Die Organisatoren vom Pro-Winzkino und der Stadt Simmern haben im Hinblick auf die künstlerische Leitung eben nicht irgendeine ehemalige ZDF-Journalistin für die Programmgestaltung engagiert, weil diese halt über ein paar nette Kontakte zu ihrem Sender verfügt und solch prominente Namen wie Gundula Gause oder Claus Kleber in die 8400-Einwohner-Stadt Simmern lotsen konnte. Nein, Sabine Schultz ist es hauptsächlich zu verdanken, dass 2023 in Simmern nicht nur eine hochwertige Filmauswahl den Besuchern präsentiert wurde, die dem Filmfestival am Ende auch einen Rekordbesuch bescherten. Nein, im Programm wurden sogar Filme gezeigt – und prämiert –, die demnächst, am 3. Mai, bei der 74. Lola-Verleihung in Berlin um die Deutschen Filmpreise wetteifern.
Acht Nominierungen für die „Lola“
Mit insgesamt acht Nominierungen gehen in Berlin drei der bei den Heimat Europa Filmfestspielen des vergangenen Jahres gezeigten Filme in sieben Kategorien ins Rennen. Darunter ist der Film „Elaha“, der in Simmern den von Schauspieler Burghardt Klaußner ausgelobten Nachwuchspreis gewann. Den mit 1000 Euro dotierten Preis überreichte Klaußner der armenischen Regisseurin Milena Aboyan. Ihr Film „Elaha“ wetteifert in Berlin um die Auszeichnung in der Kategorie „Bester Spielfilm“. Ihr Konkurrent ist „Der Fuchs“ von Adrian Goiginger. Und der bekam in Simmern im vergangenen Jahr den Publikumspreis.
In den wichtigen Kategorien, männliche und weibliche Hauptdarsteller, treten bei der Lola-Verleihung in Berlin dann auch „Elaha“-Hauptdarstellerin Bayan Layla an sowie Simon Morzé aus „Der Fuchs“. Außerdem sind in in der Hauptstadt „Vergiss Meyn Nicht“ in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ und Adrian Goiginger für „Bestes Drehbuch“ nominiert. Der Heimat-Europa-Film „Der Fuchs“ ist außerdem in den Kategorien „Beste Kamera/Bildgestaltung“ und „Beste visuelle Effekte“ nominiert.
Sabine Schultz, die künstlerische Leiterin der Heimat Europa Filmfestspiele, freut sich über die Nominierungen und drückt am 3. Mai fest die Daumen: „Wir gratulieren allen Nominierten und ganz besonders den Filmteams, die uns bei den Filmfestspielen im August 2023 in Simmern besucht und die Zuschauer begeistert haben, wie Adrian Goiginger und sein Hauptdarsteller Simon Morzé.“
Milena Aboyan habe im vergangenen Jahr zudem keine Mühen gescheut, sei gleich zweimal nach Simmern angereist, einmal für ein Filmgespräch und dann zur Verleihung des ersten Nachwuchspreises der Filmfestspiele in Simmern. Auch das Regieteam des Dokumentarfilms „Vergiss Meyn Nicht“ habe das Publikum in Simmern bewegt – mit dem Film und bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Kino, Klima, Heimat, Zukunft“, die von Ex-Heute-Journal-Moderator Claus Kleber moderiert wurde, so Sabine Schultz.
„Weil wir erfahren, welch hohen Stellenwert dieses Ereignis hat, lasst uns das pflegen, was wir haben.“
Dieter Langkammer (ASL) begründete die finanzielle Unterstützung der Filmfestspiele.
Dass die bei den Heimat Europa Filmfestspielen präsentierten Filme und Akteure jetzt in Berlin im Rennen um den Deutschen Filmpreis sind, zeigt, wie die Programmauswahl von Sabine Schultz, zusammen mit Lukas M. Dominik und Vertretern vom Pro-Winzkino, einzuordnen ist. Allein die Nominierung von „Heimat-Europa-Filmen“ für den Deutschen Filmpreis ist Auszeichnung genug für die hochwertige Auswahl der in Simmern gezeigten Filme. Und vielleicht gibt es ja in Berlin dieses Jahr Lola-Gewinner, die 2023 schon in Simmern ausgezeichnet wurden.
Angesichts dessen dürfte der Stadtrat Simmern zufrieden registrieren, dass man mit der Aufstockung der Unterstützung für das Festival durch die Stadt Simmern auf dem richtigen Weg ist. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, die Heimat Europa Filmfestspiele bis mindestens 2029 fortzuführen und dafür eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 60.000 Euro jährlich bereitzustellen (wir berichteten). Gleichwohl gab es die Überlegung, die Entscheidung darüber nicht in der jüngsten Sitzung zu treffen, sondern diese dem neuen Rat zu überlassen, wie Astrid Bach für die SPD-Fraktion anregte.
