im Rhein-Hunsrück-Kreis. Was die Initiative im Hunsrück nach nun fast einem Jahr Bestehen schon alles erreicht hat, hat sie im Gespräch mit unserer Zeitung verraten.

Die Idee zur Gründung der Regionalgruppe der „Omas gegen rechts“ entstand im November 2023, als Initiatorin Sibylle Prehn auf die Veröffentlichung der Correctiv-Recherchen zu einem Treffen von Neonazis, Politikern und Unternehmern in Potsdam aufmerksam wurde. „Da war für mich klar: Ich will mich engagieren und etwas machen“, sagt Prehn. Nach einiger Recherche im Internet wurde sie Mitglied bei den „Omas gegen rechts Deutschland“ und nahm im Februar 2024 in Simmern zum ersten Mal an einer Demonstration teil.

„Ich will meinen Enkeln nicht sagen müssen: Ich habe gewusst, was da läuft, und habe nichts dagegen gemacht.“
Anne Holtappels, „Omas gegen rechts“

Aber auch speziell für den Rhein-Hunsrück-Kreis wollte Prehn eine Anlaufstelle schaffen für Frauen, die sich engagieren wollen. Sie besorgte Flugblätter und Buttons und startete einen Aufruf in ihrem WhatsApp-Status. Daraufhin meldeten sich zahlreiche Interessierte bei ihr. Im April fand das erste Treffen bei Prehn zu Hause statt. Gekommen waren rund zehn bis fünfzehn Frauen aus dem Hunsrück – alle unterschiedlich, doch mit einem gemeinsamen Ziel: Die Demokratie stärken und verhindern, dass die AfD immer mehr Zuspruch bekommt.

Seit den Anfängen im April 2024 hat die Bürgerinitiative einige Interessierte dazugewonnen. Rund 60 Frauen –und auch ein paar Männer – sind in der WhatsApp Gruppe und dem E-Mail-Verteiler dabei. Von Mitgliedern wollen die Frauen nicht sprechen, da die Initiative kein eingetragener Verein ist und es dementsprechend auch keine Mitgliedsbeiträge gibt.

Rund 25 Frauen sind aktiv dabei und teilen sich auf, wenn die Initiative an Demonstrationen teilnimmt oder mit Infoständen auf Märkten unterwegs ist. Dort verteilen sie Buttons mit dem Aufdruck „Omas gegen rechts“ und wollen auf ihre Initiative aufmerksam machen. „Mit jedem Marktbesuch kommen ein bis zwei Interessierte hinzu“, betont Gabriele Kothe.

Auch der Kontakt zu anderen Initiativen in diesem Bereich hat sie darin bestärkt, sich zu organisieren. „Wir hatten Besuch von „Omas“ anderer Gruppen und haben uns ausgetauscht. Das hat uns ebenfalls bei der Entscheidung geholfen, unsere Initiative zu gründen“, sagt Prehn. Zudem sind sie Teil des Bündnisses „Der Hunsrück ist bunt“, das Demokratie fördert und sich aktiv gegen Diskriminierung einsetzt.

Einmal im Monat treffen sie sich und planen ihre Aktionen

Doch nicht nur im Rhein-Hunsrück-Kreis sind die engagierten Frauen unterwegs, sondern auch in ganz Deutschland. „Wir waren unter anderem auf Demonstrationen in Cochem, Idar-Oberstein, Gonzerath, Trier und Riesa“, sagt Prehn. Dort tragen sie neben ihren Buttons auch weiße Westen mit der Aufschrift „Omas gegen rechts“. „Dadurch treten wir als Gemeinschaft auf und das ist toll“, sagt Christa Stark, die auch bei der Initiative mitmacht.

