Große Freude in Hungenroth
Erfolgreicher Abschluss eines Millionenprojekts
Ein Neubaugebiet mit Kreisverkehr hat die Bus-Problematik in Hungenroth entschärft.
Michael Richter

Die Umstrukturierung des Öffentlichen Personennahverkehrs im Rhein-Hunsrück-Kreis hatte nicht nur Vorteile. Die Bürger in Hungenroth können ein Lied davon singen. Doch heute heißt es: „Ende gut, alles gut!“

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Ein öffentlicher Nahverkehr, der selbst die entlegenen Orte im Rhein-Hunsrück-Kreis im Zwei-Stunden-Takt anfährt, das hörte sich vor rund sechs Jahren zunächst einmal sehr gut an. Doch hatte der neue Busverkehr im Rhein-Hunsrück-Kreis Startprobleme – bei der Schülerbeförderung, aber auch beim normalen Linienverkehr. In Hungenroth hatten sich 16 Anlieger des „Südhangs“ zu einer Anliegerinitiative zusammengeschlossen und forderten einen Buswendeplatz. Unsere Zeitung hat nachgehakt, um zu erfahren, was daraus geworden ist.

Federführend war der frühere Ortsbürgermeister Udo Voell. „Wir sind nicht gegen den Zwei-Stunden-Takt“, hatte er seinerzeit betont. Ihn und seine Mitstreiter störte vor allem die Streckenführung. Denn mangels einer geeigneten Wendemöglichkeit fuhren die Busse – von der L 206 kommend – alle zwei Stunden durch die Straße „Südhang“ (Zone 30), um am Ende die Ortschaft wieder zu verlassen. Besonders ärgerlich: Oft waren die Busse nur mit wenigen oder gar keinen Fahrgästen besetzt, hatten Anlieger beobachtet. Folglich hatten die Anwohner ein Beschwerdeschreiben an den Ortsgemeinderat formuliert.

Die Busse halten jetzt an neuen Bushaltestellen.
Alex Wehr

Von Zumutung war darin die Rede, auch der Kindergarten- und Schulbusverkehr werde über den „Südhang“ abgewickelt. Straßenbelag und Unterbau der Straße würden dies nicht verkraften, und es sei zu befürchten, dass binnen kurzer Zeit die Straße erneuert werden müsse – was wiederum über den wiederkehrenden Beitrag vom gesamten Dorf zu bezahlen sei. Und im Winter sei mit weiteren Problemen zu rechnen, da die Straße an der Einfahrt im Ort recht steil ist. Auch die Anlieger selbst würden bei Winterglätte nur am Ortsausgang, wo das Gefälle nicht so groß ist, in den „Südhang“ abbiegen oder von dort die Straße auf die L206 verlassen. Die Busse des Busunternehmers, der vor dem Fahrplanwechsel die Strecke bediente, sind nicht durch den „Südhang“ gefahren, sondern hätten in der Einfahrt auf der L206 gewendet. Dies aber ist – streng genommen – ohne Einweiser nicht erlaubt.

Die Anlieger forderten damals, dass mit den Verantwortlichen des ÖPNV und dem Busunternehmen gesprochen und nach einer Lösung gesucht wird. Sie schlugen vor, auf der L206 einen provisorischen Wendeplatz einzurichten, denn auf der Landesstraße sei der regelmäßige Streudienst gewährleistet, was im „Südhang“ nicht der Fall gewesen ist. Ob die Gemeinde einen neuen Buswendeplatz erhalten werde, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Vertreter des Landesbetriebs Mobilität (LBM) hatten sich bereits ein Bild von der Lage gemacht. Ein solcher Wendeplatz in Form eines Kreisverkehrs wäre aber aus Bezuschussungsgründen bestenfalls mit der Ausweisung eines Neubaugebiets verbunden. Ob es dafür überhaupt einen Bedarf gibt, war 2019 noch nicht klar.