Sie selbst stellte fest, dass die Heimat Europa Filmfestspiele für Simmern ein Alleinstellungsmerkmal darstellten. Allerdings: „60.000 Euro jedes Jahr und über fünf Jahre hinweg empfinden wir als bisschen hoch“, sagte Bach. Die bisherige Förderung durch die Stadt lag bei 50.000 Euro jährlich, ebenfalls für fünf Jahre. Dieser Betrag fließt also 2024 zum letzten Mal im Rahmen des seinerzeit gefassten Beschlusses.
Zur Erinnerung: Das Land hatte im Rahmen der Förderung durch den Kultursommer Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr die Fördersumme der Heimat Europa Filmfestspiele von 35.000 Euro auf 42.000 Euro erhöht, was einer Steigerung um 20 Prozent entsprach. „Weil wir sehen, dass die Stadt Simmern an der Markenentwicklung der Heimat Europa Filmfestspiele stetig weiterarbeitet“, lautete seinerzeit die Begründung von Dorothée Rhiemeier, Referatsleiterin für kommunale Kulturprojekte im Mainzer Kulturministerium.
Kulturministerin Katharina Binz hatte am Finalabend auf der Bühne am Fruchtmarkt bekräftigt: „Wir fördern das Festival sehr gern.“ Den von Schauspieler Burghart Klaußner gestifteten Nachwuchspreis werde künftig das Land ausloben, hatte Binz verkündet.
Wunsch nach Einbindung junger Leute
So war es folgerichtig, dass auch der Fraktionsvorsitzende der CDU im Simmerner Stadtrat, Thomas Klemm, empfahl, den Grundsatzbeschluss zu fassen. Er wünschte zudem mehr Einbindung junger Leute ins Konzept, beispielsweise durch das Jugendparlament.
Hans-Eckhard Gallo stellte für die FDP-Fraktion fest, dass das Filmfestival Simmern bekannt gemacht habe: „Die Protagonisten machen eine ganz tolle Arbeit und müssen Planungssicherheit haben. Die FDP stimmt für die 60.000 Euro“, so Gallo.
Auch für den Kollegen der ASL-Fraktion, Dieter Langkammerer, gab es keine Diskussion: „Wir stimmen zu, ohne wenn und aber. Weil wir erfahren, welch hohen Stellenwert dieses Ereignis hat, lasst uns das pflegen, was wir haben.“ Und auch Elke Baumgarten (Grüne) bekannte, dass die Grünen „für volle Unterstützung“ seien, auch wenn sie die Beschlussfassung am Ende der Wahlperiode „ein bisschen problematisch“ fand.
Stadtbürgermeister Andreas Nikolay fragte den Rat dann vor der Abstimmung, ob es gewünscht sei, einem der Vertreter des Pro-Winzkinos, die auf den Zuhörerplätzen saßen, das Wort zu erteilen. Der Stadtrat war einstimmig dafür, und so konnte Wolfgang Stemann vom Pro-Winzkino die Sicht der Kinobetreiber darlegen.
„Wir sind zusammen mit der Stadt in einem Prozess, der Wege aufzeigt, wie Kultur in Simmern künftig gestaltet werden kann. Das Konzept ist klar.“ Für die mittelfristige Planung sei es aber wichtig, finanziell Klarheit zu haben. „Das Land setzt hier in Simmern mit seiner hohen Förderung der Heimat Europa Filmfestspiele einen Schwerpunkt“, sagte Stemann. Und mit dem Schirmherrn Edgar Reitz sei ein Thema gegeben, das diese Stadt in eine einzigartige Position gebracht habe. „Heimat der Heimat – die Stadt hat sogar die Rechte an dem Begriff, alle Kulturtragenden sind integrierbar ins Konzept.“
Jugendpass für Schüler/Studenten
Zudem stünden neben den Zuwendungen vom Land und durch die Stadt auch die der heimischen Betriebe zur Verfügung, die ebenfalls in das Festival investierten. Die stärkere Einbindung junger Leute, beispielsweise mit einem Festivalpass für Jugendliche, sei problemlos machbar. Und: „Wir sind mit Spaß dabei, das Konzept zu entwickeln“, schloss Stemann.
Stadtbürgermeister Andreas Nikolay ergänzte, dass Kulturkonzepte langfristig entwickelt werden müssten. Den Beschlussvorschlag der Verwaltung ergänzte er um den Passus, dass für Jugendliche, Schüler und Studenten ein spezieller Jugendpass eingeführt werden soll. Der Stadtrat Simmern war dann einstimmig für die weitere und aufgestockte finanzielle Unterstützung der Heimat Europa Filmfestspiele.