Planungsgemeinschaft stimmt einmütig für Variante, die auf Ausweisung von weiteren Flächen im Kreis weitgehend verzichtet
Flächen für Windkraft: Raumplanung mit Moratorium für den Rhein-Hunsrück-Kreis beschlossen
In den vergangenen Wochen stand zu befürchten, dass zu den 301 Windrädern im Rhein-Hunsrück-Kreis, wie hier im Wald bei Buch, noch eine ganze Reihe weitere hinzukommen. Ein Großteil zusätzlicher Flächen sollte im Kreisgebiet ausgewiesen werden. Das ist nun vorerst vom Tisch. Foto: Werner Dupuis
Werner Dupuis

Koblenz/Rhein-Hunsrück. Einstimmig hat die Regionalvertretung der Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald gestern einen Beschluss gefasst, der viele Menschen im Rhein-Hunsrück-Kreis erleichtert aufatmen lassen dürfte:

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Die Teilfortschreibung des Regionalen Raumordnungsplans (RROP) zum Kapitel Energiegewinnung und -versorgung (3.2) geht in die Offenlegung und zwar in der Variante „Moratorium Rhein-Hunsrück“. Dieses sieht vor, dass im Rhein-Hunsrück-Kreis für den weiteren Ausbau der Windkraft nur noch Vorranggebiete ausgewiesen werden sollen, die Potenzialflächen für Vorranggebiete Windenergienutzung sind, in Flächennutzungsplänen der Kommunen festgeschrieben sind oder auf denen schon Anlagen stehen. Im zuletzt vorliegenden Entwurf sah das noch ganz anders aus, man musste damit rechnen, dass ein Großteil der neu auszuweisenden Flächen im Rhein-Hunsrück-Kreis liegen.

Flächenziele für 2027 und 2032 sind gesetzt

Mit der Fortschreibung des RROP kommt die Planungsgemeinschaft dem Wind an Land-Gesetz des Bundes nach, das sogenannte Flächenbeitragswerte für die Bundesländer festlegt, erklärte Andreas Eul, der leitende Planer von der Struktur- und Genehmigunsdirektion Nord.

Demnach sind in Rheinland-Pfalz bis Ende 2027 1,4 Prozent und bis Ende 2032 2,2 Prozent der Landesfläche für Windenergie auszuweisen. Im Landeswindenergiegebietegesetz (LWindGG) ist unter anderem geregelt, dass die so überarbeiteten RROP bis jeweils Ende 2026 und 2029 der Obersten Landesplanungsbehörde (SGD Nord) zur Genehmigung vorzulegen sind. Eine wesentliche Änderung sei, dass man nun eine Positivplanung betreibe. Die Raumordnung begründe, welche Flächen für die Windkraft vorgesehen sind und nicht länger, welche Flächen nicht.

Zielverfehlung hat Konsequenzen

Werden diese Ziele nicht erreicht, droht die Öffnung des gesamten Außenbereichs, und Windenergie würde verschärft privilegiert. Das hieße etwa, dass Flächennutzungspläne und Ziele der Raumordnung der Windenergie nicht mehr entgegengehalten werden könnten und landesgesetzliche Mindestabstandsregelungen entfielen, führte Eul aus.

Der nun beschlossene Entwurf weist eine Fläche von rund 1,9 Prozent der Landesfläche für die Windenergie aus. Die Chancen stehen also gut, dass auch nach der Offenlage das Ziel von 1,4 Prozent erfüllt werden kann. Zumal während der Offenlage auch noch zusätzliche Flächen erfasst werden können, die auf kommunaler Ebene ausgewiesen sind oder werden sollen. Denn nur die im RROP erfassten Flächen werden bei der Ermittlung des Flächenbeitragswerts berücksichtigt.

Stimmen aus den Fraktionen in der Regionalvertretung

„Alles wird gut“, sagte Thomas Przybylla CDU-Fraktion (Kreis Mayen-Koblenz), zu der „sehr konstruktiven Diskussion“ in den Gremien. Mit dem gefassten Beschluss könne man allen Interessen berücksichtigen und voraussichtlich die Vorgaben der Landesregierung erfüllen. Von den aktuellen 1,9 sei der Weg zu den geforderten 2,2 Prozent, insbesondere, weil einige Flächenvorschläge noch nicht berücksichtigt seien.