Einmal im Monat treffen sich die Frauen zu einem Jour fixe in einem Café in Kirchberg. Dort planen sie ihre anstehenden Aktionen und tauschen sich aus – über neue Ideen aber auch über Ängste. „Wir haben keinen Chef und keine Vorgaben. Bei uns entwickelt sich alles im Gespräch miteinander. Das ist uns wichtig“, sagt Prehn. Da bei den Treffen meistens nicht alle Frauen dabei sind, wird im Nachgang ein Kurzprotokoll herumgeschickt, damit jede auf dem gleichen Stand ist.

„Wir wollen bei der Demokratiebildung ansetzen.“
Christa Stark, „Omas gegen rechts“

Weil die Initiative kein eingetragener Verein ist, gibt es auch keine Mitgliedsbeiträge, mit denen Anschaffungen wie Westen oder Buttons bezahlt werden könnten. Trotzdem haben die Frauen keine Geldprobleme. „Wenn etwas besorgt werden muss, gibt jeder etwas dazu und dann bekommen wir das schon hin. Das läuft alles sehr basisdemokratisch ab und das ist uns wichtig“, erklärt Stark. Dazu kommen Spenden, wenn sie zum Beispiel auf Märkten unterwegs sind.

Auch in Kindergärten und Schulen waren die Frauen im vergangenen Jahr ab und an unterwegs. „Wir wollen bei der Demokratiebildung ansetzen“, betont Stark. Das bestätigt auch Anne Holtappels: „Ich will meinen Enkeln nicht sagen müssen: Ich habe gewusst, was da läuft, und habe nichts dagegen gemacht.“ Trotz ihres Engagements geben die Frauen im Gespräch offen zu, dass sie selbst auch Angst empfinden. Doch sie kämpfen dagegen an. „Jetzt können wir noch etwas dagegen tun. Wenn es erstmal soweit ist, dass die Nazis hochkommen, würden wir uns vielleicht auch nicht mehr trauen. Deswegen wollen wir lieber jetzt noch etwas machen“, betont Prehn ihre Motivation.

Auch jüngere Frauen sind willkommen

Anders als der Name es vielleicht vermuten lässt, sind nicht nur Omas Teil der Gruppe. „Man muss keine Oma sein, um bei uns mitzumachen. Wir sind zwar alle in einem gesetzteren Alter, würden uns aber auch sehr über jüngere Frauen freuen, die mitmachen wollen“, sagt Holtappels.

Am bundesweiten Aktionstag der „Omas gegen rechts“ am Samstag, 8. Februar, hat die Initiative im Hunsrück nichts Besonderes geplant. „Wir wollen uns lieber auf kommende Aktionen konzentrieren“, sagt Prehn. Dazu zählt zum Beispiel die „Kundgebung für grenzenlose Solidarität“ in Simmern am Sonntag, 16. Januar, bei der die Initiative auch wieder dabei ist. „Denn Solidarität ist genau das, worum es uns geht“, betont Prehn.

Offener Brief an Marlon Bröhr (CDU)

Die Regionalgruppe der Omas gegen rechts hat einen offenen Brief an Marlon Bröhr, Direktkandidat der CDU für den Wahlkreis Mosel/Rhein-Hunsrück, geschrieben. In diesem Brief zeigt sie sich erschüttert darüber, dass er Ende Januar gemeinsam mit der AfD für den migrationspolitischen Antrag der CDU gestimmt hat. In dem Brief heißt es unter anderem: „Uns macht es fassungslos, dass ausgerechnet eine Partei, die sich selbst ‚christlich’ nennt, eine Politik befördert, die mit Menschlichkeit und Nächstenliebe nichts mehr zu tun hat.“ Zudem wirft die Initiative dem Politiker vor, ihre Ängste „vor dem Erstarken der extremen Rechten und dem Verlust der Demokratie“ nicht ernst zu nehmen. Zu guter Letzt fordern sie ihn auf, „sich unmissverständlich von rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Positionen zu distanzieren und stattdessen aktiv für eine menschenwürdige und solidarische Politik einzustehen“. red

Top-News aus der Region