Restaurant mit guter Luft: Andreas Stüber setzt auf Medizintechnik
Einfallsreichtum in Zeiten von Corona: Pionierprojekt im Bacharacher Rheinhotel
Seit Wochen setzt Andreas Stüber (stehend, im Hintergrund) in seinem Bacharacher Restaurant ein Entkeimungsgerät ein, das die Aerosole in der Raumluft auflösen und Viren zerstören soll.
Volker Boch

Bacharach. Der erneute Lockdown für die Gastronomie hinterlässt Spuren. Auch bei denen, die sich für die feuchtkalten Monate gerüstet hatten – so wie Andreas Stüber vom Rheinhotel in Bacharach.

Bereits seit Monaten setzt Stüber konsequent die Vorgaben des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) um. „Für uns war das nie eine Frage“, sagt Stüber. Mit dem Einsatz eines Entkeimungsgerätes betrat er zudem Neuland in der Gastronomie.

Der erste Lockdown hat auch Stüber im Frühjahr hart erwischt, nachdem er gerade erst eine Woche lang nach der Winterpause wieder geöffnet hatte. Er war bereit, mit seinem Team in die wichtige Frühjahrssaison zu starten. Dann war Schluss. Aber er nutzte die Schließungszeit auch dazu, um ein effektives Konzept für seine Gäste und seine Mitarbeiter zu entwickeln. Als er wieder öffnen durfte, standen auf jedem Tisch Desinfektionsmittel, jede Speisekarte war digital per Smartphone-Code ablesbar, die Kontaktnachverfolgung wurde digitalisiert, die Kundenströme gezielt kanalisiert. Plexiglas wurde für Stüber zu einem alltäglichen Werkstoff. „Mir war klar, dass es nicht anders gehen wird“, sagt er. Den gesamten Sommer über profitierten die Besucher vor allem auch von der Terrasse des Hauses, auf der sich mit Abstand ein gutes Essen bei einem Blick auf den Rhein genießen ließ. „Die Gäste haben sich bei uns wohl und auch sicher gefühlt“, sagt Stüber. In den vergangenen Monaten ist er auch zu einem Experten in Sachen Infektionsschutz geworden.

Ende August investierte der Bacharacher Welterbe-Gastgeber in ein Segment, an das er zuvor nie gedacht hätte. Bei einem Hersteller professioneller Medizinprodukte bestellte Stüber ein sogenanntes Entkeimungsgerät. Ein solches Gerät, das üblicherweise in Operationssälen und vor allem im medizinischen Umfeld eingesetzt wird, dient dazu, Aerosole in der Raumluft aufzulösen und in kürzester Zeit alle in diesen Aerosolen enthaltenen Viren zu zerstören. Als Stüber das Gerät im Spätsommer bestellte, war es bald verfügbar – wer derzeit ein Entkeimungsgerät ordern möchte, muss warten. Denn laut Internetseite des Herstellers werden Geräte wie jenes, das Stüber verwendet, „jetzt von den Gesundheitsämtern und Behörden zum Schutz des Personals in den Covid-19-Testzentren/Abstrich-Stationen eingesetzt“.

Stüber hat sich in den vergangenen Monaten intensiv mit dem Thema Aerosole auseinandergesetzt. „Ich wollte einfach für die Phase gerüstet sein, wenn unsere Gäste nicht mehr draußen an der frischen Luft sitzen können“, sagt er. „Auch drinnen im Restaurant sollten sie sich genauso sicher und wohlfühlen wie draußen und weiter mit Freude zum Essen kommen.“ Die Erfahrungen der vergangenen Wochen zeigen: Das Konzept funktionierte.

Stüber investierte einen vierstelligen Betrag in die technische Ausstattung, um die Aerosole gezielt aufzulösen, die im Restaurant entstehen könnten. Neben dem lange eingeführten hygienischen Konzept, den Abständen und einer klaren inneren Haltung wurde das Entkeimungsgerät fester Bestandteil im Restaurant. Die Steuerung der Technik war rasch vertraut, die „Luftreinigung“ lief zuverlässig.

Auch wenn der Lockdown und das dadurch ausfallende Novembergeschäft die Investition Stübers torpediert, blickt er rational auf die aktuelle Situation. „Im Frühjahr hat das Angebot einer Ausfallzahlung gefehlt“, sagt er. „Wenn es jetzt bei den angekündigten 75 Prozent bleibt, dann hilft das vielen gebeutelten Betrieben enorm weiter. Wir müssen einfach schauen, was im Dezember passiert.“ In den vergangenen Tagen, erläutert er weiter, waren die Buchungen für Tische und besonders für Hotelzimmer bereits stark rückläufig, weil die Gäste nicht mehr frei von Sorgen waren. Auch wenn er weiß, dass die Feiern vor Weihnachten und das Gänseessen vieler Familien fehlen werden, richtet er den Blick nun nach vorn. Ab kommender Woche Donnerstag gibt es Gerichte zum Abholen, darunter die „Freilandgans to go“ oder auch ein Fischeintopf portugiesischer Art, der sich im Sommer als Novum auf der Karte gut etabliert hat.

„Die Aufregung unter allen Gastronomen ist im Moment riesig“, sagt Stüber. „Es ist einfach ein katastrophales Jahr, immer wieder ging es auf und ab.“ Er hofft darauf, dass es für alle Kollegen bald wieder Gelegenheit gibt, um Luft zu holen – nicht nur dank eines Entkeimungsgerätes. Volker Boch

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