Auch Horst Rasbach, SPD-Fraktion, (Landkreis Neuwied) zeigte sich in der Hinsicht optimistisch, dass man mit 1,9 Prozent ausgewiesener Flächen das Ziel von 1,4 auch nach dem Beteiligungsverfahren erreichen könne: „Viele Gemeinden landauf, landab suchen nach Flächen für die Windkraft.“

Uwe Diederichs-Seidel, Bündnis 90/ Die Grünen (Stadt Koblenz), bescheinigte dem Rhein- Hunsrück-Kreis seine Rolle als positives Beispiel für die Windenergie, auch wenn sie mittlerweile in der Diskussion häufig negativ gesehen werde. „Die Energiewende ist eine große Aufgabe, die auch in den Kommunen zu erledigen ist. Wir sollten mit offenen Augen durch unsere Gemeinden gehen und zum Beispiel nach schon versiegelten Flächen wie Parkplätzen Ausschau halten, über denen man zum Beispiel wie in Frankreich große PV-Anlagen bauen könnte.“ phl

Nach den Vorsitzenden der Fraktionen (siehe Infokasten) meldete sich Landrat Volker Boch zu Wort. „Es ist nicht so, dass wir im Rhein-Hunsrück-Kreis aus der Energiewende aussteigen wollen, im Gegenteil“, sagte Boch. Man gelte seit langem als Vorreiterregion und bringe sich auch aktuell mit Pionierprojekten ein. Man müsse aber fragen, wie man die Energiewende als Gemeinschaftsaufgabe lösen könne. In den Flächenzielen liege auch eine große Chance für viele Kommunen, die gerne Windkraftflächen ausweisen möchten. Diesen werde der Beschlussvorschlag gerecht, den er als einen guten Kompromiss sieht.

Es ist klar geworden, dass wir die gesetzlichen Vorgaben erfüllen können und dass der Rhein-Hunsrück-Kreis diesem Ziel nicht entgegen steht. Vielmehr ist mein Eindruck, dass es in der Planungsgemeinschaft als gemeinschaftliche Aufgabe gesehen wird, darauf hin zu arbeiten.

Landrat Volker Boch

„Hier wurde ein gemeinsamer Weg gefunden, weil man ihn finden wollte“, sagte Boch, es sei ihm ein persönliches Anliegen, sich für den Einsatz zu bedanken, mit dem dieser Kompromiss in einer kurzfristig anberaumten Sitzung der Lenkungsgruppe des Regionalvorstands auf den Weg gebracht wurde. „Und bei den Planern für die viele Arbeit in diesem extrem kurzen Zeitfenster, das war eine große Leistung“, sagte Boch.

Nach der Sitzung zeigte sich der Landrat im Gespräch mit unserer Zeitung erleichtert und froh. Auf den einstimmigen Beschluss hatte er zwar gehofft, aber rechnen habe man nicht damit können. „Es ist klar geworden, dass wir die gesetzlichen Vorgaben erfüllen können und dass der Rhein-Hunsrück-Kreis diesem Ziel nicht entgegen steht. Vielmehr ist mein Eindruck, dass es in der Planungsgemeinschaft als gemeinschaftliche Aufgabe gesehen wird, darauf hin zu arbeiten“, sagte Boch.

Der Rhein-Hunsrück-Kreis hatte berechtigterweise Bedenken geäußert. Es soll nicht sein, dass ein Kreis, der seit vielen Jahren die Last der Energiewende trägt, dermaßen zusätzlich belastet wird

Peter Enders, Vorsitzender der Planungsgemeinschaft und Landrat des Landkreises Altenkirchen

Auch Peter Enders, Vorsitzender der Planungsgemeinschaft und Landrat des Landkreises Altenkirchen, war erfreut über die große Einmütigkeit der kommunalen Familie. Der gefasste Beschluss ermögliche es, im Zeitplan zu bleiben. „Der Rhein-Hunsrück-Kreis hatte berechtigterweise Bedenken geäußert. Es soll nicht sein, dass ein Kreis, der seit vielen Jahren die Last der Energiewende trägt, dermaßen zusätzlich belastet wird“, hatte er einleitend gesagt. Viele Landkreise, seien seit langem sehr daran interessiert, Flächen auszuweisen, geraten aber an die Grenzen der rechtlichen Rahmenbedingungen, erklärte Enders und nannte den Landkreis Altenkirchen als Beispiel. Er hoffe, dass sich diese in absehbarer Zeit ändern und die Suche nach Flächen für die Kommunen erleichtern.

Die Offenlage der Teilfortschreibung des RROP wird im Staatsanzeiger sowie der Internetseite der SGD Nord bekanntgegeben. Unter anderem soll diese auch über eine digitale Plattform ermöglicht werden. Nähere Infos dazu sollen mit der Bekanntmachung folgen. Voraussichtlich ab dem kommenden Frühjahr wird sich die Planungsgemeinschaft dann erneut mit der RROP befassen, wenn die Rückmeldungen aus der Beteiligung der Öffentlichkeit gewürdigt und eingearbeitet sind.

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