Reise ins Mittelalter
Dill bietet perfekte Kulisse für Ritter und Edeldamen
Die Hauptstraße von Dill ist während des Fests für den Verkehr gesperrt. So kann das lustige Treiben auch "Auf der Linde", wie die Diller den Platz vor dem ältesten Haus im Dorf nennen, stattfinden.
Matthias Heidecker

Nach dem Erfolg vor zwei Jahren wird Dill in diesem Jahr eine zweite Auflage wagen: Von 20. bis 22. Juni können Interessierte dort in das Jahr 1310 eintauchen. Neben einem Ritterturnier gibt es auch einen Markt in den pittoresken Gassen des Dorfs.

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Seit Wochen und Monaten wird in Dill diskutiert, geplant, gewerkelt. Spätestens wenn es losgeht mit dem historischen Ritterturnier samt Lager und Markt, ist das ganze Dorf auf den Beinen. Von Freitag bis Sonntag, 20. bis 22. Juni, sorgt der Freundeskreis der Burg Dill gemeinsam mit unzähligen Helfern für eine besondere Atmosphäre in den pittoresken Gassen rund um die Burg. Während die einen das Angebot der Marktstände durchstöbern, tauchen die anderen im Lager ganz tief in das Leben rund um das Jahr 1310 ein.

Passend zur Geschichte des Dorfs mit seiner Burg – sie war eine wichtige Stammburg der Sponheimer Grafen – werden sich auf einer Wiese am Ortsrand zwei Lager bilden. Simon und Johann von Sponheim schlagen dort mitsamt ihrem Gefolge ihre Zelte auf. Bei einem solchen Gelage darf natürlich auch ein Turnier nicht fehlen. Wie bei der ersten Auflage 2023 messen sich die Ritter auch in diesem Jahr wieder in den Disziplinen Anderthalbhänder, Helmzierschlagen, Schwert Schild und Bogenschießen. „Das alles sind Kämpfe für Ritter, da muss es scheppern“, sagt Matthias Heidecker, Hauptinitiator der Veranstaltung und Mitglied im Freundeskreis. „Um da mitzumachen, braucht es also eine gewisse Ausstattung“, sagt er.

Die Disziplin Helmzierschlagen steht auch in diesem Jahr wieder auf dem Programm beim Ritterturnier in Dill.
Christine Klein

Damit in diesem Jahr aber auch „Nichtgerüstete“ zum Zuge kommen, wird es eine Spezialdisziplin geben: den Bruchenball. Das Ballspiel wird traditionell mit einem mit Tannenzapfen gefüllten Leinensack gespielt, der mindestens 20 Kilo schwer sein soll. Derzeit werde außerdem noch über einen Lagerküchen- und einen Bardenwettbewerb nachgedacht, berichtet Heidecker. „So wollen wir versuchen, eben nicht nur Rittern, sondern dem ganzen Lager eine Bühne zu geben“, sagt er. Das genaue Programm aber stehe noch nicht ganz fest.

Ein besonderer Höhepunkt ist es, wenn die Lagernden ihren Rundgang über den Markt in den Gassen des Dorfs machen.
Matthias Heidecker

Neben den Turnieren laden die Lagernden die Besucher auch dazu ein, einen Blick nicht hinter, sondern in die Kulissen zu werfen. Wie wurde im Mittelalter gekocht? Wo geschlafen? Und was trägt ein Ritter eigentlich unter der Rüstung? „Den Aktiven im Lager ist es wichtig, dass es für die Besucher offensteht, dass sie reinschauen und Fragen stellen“, sagt Heidecker. „Und das ist hochinteressant“, wirft Mitstreiter Uwe Jost ein. „Die machen das sehr authentisch und bleiben dabei immer in ihrer Rolle“, sagt er. Ein besonderer Höhepunkt des Wochenendes ist für die beiden, wenn die Grafen mit ihrem Gefolge vom Lager aus über den Markt im Dorf ziehen (geplant für Samstag, 10.30 Uhr). „Toll ist auch, wenn sie am Sonntagmorgen gewandet in die Kirche einziehen“, sagt Jost. Geschlechtergetrennt besuchen dann Herold, Graf, ein „Pfaff“ und andere Darsteller den Gottesdienst um 10 Uhr, den die Musikerin Regilau mit der Harfe begleitet.

