Finnkiosk bietet auf 25 Quadratmetern jede Menge Spezialitäten aus dem hohen Norden
Ein Stück Finnland mitten in Werlau: Finnkiosk bietet auf 25 Quadratmetern jede Menge Spezialitäten aus dem hohen Norden
Die Liebe zu dem skandinavischen Land setzt sich auch im Garten der Oelschlägers fort: Dort bauen sie eine Finnkota, eine urige, typisch finnische Grillhütte, die später – wenn alles fertig ist und die Corona-Infektionslage es wieder zulässt, – auch an Gruppen vermietet werden kann.
Denise Bergfeld

Werlau. Wer auf der Fahrt an den Mittelrhein mit dem Auto den St. Goarer Stadtteil Werlau durchquert, dem dürfte das ein oder andere Mal ein Schild aufgefallen sein. Gut sichtbar ist es nahe der Rheingoldstraße angebracht und weist mit blauen Lettern den Weg zum Finnkiosk. Was ein Finnkiosk ist? Manch einer könnte vielleicht schon aus Neugier kurz abgebogen sein. Wer die Zeit nicht hat, um selbst nachzusehen, wird aber auch über eine Internetrecherche fündig.

In Werlau mit seinen rund 820 Einwohnern betreibt Thomas Oelschläger mit dem Finnkiosk seit rund zwei Jahren ein Geschäft für finnische Spezialitäten. Für in Deutschland lebende Finnen ist es ein Stück Heimat in der Fremde. Für Einheimische eher eine Ansammlung außergewöhnlicher Lebensmittel und Haushaltswaren. Auch Saunazubehör und Souvenirs finden sich dort auf 25 Quadratemetern – von geräucherten Elchwürsten über finnisches Lakritz bis hin zu Kaffee, Brot, Zimtschnecken, Schokolade und Aufgussdüften. Auch Spirituosen und Bier aus dem hohen Norden sind im Sortiment. Der finnische Alkohol ist im Finnkiosk sogar günstiger als in Finnland selbst, denn dort wird dieser noch mal kräftig besteuert.

Was aber gab den Anlass, dass sich ein Geschäft für Spezialitäten aus Nordeuropa auf den Rheinhöhen niedergelassen hat? Eine Prise Zufall und die passende Immobilie: Aus dem Speckgürtel von Frankfurt kommend suchten Thomas und sein Lebenspartner Johannes Oelschläger, der gebürtig aus Finnland stammt, vor zwei Jahren ein Haus, das Geschäft und private Wohnräume vereint. Dabei entdeckten sie die frühere Werlauer Bäckerei. „Ich wusste bis dahin gar nicht, dass es Werlau überhaupt gibt“, sagt Thomas Oelschläger und lacht.

Sachsenhausener finden eine neue Heimat auf den Rheinhöhen

28 Jahre lang hatte er in Frankfurt-Sachsenhausen gelebt, Finnland vor vielen Jahren für sich entdeckt, als er in Skandinavien Urlaub machte, ans Nordkap reiste und dann über Finnland die Rückfahrt antrat. Land und Leute haben den 53-Jährigen bis heute nicht losgelassen. Angetan von der Kultur und Sprache besuchte er einen Finnischkurs an der Volkshochschule. Fließend Finnisch spricht er heute zwar nicht, diesen Part übernimmt sein Partner. „Ich komme zurecht mit meinen Waren“, sagt Thomas Oelschläger. Dafür reiche es.

Auch der Finnkiosk war zuvor in dem Frankfurter Stadtteil beheimatet. Ihre Geschäftsidee hatten die Oelschlägers vor mehr als zehn Jahren. Angefangen hatte alles mit einem Reisebüro. „Finnland hatte damals die finnische Zentrale für Tourismus in Frankfurt geschlossen und den Auftritt ins Internet verlagert“, berichtet Thomas Oelschläger. Sein Partner arbeitete damals bei einer Tochtergesellschaft, die sich auf Geschäftskunden spezialisiert hatte.

Gemeinsam mit seiner Chefin und einem weiteren Mitarbeiter machte sich Johannes Oelschläger selbstständig, um mit der Suomi Travel GmbH auf eigene Faust Reisen nach Finnland zu organisieren. „Ich habe ihm geholfen, das Geschäft aufzubauen“, sagt Thomas Oelschläger. Das war 2008/2009. Zunächst in einer Bürogemeinschaft. Dann wurde ein Ladenlokal in Sachsenhausen frei. Doch das Lokal war zu groß, um dort nur einen Reiseveranstalter unterzubringen. Da in der Vergangenheit aber wiederholt Reisekunden gefragt hatten, ob Johannes Oelschläger nicht finnische Waren besorgen könnte, richteten sie in Sachsenhausen ihr erstes finnisches Spezialitätengeschäft ein.

