Rührt der (fiktive) Stromausfall vom vergangenen Freitag, der die gesamte Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen lahmgelegt hat, doch von einem terroristischen Anschlag her? Und versuchen, die Behörden dies zu vertuschen? Damit den Verantwortlichen des einberufenen Krisenstabes während ihrer Stromausfallübung am Samstag nicht langweilig wird, und sie von der Presse inmitten einer Konferenz ordentlich Zunder bekommen, ist Übungsleiter Andreas Roth ein wenig vom originären Drehbuch abgewichen. „Wir wollen es ja so realistisch wie möglich halten“, sagt er mit einem diebischen Lächeln und haut eine Falschmeldung im Vorfeld an die Pressekonferenz ins World Wide Web raus.
Natürlich geht diese nicht wirklich scharf. Dennoch wird ein mögliches „Fake News“-Szenario durchgespielt. Eine kleine Gemeinheit, damit es Landrat und Co. vor den Journalisten nicht so ganz einfach haben. Roths Rechnung geht auf. Die Presse – bestehend aus Komparsen und richtigen Medienvertretern – springt zuerst auf die Falschmeldung an, die sich im fiktiven Szenario über die sozialen Netzwerke bereits wie ein Lauffeuer ausgebreitet hat.
Und dann kommt noch die CDU-Fraktion Rheinböllen mit einer (natürlich ausgedachten) Pressemitteilung um die Ecke und attackiert Landrat Volker Boch für seine Kommunikation scharf. Aber auch Fragen nach dem Ernst der Lage sowie möglichen Verletzten stellen die Journalisten und versuchen, den Krisenstab um Boch aus dem Konzept zu bringen.
Das gelingt nur bedingt, haben alle Vertreter von Verwaltung und Hilfsorganisationen ihre Hausaufgaben gemacht. Direkt zu Beginn der Konferenz räumt Boch den Einfluss Dritter auf das Umspannwerk vom Tisch. Dies bestätigt auch Sebastian Morabe als Vertreter der Polizei, der mitteilt, dass eine Streife zum Umspannungswerk in Rheinböllen rausgefahren sei, um die Lage vor Ort zu überprüfen. „Es gab keine Anzeichen, dass etwas manipuliert worden ist.“ Die Ursache für den massiven Stromausfall sei, wie von Anfang an die Bevölkerung kommuniziert, auf das Sturmtief „Luka“ zurückzuführen, so Boch.
Die Journalisten bohren weiter: Es folgt ein Wechselspiel der Statements zwischen Thomas Johann, Leiter Regionalzentrum Rhein-Nahe-Hunsrück der Westnetz GmbH, Horst Ulrich, Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Simmern, Stefan Bohneberger, Brand- und Katastrophenschutzinspekteur, Michael Boos, VG-Bürgermeister, Kreis-Dezernentin Sandra Zilles und der Polizei. Ihre Einschätzungen fließen zusammen. Am Ende ergibt sich ein Gesamtbild, an dem sich künftige Übungen orientieren können – und an dem sich natürlich auch Handlungsempfehlungen ablesen lassen, die nützlich sein können, wenn es sich nicht „nur“ um eine Übung handelt.
Dass da eine Fülle an Informationen zusammenkommt, die gesichtet, analysiert, bewertet und eingeordnet werden muss, liegt auf der Hand. Genau wie weitere Baustellen, die sich mitten im Chaos auftun.
Denn nicht nur mit der Umspannungslage muss sich die Westnetz GmbH am Freitag rumschlagen, sondern darüber hinaus mit einem beschädigten Strommast, der zwischen Ohlweiler und Schönborn durch den Sturm beschädigt worden ist, wie Thomas Johann, Leiter Regionalzentrum Rhein-Nahe-Hunsrück der Westnetz GmbH, aufführt. Die Leitungen würden die Fahrbahn der B 50 blockieren, weshalb die Strecke seit Freitagnachmittag gesperrt sei, meldet er und fasst die Unwägbarkeit folgendermaßen zusammen: „Tja, wie sagt der Fußballer? Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.“ Will heißen: Ein Unglück kommt selten allein.
Auch darauf reagieren die Krisenstäbe schnell. Im Großen und Ganzen hätten alle Akteure bei der ersten Stromausfallübung eine „gute Figur“ gemacht, äußert sich Übungsleiter Andreas Roth positiv. Das sieht BKI Stefan Bohnenberger ähnlich. Dabei habe er sich die Kommunikation holpriger vorgestellt. „Die Verwaltung hat so etwas ja noch nie geübt“, sagt er. Dafür habe es „gut geklappt“. „Das Übungsziel wurde erreicht“, befindet der BKI. Nun gilt es, alles zu analysieren und rundzuschleifen.
Eine Aufgabe, der sich Landrat Boch nur zu gern annimmt. Er sei für das erste Mal zufrieden, sieht aber hier und da Verbesserungspotenzial – vor allem, was Kommunikationsabläufe angeht. „Mein Hauptanliegen war, dass wir schnell, früh und breit informieren.“ Das hätte nicht ganz so geklappt, wie es sich der Landrat vorgestellt hätte. Aus diesem Grund sei diese Übung immens wichtig gewesen, um die ganzen Abläufe einzustudieren – und für die Zukunft zu optimieren.
Noch mehr Akteure im Einsatz
Neben den bereits in unserer Berichterstattung vom Wochenende erwähnten Organisationen, Verbänden und Personen, waren übrigens – das sei an dieser Stelle noch ergänzt – auch das Simmerner Krankenhaus mit seiner Klinikleitung beteiligt. Das gilt auch für das Seniorenheim Hildegard von Bingen aus Simmern und der landwirtschaftliche Betrieb Berg in Argenthal. Nicht zu vergessen die 31 Notfallseelsorger (NFS), die am Wochenende im Einsatz waren, davon kamen 14 aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis sowie 17 aus den Bereichen Mayen-Koblenz, Trier und Neuwied. Hinzu kamen weitere NFS vom Landespfarramt.