„Pling“, meldet das aufgeklappte Laptop von Ilka Jacobs pünktlich um 9.30 Uhr. Das Signal zeigt: Die ersten Teilnehmer ihres Onlineunterrichts warten schon darauf, dass es endlich losgeht. Heute sind die Musikzwerge dran, Kinder ab einem Alter von 18 Monaten mit ihren Eltern also, und die warten schon gespannt darauf, eine halbe Stunde gemeinsam mit Jacobs Lieder zu singen und einfache Rhythmusübungen zu machen. Am Bildschirm, versteht sich. Denn noch dürfen sich Gruppen nicht zum gemeinsamen Unterricht an der Kreismusikschule (KMS) zusammenfinden.
Dass auch Gruppen wie die Musikzwerge, die Musikschlümpfe (Kinder bis 18 Monate) oder auch diejenigen, die musikalische Früherziehung machen, derzeit am Bildschirm via Zoom unterrichtet werden, ist etwas ganz Besonderes. Denn was beim Instrumentalunterricht in den vergangenen Wochen aufgrund der Corona-Pandemie gängige Praxis war, hat sich außer Jacobs bei den Gruppenstunden mit den kleinsten Schülern bisher kein Kollege so recht getraut. Dabei klappt das erstaunlich gut, wie die Lehrerin findet. „Mir war es einfach wichtig, dass wir den Unterricht aufrecht erhalten und die Pause nicht zu lang wird“, sagt sie. Vor allem auch in Hinblick auf die nahenden Sommerferien. Mit Neuzugängen hätte sie diese Variante allerdings nicht gewagt: „Wenn keine Basis da wäre und wir uns nicht schon kennen würden, hätte ich das nicht gemacht“, räumt sie ein.
Zuhause gibt es viel Ablenkung
Zur Begrüßung der Kinder, die jeweils mit einem Elternteil vor dem Bildschirm im heimischen Wohnzimmer sitzen, greift Jacobs nach der Handpuppe Emma und singt für jedes Kind ein kleines Begrüßungslied. Danach wechselt sie schnell zu einem Lied, bei dem die Kinder selbst trommeln sollen. „Bei den Kleinen ist die Konzentration schnell vorbei, da kann ich mir keine größeren Pausen zwischen den Liedern und Aktionen erlauben“, erklärt die Lehrerin. Während sie in die Kamera ihres Laptops singt und dabei mit Emma oder anderen Tierchen hantiert, greift sie auch schon zur nächsten CD, legt sie in den CD-Spieler und klickt bis zur richtigen Stelle. Derart gut organisiert, sind die etwa Dreijährigen die gesamte halbe Stunde des Unterrichts mit Feuereifer dabei. Und getanzt wird auch mal zwischendrin.
„Man braucht immer was, was man den Kindern am Bildschirm zeigen kann“, rät Jacobs. So bleiben sie eher bei der Sache, denn vorm Computer und im heimischen Wohnzimmer sind sie schnell mal abgelenkt von anderen Dingen. Und insgesamt müsse sie spontaner sein als im Präsenzunterricht. „Wenn sie zu mir kommen, haben sie mal ein Auto oder ein Stofftier dabei, Zuhause aber sind alle Spielsachen verfügbar.“ Und die baut Jacobs gern in den Unterricht ein. Manchmal nutzt sie bei den Größeren sogar Haushaltsgegenstände wie Töpfe, Eierschneider oder Kochlöffel, um gemeinsam zu musizieren. „Ich brauche online auf jeden Fall mehr Optionen und habe immer drei bis vier verschiedene Dinge in petto“, berichtet sie.
Rückkehr zum Präsenzunterricht erforderte viel Organisation
Den Unterricht „live und in Farbe“ aber kann das Onlineangebot keinesfalls ersetzen, findet Jacobs. „Die emotionale Bindung ist wichtig und ich brauche auch das direkte Feedback und die Interaktion mit den Kindern“, sagt sie. Während es vermutlich noch dauern wird, bis Gruppen wie die Musikzwerge wieder zusammenkommen können, findet der Präsenzunterricht bei den meisten Instrumenten an der Kreismusikschule wieder statt. Wenn auch unter besonderen Voraussetzungen, die im Vorfeld viel Organisation erforderten, wie Musikschulleiter Markus Rothenberger berichtet.
„Im gesamten Gebäude herrscht eine Einbahnregelung und Lehrer und Schüler sind durch Trennwände voneinander abgeschirmt“, erzählt Rothenberger. Wenn die Schüler das Gebäude betreten, müssen sie sich zunächst die Hände desinfizieren. Nach dem Unterricht geht es über die Notfallfeuerleiter hinter dem Haus wieder raus, damit sich die Besucher nicht im Treppenhaus oder am Eingang begegnen. Zudem führt die Schule Anwesenheitslisten. So wäre eine Rückverfolgung im Falle einer Infektion unproblematisch. „Bei der Umsetzung der Maßnahmen wurden wir tatkräftig durch die Kreisverwaltung unterstützt“, lobt der Musikschulleiter. Und auch sein Sekretariat mit Judith Janoschka und Susanne Jakobs habe hervorragende Arbeit geleistet. „Die haben immer den Durchblick“, lobt er. So konnte die KMS Mitte Mai wieder mit dem Präsenzunterricht loslegen. Doch nicht alle nutzen diese Möglichkeit, einige Schüler werden nach wie vor via Internet unterrichtet.
Musik verbindet Menschen
Bereits Ende der ersten Woche nach Schließung der Schule am 16. März fragte Rothenberger im Kollegium nach Ideen, wie sich der Unterricht fortführen ließe. Nach einer dreiwöchigen Testphase, in der verschiedene Plattformen ausprobiert wurden, ging der Onlineunterricht los. Jacobs entschied sich daraufhin dafür, die Plattform Zoom zu nutzen, denn dort kann sie all ihre Schüler auch sehen. Gemeinsam musizieren klappt allerdings nicht besonders gut. „Dafür kommen die Töne zu zeitversetzt beim anderen an“, sagt sie. Auch, wenn sich nicht alle dazu bereit erklärten, der Großteil der Schüler ist online dabeigeblieben. Das freut Jacobs ganz besonders, denn gerade in Zeiten wie diesen sei das Miteinander wichtig. „Und die Musik, die verbindet Menschen miteinander trotz Corona“, sagt sie.