Dort. in der Bäckerei Tanne – backt er deutsche Weihnachtsspezialitäten wie Stollen oder Lebkuchen.
Doch die Corona-Pandemie hat das Reisen erschwert. Und so dreht der Bäckermeister jetzt den Tortenheber um und bringt ein Stück Japan nach St. Goar. Besser gesagt: eine Fruchtschnitte – eine Kombination von Brot, Früchten und einer Creme aus Sahne und Quark.
Vier Mal ist Dennis Schürmann bereits zwischen Japan und dem Mittelrhein gependelt. Zwischen pulsierender Millionenmetropole und beschaulicher Kleinstadt im Welterbe Oberes Mittelrheintal. Noch ist für den jungen Bäckermeister nicht absehbar, wann er das nächste Mal in das Land der aufgehenden Sonne einreisen darf, um dort zu arbeiten. Und so holt er nun ein Stückchen Tokio an den Mittelrhein.
Seit Mitte Juni backt Dennis Schürmann neben den üblichen deutschen Spezialitäten also auch japanische Fruchtschnitten. An diesem Vormittag gibt es sie mit Erdbeeren. Aber auch mit Kiwi oder Orange hat er sie schon zubereitet. In Tokio sind die Fruchtschnitten so beliebt, dass die Japaner bis zu einer Stunde Wartezeit in Kauf nehmen, wenn sie sich in eine Warteschlange vor einer Verkaufsstelle einreihen, berichtet der 30-Jährige.
Was als Backwerk auf den ersten Blick gar nicht so außergewöhnlich anmutet, ist tatsächlich eine landestypische Spezialität. „Die Japaner machen das schon seit Jahrhunderten so. 2020 haben sie das Früchtesandwich noch mal neu aufgelegt mit dieser Creme dazwischen“, erzählt der 30-Jährige, dessen letzter Tokio-Aufenthalt ab Oktober 2019 aufgrund der Pandemie länger als geplant verlief: „Eigentlich wollte ich bis April 2020 bleiben. Der Rückflug hat sich dann aber bis August hinausgezögert“, sagt der 30-Jährige. Da wegen der Corona-Pandemie keine Flüge angeboten wurden, musste der Bäckermeister seinen Japanaufenthalt entgegen der ursprünglichen Planung also um vier weitere Monate verlängern.
„Das war jetzt nicht so schlecht“, berichtet der Bäckermeister und lacht. Er arbeitete etwas länger in der Tokioter Bäckerei und lernte in dieser Zeit seine Frau kennen. Im August erwartet das Paar Nachwuchs. Ob Dennis Schürmann und seine Frau auf Dauer in Tokio oder Deutschland sesshaft werden wollen, wissen sie noch nicht. Corona hat die Lebensplanung komplizierter gemacht. „Ich habe das Angebot bekommen, die Bäckerei in Japan zu übernehmen“, sagt der Bäckermeister. Dann könnte er mit seiner Familie für längere Zeit in Japan bleiben. Ein Geschäftsmodell mit Zukunft für ihn. Denn in Tokio mit seinen knapp 14 Millionen Einwohnern gibt es laut Schürmann nur eine Handvoll deutscher Bäckereien. „Aber noch ist unklar, ob das wegen Corona überhaupt so schnell möglich ist.“
Vorstellbar wäre für ihn aber auch, mit seiner Familie in Deutschland zu bleiben. „Ich hatte den Plan, hier eine Bäckerei aufzumachen“, berichtet Schürmann. „Das hat aber nicht geklappt. Es sind nicht genug Kunden hier in der Nähe.“ Die Bank stufte das Vorhaben zwar als interessant, aber zu risikoreich ein. Auch an diesem Vormittag sind in der St. Goarer Fußgängerzone die Geschäfte geöffnet, aber es herrscht kaum Betrieb. Die Stadt und ihre Gewerbetreibenden leben vom Tourismus. „Aber wenn der nicht da ist, wird es schwieriger. Die Stadt ist von Chinesen, Japanern, Engländern und allen anderen Ländern abhängig“, betont der Bäckermeister.
In der Krise aber ist Kreativität gefragt. Der im Café St. Goar angestellte Bäckermeister hatte angeregt, dass sich die japanischen Fruchtschnitten auch in Deutschland perfekt für ein sommerliches Picknick eignen. So versucht er nun, die japanischen Backwaren den St. Goarern schmackhaft zu machen. Ob das gelingen kann, muss sich noch zeigen. Die japanischen Backspezialitäten seien insgesamt sehr Weißmehl geprägt. Ob das in Deutschland gut ankommt, vermag Dennis Schürmann nicht zu sagen. Aber er hat schon weitere typisch japanische Backideen für das Café St. Goar, die er gern noch ausprobieren möchte.
Eine Weile wird er dem Mittelrheintal wohl auch noch erhalten bleiben. „Ich bin gerade erst wieder nach Boppard gezogen“, sagt Dennis Schürmann. Nun plant er, zunächst einmal noch ein oder zwei Jahre dort zu bleiben, bis er sich dann endgültig mit seiner Familie entscheiden muss: Für das dauerhafte Leben in einer der beiden Welten, zwischen denen er bisher immer gependelt ist.