"Heimat Europa" blickt in seiner sechsten Auflage in Richtung Süden - Vom 9. bis 24. August mehr als 40 Filme
Filmfestspiele stehen in Simmern den Startlöchern – Besucher können sich auf mehr als 40 Filme freuen
Freuen sich auf die sechsten Heimat Europa Filmfestspiele in Simmern (von links): Stadtbürgermeister Andreas Nikolay, Kulturstaatssekretär Jürgen Hardeck, die Künstlerische Leiterin Sabine Schultz, Programmkurator Janis Kuhnert, Peter Huth, Mitverantwortlicher des Pro-Winzkinos für die Filmauswahl, sowie die Pro-Winzler Klaus Endres, Margit Klein und Wolfgang Stemann. Fotos: Thomas Torkler
Thomas Torkler

Simmern. Auf mehr als 40 Filme können sich die Besucher der sechsten „Heimat Europa Filmfestspiele“ freuen, die am Freitag, 9. August, auf dem Fruchtmarkt Premiere feiern und mit der Verleihung des Filmpreises „Edgar“ am Samstag, 24. August, in Simmern enden.

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Bei der Programmvorstellung im Pro-Winzkino gab Sabine Schultz, die wieder als Künstlerische Leiterin fungiert, die Richtung vor, die sich aus der Filmauswahl ergeben hat. „Es wird ein Festival der starken, mutigen Frauen“, kündigte Schultz anlässlich der Tatsache an, dass bei den 13 Wettbewerbsfilmen, die in diesem Jahr um den „Edgar“, die von Schirmherr Edgar Reitz gestiftete Trophäe, wetteifern, neunmal Frauen Regie führen.

Dezenter Seitenhieb auf Berlinale

Einen dezenten Seitenhieb auf die Berlinale konnte sich Schultz nicht verkneifen und verwies darauf, dass das renommierte Berliner Festival nach wie vor eine Filmbranche repräsentiere, die vom männlichen Blickwinkel dominiert werde.

Über dieses Thema werde es am 10. August auch ein Gespräch mit Schauspielerin Anke Sevenich geben, die in „Die Zweite Heimat“ als „Schnüsschen“ eine Hauptrolle übernahm. Und dazu passt ebenfalls, dass in Simmern die Ein-Personen-Jury diesmal – nach Katja Riemann, Ulrich Tukur, Jan Josef Liefers und Burghart Klaußner – wieder eine Frau ist. Schauspielerin und Regisseurin Nicolette Krebitz wird den „Edgar“ für den besten Wettbewerbsfilm überreichen.

Preisstifter Edgar Reitz kommt diesmal nicht nach Simmern. Der Filmemacher, der am 1. November 92 Jahre alt wird, ist dem Festival aber nach wie vor eng verbunden, wie er in einem Gespräch versicherte, das Sabine Schultz mit dem „Heimat“-Regisseur in München geführt hat. In der Videoaufzeichnung des Interviews sagt Reitz: „Ich freue mich sehr, dass Nicolette Krebitz den Ruf angenommen hat, dieses Jahr den ,Edgar' zu verleihen.“

Von Leidenschaft für den Film geleitet

Er sehe, dass sich auch in diesem Jahr die Festivalgestalter von ihrer Leidenschaft für den Film haben leiten lassen. Diese Leidenschaft zu vermitteln, das ist dem Regisseur unter anderem 1968 gelungen, als er eine Mädchenklasse in einem Münchner Gymnasium unterrichtete. Und in „Filmstunde_23“ wird deutlich, dass diese Leidenschaft auch im Mittelpunkt eines Filmbildungsprojekts am Simmerner Herzog-Johann-Gymnasium stand – der Schule, in der Edgar Reitz einst die Schulbank gedrückt hat.

Und noch mehr Reitz: Im Jubiläumsjahr „200 Jahre Auswanderung vom Hunsrück nach Brasilien“ kommt man an „Die Andere Heimat“ nicht vorbei. „Was wissen die Menschen noch von ihrer eigenen Migrationsgeschichte?“, fragte Edgar Reitz und gab mit dem Film darauf Antworten. Und mit „Making of Heimat“ gibt es noch das aktuellste Werk des Regisseurs in Simmern zu sehen, ein Dokumentarfilm, der Einblicke in alle Aspekte einer Filmproduktion gibt – „nicht nur die spektakulären“, heißt es im Programmheft.

Ehrenbürger leider nicht in der Heimat

Dass Stadtbürgermeister Andreas Nikolay den Simmerner Ehrenbürger in diesem Jahr nicht in der „Heimat der Heimat“ begrüßen wird, ist dem hohen Alter des Regisseurs geschuldet, der – und das wurde im Interview-Ausschnitt mit Sabine Schultz einmal mehr deutlich – eine Persönlichkeit ist, der man nach wie vor mit Spannung zuhört.

