Einige Tage nach dem Riss des Tiers gelang Bernd Merscher in seinem Revier in der VG Hunsrück-Mittelrhein und damit knapp 20 Kilometer von dem Riss entfernt eine Filmaufnahme eines vermeintlichen Wolfs. Das Tier tauchte nur wenige Meter neben seinem Hochsitz auf, und der Waidmann ist nach wie vor sicher, dass es sich um einen Wolf gehandelt hatte. Bestätigen konnten dies die Experten der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt sowie die Gutachter der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf anhand des Videomaterials allerdings nicht. Denn mindestens drei der festgelegten Kriterien zur Identifizierung müssten beim gesichteten Tier eindeutig einem Wolf zugeordnet werden können. Da auf dem Video von Merscher weder die Ohren noch das Gesicht eindeutig zu erkennen sind, sprach Michael Back, bei der Trippstadter Forschungsanstalt zuständig für das Monitoring, in diesem Fall lediglich von einem wolfsähnlichen Tier. Auch die von Mohr platzierten Fotofallen und die Suche nach Genmaterial in Merschers Revier ergaben bisher keine weiteren Erkenntnisse. „Ich kontrolliere die Fotofallen alle acht bis zehn Tage, und bisher konnte kein weiteres Bild von dem Tier geschossen werden“, berichtet Mohr. Auch der betroffene Schafhalter in der VG Kastellaun hat an seinem Stall eine Wildkamera installiert – bisher ohne Erfolg. Genmaterial konnte Mohr auch nicht finden. Der Experte geht daher davon aus, dass es sich bei dem gesichteten Tier um einen wandernden Wolf handelt. „Wenn er sich nach wie vor im Bereich Vorderhunsrück und hin zur Mosel aufhält, hat er genügend Möglichkeiten, sich in den vielen Seitentälern unbeobachtet zu bewegen“, sagt Mohr. Ein Bild mit der Wildkamera oder der Fund von Genmaterial gleiche daher einem Glücksspiel und sei eher ein Zufallsprodukt.
Auch wenn es einige weitere Sichtungen in den beiden Verbandsgemeinden gegeben hat, bestätigt werden können diese nur schwer. Denn ohne Foto oder Genmaterial ist es unmöglich, eine Sichtung als tatsächlichen Nachweis zu behandeln. „Gut ist, wenn Spaziergänger etwa große Kothaufen melden, in denen viele Haare und Knochen sind“, sagt Mohr. Denn dies deute auf einen Wolf hin, und das Material könne gut auf Gene hin überprüft werden. Ein weiterer Riss eines Nutztiers könnte ebenfalls Gewissheit bringen. „Doch offenbar hat sich dieses Tier nicht auf Schafe oder Ziegen eingeschossen“, kann Mohr Tierhalter beruhigen. Denn sonst hätte es einige weitere Risse gegeben.
Das Geschlecht des Tiers, das für den Riss in der VG Kastellaun verantwortlich ist, konnte laut Ministerium nicht eindeutig ermittelt werden. Der Tierhalter erhalte aber eine entsprechende Entschädigung für das Schaf. Der letzte Riss durch einen Wolf sei im Oktober 2019 im Westerwald erfolgt, wo die einzigen bisher sesshaften Wölfe in Rheinland-Pfalz nachgewiesen werden konnten. Einzeltiere gab es auch in der Pfalz sowie in Mainz, wo ein Wolf auf der Autobahn überfahren wurde. Insgesamt wurden seit 2012 zwölf Einzeltiere in ganz Rheinland-Pfalz nachgewiesen, so das Ministerium.