Die Heimat Europa Filmfestspiele 2023 standen auf der Tagesordnung der Simmerner Stadtratssitzung am Dienstagabend. Sie finden in diesem Jahr vom 11. bis 26. August statt und zwar – wie schon im vergangenen Jahr erstmals und unbeeinflusst von Corona präsentiert – unter freiem Himmel am Fruchtmarkt vor der Stephanskirche sowie im Pro-Winzkino. Veranstalter sind die Stadt und das Pro-Winzkino Simmern im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz.
Nachdem in den vergangenen beiden Jahren die filmische Reise durch Europa zunächst im Norden und dann im Osten Station machte, ist in diesem Jahr der Westen an der Reihe – getreu dem Motto des Kultursommers Rheinland-Pfalz 2023, „Kompass Europa: Westwärts“.
2019 erstmals an den Start gegangen, wie Stadtbürgermeister Andreas Nikolay kurz skizzierte, widmen sich die Heimat Europa Filmfestspiele in ihrer fünften Auflage aktuellen Filmen, unter anderem aus Frankreich, Großbritannien, Österreich und den Niederlanden. Neben den Werken etablierter und bekannter Filmemacher kommen auch Filme von neuen Talenten zum Zuge. Und was das Rahmenprogramm beim Festival angeht, verfolgen die Veranstalter weiterhin das bewährte Konzept mit Open-Air-Konzerten, unterschiedlichen kulinarischen Angeboten und einer Vielzahl von interessanten Gästen, die sich auf ein Gemeinschaftserlebnis freuen können, das für jeden Geschmack etwas bereithält und die Menschen miteinander ins Gespräch bringt.
Und um das künstlerische Gesamtkonzept kümmert sich in diesem Jahr ein neues, unter Filmfreunden bekanntes Gesicht. Erstmals präsentiert wurde den Ratsmitgliedern am Montag Sabine Schultz. Die gebürtige Mannheimerin hat in Heidelberg studiert und ist als Filmexpertin des ZDF bekannt.
So hat sie unter anderem regelmäßig von den internationalen Filmfestspielen aus Cannes, Venedig, Berlin und München im „Heute Journal“ berichtet. Als ihre „Ziehväter“ nennt sie die bekannten langjährigen Moderatoren der Nachrichtensendung, Wolf von Lojewski und Klaus Kleber. Mehr Reputation geht kaum. Und jetzt wird sie in Simmern auf der Bühne stehen, die Filme anmoderieren, sich um all die Dinge des Festivals kümmern, die außerhalb der Filmauswahl liegen, die nach wie vor in den Händen von Lukas M. Dominik liegt.
Kino muss ein Ereignis sein.
Sabine Schultz
Wolfgang Stemann vom Pro-Winzkino erklärt dazu: „Lukas Dominik hat uns ja bei den Filmfestspielen im vergangenen Jahr durch seine Expertise, vor allem im Bereich des ostdeutschen und osteuropäischen Films, mehr als positiv überrascht. Deshalb freuen wir uns, dass er auch dieses Jahr wieder das Programm mitverantwortet. Mit Sabine Schultz steht ihm eine ausgewiesene Expertin des deutschen und französischen Films zur Seite, sie war für das Gesicht des ZDF auf den großen Filmfestivals von Berlin bis Cannes – ein Expertenteam, auf das wir uns alle freuen!“ Und der Stadtbürgermeister begründet die neue Personalie für das diesjährige Festival wie folgt: „Mit der Parallele künstlerische Leitung und Kurator stellen wir uns breiter auf, um die Filmfestspiele noch professioneller zu machen.“
Im Stadtrat umriss Sabine Schultz, wie sie sich ihre Rolle bei den Heimat Europa Filmfestspielen als künstlerische Leiterin vorstellt. „Kino muss ein Ereignis sein“, sagt sie und betont das Ziel, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, getreu dem Motto, das auf Edgar Reitz zurückgeht: Die Herzen erreichen und gesellschaftliche Akzente setzen. Schultz will aber auch Spuren hinterlassen und eine neue Reihe bei den Simmerner Filmfestspielen einführen: „Preisgekrönte Filme und Filme, die uns beeindruckt haben“, sagt sie und nennt als Beispiel „Das Lehrerzimmer“ von Regisseur Îlker Çatak – Gewinner des ersten „Edgar“ 2020 bei den Simmerner Filmfestspielen.
„Heimat der Heimat“ ist bekannt
Noch steht das Programm nicht, aber bis zur Bekanntgabe im Juli wird Lukas M. Dominik sicher noch manchen Film anschauen, um zu beurteilen, ob ein Streifen – im digitalen Zeitalter ist der Begriff eigentlich überholt – nach Simmern kommt oder eben nicht. Auch Dominik war am Dienstagabend zu Gast in der Stadtratssitzung und versicherte: „Man begegnet Simmern und dem Hunsrück immer wieder“ – außerhalb des Hunsrücks war natürlich gemeint. Edgar Reitz und sein „Heimat“-Epos sowie nicht zuletzt die vielversprechenden Heimat Europa Filmfestspiele hätten die „Heimat der Heimat“ bekannter gemacht.
Und mit einer erfahrenden Fernsehjournalistin, die über viele Verbindungen verfügt, kann es sicher gelingen, weitere Schauspielprominenz in die Kreisstadt zu locken. Flimmerte Katja Riemann bei der Autokino-Version des Festivals als Ein-Personen-Jury 2020 noch via Leinwand nach Simmern, so feierte ein Jahr später Ulrich Tukur mit seinen Rhythmus nach Bekanntgabe des Festivalsiegers eine ausgelassene Swing-Party auf dem Fruchtmarkt. Die dortige Bühne war 2022 Jan Josef wetterbedingt leider verwehrt, doch auch sein Konzert in der benachbarten Stephanskirche zum Abschluss der Festspiele war ebenfalls ein rauschender Erfolg.
Burghart Klaußner singt Chansons
Und für den soll in diesem Jahr der bekannte Schauspieler, Theaterregisseur, Musiker und Buch-Autor Burghart Klaußner als Preis-Pate sorgen. „Das weiße Band“ und „Der Staat gegen Fritz Bauer“ sind nur zwei der Filmwerke, die er als Schauspieler geprägt hat. Musikalisch wird er mit seiner Band beschwingte Interpretationen französischer Chansons von Charles Trenet zum Besten geben.
Wer nicht ständig mit Film und Fernsehfilm zu tun hat, wird vielleicht fragen: „Burghart wer?“ Sobald man aber ein Foto des Schauspielers zu Gesicht bekommt, folgt sofort „ach, der!“ hinterher. Ein bekanntes Gesicht, das das Publikum der Heimat Europa Filmfestspiele präsentiert bekommt und zusätzlich dessen musikalische Qualitäten kennenlernen wird.
Schirmherr der Festspiele ist und bleibt Simmerns Ehrenbürger Edgar Reitz, der auch in diesem Jahr wieder den „Edgar“ für den „Besten modernen Heimatfilm“, dotiert mit 2500 Euro, stiften wird. Daneben gibt es in Simmern noch einen mit 1000 Euro dotierten Publikumspreis.