Stadtbürgermeister Nikolay ist nicht nur dankbar für den Zuspruch, den Edgar Reitz den „Heimat Europa Filmfestspielen“ weiterhin entgegenbringt, sondern vor allem auch dem Stadtrat Simmern. Dieser hatte in seiner Sitzung am 13. März nicht nur einstimmig beschlossen, die in diesem Jahr auslaufende Förderperiode um weitere fünf Jahre zu verlängern, sondern auch die Fördersumme von 50.000 auf 60.000 Euro zu erhöhen. „Der Stadtrat hat zum wiederholten Mal die Filmfestspiele als förderwürdig erachtet“, betonte Nikolay.

Kulturstaatssekretär Jürgen Hardeck stellte fest: „Das Festival ist in den Köpfen der Menschen angekommen. Ich freue mich sehr über die Entscheidung des Stadtrats.“ Seitens des Kultursommers war im vergangenen Jahr die Förderung des Festivals auf 42.000 Euro erhöht worden. Dieses Jahr wurde nochmals aufgestockt auf 44.000 Euro. An die Veranstalter von Stadt und Pro-Winzkino sowie die Programmgestalter richtete der Staatssekretär die Worte: „Ihr seid auf Kurs und könnt das fortsetzen, was ihr bisher erreicht habt.“

Vielfalt und Qualität gelobt

Hardeck lobte die Vielfalt und Qualität des Programms und das tolle Rahmenprogramm. Stadtbürgermeister Andreas Nikolay sagte zur nochmals erhöhten Förderung aus Mainz: „Damit würdigt das Land nicht nur die Qualität der Filmfestspiele, sondern auch die Tatsache, dass neben uns Rhein-Hunsrückern die Zuschauer aus ganz Rheinland-Pfalz kommen. Ein Simmerner Sommerangebot für das ganze Bundesland.“

Dazu trägt auch die aus dem Mutterschutz zurückgekehrte Kulturministerin Katharina Binz bei, die den 2024 von Schauspieler Burghart Klaußner aus der Taufe gehobenen Nachwuchspreis verleihen wird. Binz hatte seinerzeit angekündigt, dass ihr Ministerium die Fortführung des Nachwuchspreises künftig übernehmen werde.

Festspielwein kommt aus Oberwesel

Andreas Nikolay wies für das diesjährige Festival noch auf eine Premiere hin. Der Festspielwein, der in diesem Jahr wieder vom Mittelrhein, aus Oberwesel, kommt, erhält Gesellschaft: „Die Besucher können sich erstmals auf einen Wingertsberg-Wein aus Simmern freuen“, verkündete Nikolay. Wolfgang Stemann vom Pro-Winzkino blickte ein Jahr voraus und kündigte an, dass das Pro-Winzkino dann 40 Jahre alt werde. „Die Filmfestspiele sind immer der Höhepunkt unserer Filmarbeit.“ Der Bezug zu Europa sei von Anfang an gut gewählt gewesen.

„Das Thema Europa hat nichts von seiner Aktualität verloren. Wir haben hier ein Thema, das authentisch ist und eine Einzigartigkeit hat.“ Der Begriff „Heimat“ gehe um die Welt: „Es geht um Freude, um Lust und Lebendigkeit. Wir danken der Stadt, die mit etwas Einzigartigem in die zweite Förderperiode gegangen ist – in Zeiten, in denen das Geld nicht auf der Straße liegt“, betonte Stemann, der auch dem gesamten Team dankte. „25 bis 40 Leute sind 14 Tage lang am Platz.“ Andreas Nikolay ergänzte, dass der Dank auch den Sponsoren gelte, die dem Festival trotz angespannter Wirtschaftslage nach wie vor die Treue hielten.

Anspruchsvolles Programm realisiert

Das alles ermöglicht es, dass erneut ein anspruchsvolles Programm realisiert werden konnte. Zum Auftakt geht's bei der Premiere heiter zu. In „Zwei zu Eins“ von Natja Brunckhorst mit Sandra Hüller und Ronald Zehrfeld dreht sich alles um 400 Tonnen DDR-Geld.

Die Musik kommt am Freitag, 9. August, wieder von Helmut Zerlett und Band (Harald Schmidt Late-Night-Show), der an legendäre Filmmusiken erinnert und unter anderem Ennio Morricone interpretiert, der so unvergessliche Klassiker wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ geschaffen hat.

Alle Infos gibt es unterwww.heimat-europa.com

Von Thomas Torkler

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