Als sie durch das wachsende Online-Geschäft mit der Suomi Travel GmbH nicht mehr auf Laufkundschaft angewiesen waren und eine Mietpreiserhöhung drohte, gaben sie den Laden wieder auf. Die Reisen verkauften sich bereits zu 80 Prozent online, auch die finnischen Spezialitäten erhielten nun einen virtuellen Verkaufsraum. Bei sich daheim bauten die Oelschlägers einen kleinen Schuppen aus. „Da ist auch der Name Finnkiosk entstanden“, sagt Thomas Oelschläger. Denn die Verkaufsfläche war nur rund fünf Quadratmeter groß.

Bei der alten Bäckerei passte einfach alles für die Finnlandliebhaber

Ihr früheres Wohnhaus in Sachsenhausen hätten die Oelschlägers gern gekauft und für ihre Zwecke umgebaut, konnten sich mit der Vermieterin aber nicht über den Preis einigen. „Die hatte Fantasien, die nicht so gepasst haben“, sagt Thomas Oelschläger. „Wir haben dann die Kreise immer weiter gezogen, uns sehr viel angeschaut, auch Richtung Kassel und Idar-Oberstein“, berichtet der 53-Jährige. Bis sie auf die alte Bäckerei stießen, wo alles passte. Ein kleiner Laden mit genügend Lager- und Wohnraum. Um seine finnische Spezialitäten anzubieten, muss Thomas Oelschläger nicht ins Ballungsgebiet – denn Laufkundschaft hat er so gut wie keine. 80 Prozent der Verkäufe erfolgen online, wie er sagt. Alle anderen Kunden würden gezielt den Weg ins Geschäft suchen und dafür auch weite Wege auf sich nehmen. „Jetzt im Lockdown sogar noch viel mehr als zuvor, denn jetzt haben sie mehr Zeit. Manche kommen auch zwei Stunden hierhergefahren“, berichtet Oelschläger. Viele aus dem Rhein-Main-Gebiet, aber auch Wuppertaler und Remscheider waren kürzlich in Werlau zu Gast. Auch Einheimische kaufen hin und wieder im Finnkiosk ein.

Parallel läuft das Internetgeschäft mit den finnischen Waren. Über diesen Weg bestellen sowohl Finnen als auch Finnlandliebhaber. Durch die Pandemie ist zwar das Reisegeschäft eingebrochen, der Warenverkauf aber in die Höhe geschnellt. Vor allem die Bestellungen der in Deutschland lebenden Finnen haben zugenommen.

„Normalerweise haben wir im Sommer ein leichtes Sommerloch. Da fliegen die Finnen nach Hause und bringen sich ihre Waren mit. Das war im vergangenen Sommer nicht möglich. Da haben gekauft, die vorher noch nie etwas bei uns bestellt haben, und wir kamen kaum noch hinterher“, sagt Thomas Oelschläger. Vor allem finnisches Roggenbrot ist gefragt. Es wird tiefgekühlt in Werlau angeliefert und taut auf, während es der Paketbote zum Kunden bringt. Auch finnische Süßwaren und Schokolade verkaufen sich gut.

Finnischer Glühwein verbindet: Zum „Glögy-Basar“ kam der halbe Ort

In Werlau wurden Thomas Oelschläger und sein Lebenspartner herzlich aufgenommen. Als sie im Dezember 2019 dann einen „Glögy-Basar“ mit finnischem Glühwein organisierten, kam der halbe Ort: „Mehr als 300 Leute waren da.“ Eine Wiederholung war durch Corona zwar noch nicht möglich. „Wir hoffen aber auf den kommenden Dezember“, sagt Thomas Oelschläger.

Derweil arbeiten er und sein Lebenspartner an einem neuen Projekt. In ihrem Garten entsteht eine Finnkota, eine achteckige, urige und typisch finnische Holzhütte mit einem Grill in der Mitte, einer Raumabzugsanlage und Platz für bis zu 20 Menschen. Genutzt werden soll sie nicht nur für eigene Zwecke. Sie soll künftig auch für Events zur Verfügung stehen und von Vereinen oder Wandergruppen gemietet werden können – wenn die Pandemie im Griff ist und Gruppentreffen wieder möglich sind.

Mehr Infos gibt es unter www.finnkiosk.de

Von unserer Redakteurin

Denise Bergfeld

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