Wie hat sich die Geschichte weiterentwickelt? Das haben wir Ortsbürgermeister Alexander Wehr gefragt. Er gab gern Auskunft. „Die damalige Umstrukturierung des Öffentlichen Personennahverkehrs im Rhein-Hunsrück-Kreis zeigte in unserer Ortsgemeinde sofort Wirkung. Neben dem Busverkehr zum Kindergarten Karbach und zur Schülerbeförderung, erhöhte sich der Linienverkehr im Zwei-Stunden-Takt“, sagt er rückblickend. Das erhöhte Verkehrsaufkommen habe ein uraltes Problem plötzlich sichtbar gemacht: Es fehlte eine Wendemöglichkeit für Busse.

Nach der Kommunalwahl im Mai 2019 übernahm der neue gewählten Ortsgemeinderat die Dienstgeschäfte und setzte sofort entsprechende Prioritäten. Im Juli 2019 traf der Ortsgemeinderat einstimmig eine Grundsatzentscheidung. Damit wurde Ortsbürgermeister Alexander Wehr ermächtigt, Verhandlungen über den Ankauf von Grundstücken zu führen, um ein Neubaugebiet mit Kreisverkehrsplatz erschließen zu können. Nachdem die notwendigen Grundstücke angekauft waren, konnte das Bebauungsplanverfahren durchlaufen werden, es folgte die Erschließungsplanung.

„Es war klar, dass wir ein solches Millionenprojekt nur mit entsprechender Nachfrage starten können.“
Ortsbürgermeister Alexander Wehr im Rückblick

„Parallel dazu wurde eine enge Abstimmung mit dem Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz geführt, um den gewünschten Kreisverkehrsplatz als Zubringer für das Neubaugebiet auf der L206 zu realisieren“, berichtet der Ortsbürgermeister. Während der Planungsphasen mussten Interessenten für die Baugrundstücke gefunden werden. „Es war klar, dass wir ein solches Millionenprojekt nur mit entsprechender Nachfrage starten können“, erläutert Alexander Wehr. Gleichzeitig habe die Kommunalaufsicht gefordert, die Baulücken im Altbestand zu schließen, um einen echten Bedarf an Wohnraum aufzeigen zu können. „Das ganze Projekt wurde also zu einer echten Aufgabe“, erinnert sich Alexander Wehr.

Tatsächlich konnten einige in Privatbesitz befindliche Baulücken vermittelt und somit die Auflagen der Kreisverwaltung erfüllt werden. Zudem wuchs das Interesse an Baugrundstücken in Hungenroth. „Die naturnahe und touristisch interessante Lage sowie die gute Anbindung an die Autobahn bringen unsere Gemeinde in den Fokus so mancher Städter“, betont der Ortsbürgermeister. Das Ergebnis – vor der Covid-19-Pandemie – seien erstaunliche 20 verbindliche Reservierungen bei insgesamt 23 Baugrundstücken gewesen. Nach der Pandemie und der damit einhergehenden Zinskrise seien allerdings nur noch wenige Interessenten übrig geblieben. Dennoch wurde im Frühjahr 2023 mit den Bauarbeiten zur Erschließung gestartet, und im April 2024 gingen die Bauabnahme für den Kreisverkehrsplatz über die Bühne. „Seither fahren die Busse nicht mehr durch den steilen Südhang, sondern bleiben ausschließlich auf der L206 und halten an mittlerweile zwei Bushaltestellen in Hungenroth“, beschreibt Alexander Wehr den Istzustand.

Gute Zusammenarbeit der beteiligten Firmen und Behörden

Das Großprojekt hab nicht nur den Ortsgemeinderat gefordert, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger. „Durch die monatelange Straßensperrung zur Herstellung des Kreisverkehrsplatzes musste ein privater Pendelverkehr zur Beförderung der Schüler und Kindergartenkinder organisiert werden. Dazu kamen die wochenlangen Einschränkungen durch den parallelen Glasfaserausbau in unserer Gemeinde. Das war für viele eine belastende Situation“, sagt Wehr. „Rückblickend freuen wir uns sehr über das Erreichte. Dass wir den straffen Zeitplan tatsächlich geschafft haben, lag maßgeblich an der guten Zusammenarbeit der beteiligten Firmen und Behörden, denen ich hiermit nochmals meinen Dank aussprechen möchte“, sagt Ortsbürgermeister Wehr abschließend.

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