Gegenüber den Beamten der Polizeiinspektion Simmern verhält er sich eher ruhig – vorerst. So erfahren sie, dass er in Deutschland auf Jobsuche ist und vor Kurzem seine Mutter verloren hat. „Wir haben einen richtig kleinen Small Talk geführt“, so die Frau. Als er dem Platzverweis der Polizisten nicht nachkommt, kippt die Situation. Nach einem heftigen Gerangel gelingt es ihnen, den 53-Jährigen im Polizeiwagen anzuschnallen und zu fixieren, sodass er sich nicht mehr bewegen kann – denken die Beamten zumindest. „Ich habe das Auto gefahren und irgendwann mitbekommen, dass hinten etwas im Argen ist“, erinnert sich die Polizistin. Der Angeklagte soll gebrüllt und dem Kollegen gesagt haben: „Ich finde deinen Todesplatz.“ Danach spürte sie einen Tritt gegen ihre rechte Flanke. „Ich bin mit voller Wucht gegen das Steuer geknallt“, erzählt sie. Daraufhin will der Vorsitzende Richter Matthias Teriet von der Zeugin wissen, wie schnell sie mit dem Auto unterwegs gewesen ist. „Ich bin 70 Kilometer pro Stunde auf der B 9 Richtung Polizeiinspektion Boppard gefahren“, antwortet sie und ergänzt: „Ich habe eine Vollbremsung hingelegt, das Blaulicht sowie die Warnblinkanlage eingeschaltet.“ Danach sei sie ihrem Kollegen auf dem Rücksitz zur Hilfe geeilt, um den festgenommenen Mann wieder zu fixieren. Sie hätten „Mühe und Not“ gehabt, erinnert sich die Polizistin. Als Teriet nach der Intention des Tritts fragt – es könnte sich schließlich um einen Fluchtversuch gehandelt haben – sagt sie lediglich: „Ich weiß nicht, was der Gedanke dahinter war. Ich kann es Ihnen wirklich nicht sagen.“
Auch ein dritter Kollege, der als Zeuge aussagt, untermauert die Aussagen seiner Kollegin. Zudem betont er, wie schwer es gewesen sei, den Angeklagten in den Wagen, aus dem Wagen und in die Zelle zu bekommen. „Wir mussten ihn tragen, da er sich so schwer gemacht hat“, erzählt er. Zwar entschuldigt sich der 53-Jährige bei den Polizisten für seine Ausbrüche, doch der Staatsanwalt sieht es als erwiesen an, dass der Mann sich den Beamten widersetzt, sie beleidigt, bedroht, verletzt und auf gefährliche Weise in den Straßenverkehr eingegriffen hat.
Er fordert zwei Jahre Haft. Zu diesem Strafmaß will sich der Verteidiger des Angeklagten nicht äußern, hebt aber hervor, dass es mit ein bisschen mehr Spitzengefühl, nicht zu der Eskalation gekommen wäre und appelliert an dieser Stelle dafür, seinem Mandaten noch mal eine Chance zu geben.
Das Schöffengericht sieht es jedoch als erwiesen an, dass der Obdachlose schuldig ist und verurteilt ihn zu einem Jahr und zehn Monaten Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.