Die Schirmherrschaft wird erneut Edgar Reitz übernehmen, die künstlerische Leitung übertrug der Rat an den Mainzer Filmwissenschaftler Urs Spörri, der bereits das diesjährige Programm kuratierte. In den vergangenen Wochen erstellte er bereits ein grobes Konzept für das zunächst auf vier Jahre angelegte Festival, das er am Mittwochabend im Stadtrat präsentierte.
Drei Kernreihen könne das Festival haben, erläuterte Spörri. Zum einen eine Filmreihe mit aktuellen deutschen Heimat- und Anti-Heimatfilmen, die um den von Edgar Reitz ausgelobten Filmpreis „Edgar“ konkurrieren. Der von einem jährlich wechselnden Juror vergebene Filmpreis diene dabei als zusätzlicher Anreiz für Filmschaffende, persönlich in den Hunsrück zu kommen. In Anlehnung an die kommenden Themen des Kultursommers – 2020 etwa lautet dieses „Kompass Europa: Nordlichter“ –, sei zum anderen eine Reihe mit Heimatfilmen aus anderen Ländern denkbar. Im kommenden Jahr ließe sich das gut verbinden mit der neuen Partnerstadt Mänttä-Vilppula in Finnland, 2021, wenn der Blick nach Osteuropa wandern soll, könnten die Russlanddeutschen im Mittelpunkt stehen, von denen viele in den Hunsrück umsiedelten. Als dritten Kern sieht Spörri eine, wie in diesem Jahr bereits erfolgreich durchgeführte Retrospektive, die sich mit Genre Heimatfilm im Wandel der Zeit beschäftigt.
Waren die Ehrenamtlichen des Pro-Winzkinos in diesem Jahr noch diejenigen, auf denen die Durchführung des Festivals in erster Linie lastete, sollen die Veranstaltungen künftig auf breitere Füße gestellt werden. Bereits Anfang September hatte Wolfgang Stemann in einer Stadtratssitzung signalisiert, dass er und seine Mitstreiter des Kinos ein Festival dieser Qualität nicht alleine leisten können. Dennoch soll das Pro-Winzkino nach wie vor zentraler Partner bleiben, machte Spörri deutlich. Auch der Kurzfilmwettbewerb, der in diesem Jahr bereits sehr gut angenommen wurde und bei dem der „Pro-Winzling“ verliehen wurde, soll fortgeführt werden. Kooperationen mit anderen Kulturinitiativen der Region seien zudem ausdrücklich erwünscht.
„Zentrale Spielstätte soll auch zukünftig der Fruchtmarkt sein“, sagte Spörri, zumindest bei den Open-Air-Veranstaltungen. Das Ensemble mit dem benachbarten Kino, der spätgotischen Stephanskirche und der „Galerie“ in der ehemaligen Feuerwache bieten sich mit ihrem besonderen Flair geradezu an, auch für andere kulturelle Veranstaltungen, ist der Filmwissenschaftler sicher. Das hätten auch die diesjährigen Abende dort eindrücklich gezeigt. Zudem bietet sich der Stadt derzeit ebendort eine einmalige Chance: „Die Edgar Reitz-Filmstiftung hat signalisiert, dass sie ihren Sitz gerne nach Simmern verlegen würde. Da das im Moment leer stehende Haus Ziegelmayer im Besitz der Stadt ist, könnte dort ein kulturelles Zentrum eingerichtet werden“, so Spörris Idee. Das Gebäude könnte nicht nur ein Büro der Stiftung, sondern auch ein Edgar Reitz-Museum sowie eine Künstlerwohnung beherbergen. „Am Fruchtmarkt wäre dann alles geballt und gebündelt“, sagte Spörri. So könne richtiges Festivalflair entstehen und die Kreisstadt wirklich zu einer „Heimat der Heimat“ werden. „Heimat ist hier nichts Aufgesetztes“, betonte Spörri. Schließlich sei im Hunsrück gefühlt jeder Ort „Schabbach“. Auch von der Idee eines Edgar-Reitz-Filmhauses begeistert, beauftragte der Rat Stadtbürgermeister Andreas Nikolay mit der Erstellung eines Konzepts für die Umgestaltung des Hauses Ziegelmayer.
Den Begriff „Heimat der Heimat“ wirklich zu etablieren, das ist nur ein Ziel des zukünftigen künstlerischen Leiters. „Eine wichtige Aufgabe ist die Repräsentation nach innen und nach außen“, erläuterte Spörri. Dazu gehöre etwa, auf regionale Kulturinstitutionen zuzugehen und Synergien herzustellen, aber auch das Anwerben renommierter Künstler und „Heimat Europa“ auch auf wichtigen Filmfestivals zu vertreten und zu bewerben.
Große Einigkeit im Stadtrat
Zudem sollen, in Zusammenarbeit mit Bürgermeister Nikolay, Sponsoren gewonnen werden, um das finanzielle Konzept auf solide Beine zu stellen. Dass Spörri für all diese Dinge die richtige Besetzung sei, darin war sich der Stadtrat am Mittwochabend einig. Einstimmig ernannte das Gremium Spörri zum künstlerischen Leiter und sicherte ihm einen Vier-Jahres-Vertrag auf Honorarbasis zu. Geradezu gerührt zeigte sich Spörri ob dieser Einigkeit des sonst eher diskussionsfreudigen Simmerner Rates. „Es ist wirklich bewegend, wie sie alle hinter dieser Idee stehen“, sagte Spörri und bedankte sich von Herzen für das Vertrauen. „Mein Herz haben sie auch“, betonte er.