„Sie spielt nicht nur dort, sondern ist auch im Dorf auf dem Markt unterwegs“, sagt Jost. Finanziert wird ihre Musikdarbietung daher nicht nur vom Freundeskreis, sondern auch von der Kirchengemeinde. Außerdem sorgen die Spielleut Ranunculus aus Dörscheid für musikalische, wie auch für optische mittelalterliche Genüsse. Hinrich, der Hofnarr wird große und kleine Gäste zum Lachen bringen.

Das mittelalterliche Treiben wäre natürlich nur halb so authentisch, gäbe es die Burganlage hoch über den Gassen des Dorfs nicht. Und die ist – im Gegensatz zur Erstauflage 2023 – in diesem Jahr frei zugänglich. Damals diente sie lediglich als Hintergrundkulisse, denn es fehlte ein zweiter Rettungsweg und die Anzahl der Burgbesucher war bei Veranstaltungen dadurch auf lediglich 100 Personen begrenzt. Der Rettungsweg ist mittlerweile gebaut, sodass die Burg in das Marktgeschehen eingebunden werden kann. „Es wird ein Rundgang vom Lager über die Kirche und die Burg zu den Gassen ,Zur Burg’ und Backesweg und zurück ausgeschildert sein“, sagt Heidecker. Zudem wird der Freundeskreis Lagepläne ausdrucken und verteilen. Die Hauptstraße wird ab Ortseingang aus Richtung Dillendorf kommend bis zur Bushaltestelle für den Verkehr gesperrt sein.

Dass das 200-Seelendorf ein solches Fest auf die Beine stellt, hängt unmittelbar mit der Burganlage zusammen. Als die Gemeinde die Ruine mithilfe der Verbandsgemeinde Kirchberg kaufen konnte, gründete sich der Freundeskreis Burg Dill. „Der Verein dreht sich also nur um die Burg“, sagt Heidecker – und damit um ihren zuweilen kostspieligen Erhalt. Den Anstoß, ein Turnier zu veranstalten, habe ein Kontakt zu der „Gruppe von Sponheim“ gegeben. „Wir haben die Darbietung, ihr habt die Burg“, mit diesen Worten sei die Gruppe damals auf das Dorf zugegangen. So wurden erste Gespräche geführt und ein erstes Lager am Bach in Dill aufgeschlagen. „So konnten wir das Lager besser kennenlernen und den Kontakt intensivieren“, sagt Heidecker.

Beim Turnier scheppert es gewaltig, die Ausstattung der Ritter ist authentisch.
Christine Klein

Wenn die Sponheimer im Juni ihr Lager in Dill aufschlagen, finden sich Mittelalterfans aus ganz Deutschland und dem angrenzenden Ausland im Hunsrück ein. „Es sind immer viele Schweizer dabei“, weiß Heidecker. Das liege vor allem daran, dass die Sponheimer die Zeit, in der ihr Lager spielt, sehr eng eingrenzen. „Sie sind da wirklich streng, Wikinger, Kobolde oder Elfen zum Beispiel sind nicht erlaubt“, sagt er. Dass das Bild dadurch sehr stimmig ist, merke auch der Laie, ist er sicher. „Auch der Freundeskreis hat versucht, sich daran zu halten“, ergänzt Jost. So wurden für den Markt etwa Baldachine gekauft, um auf moderne Schirme verzichten zu können. Ausnahmen gibt es aber doch, denn während es in den Lagerküchen keine Kartoffeln gibt – sie kamen erst im 16. Jahrhundert nach Deutschland –, bietet der Freundeskreis im Dorf „Gequellte“ mit Quark an. „Auch Torten und Reibekuchen wird es geben“, sagt Jost.

Heidecker und Jost sind dankbar, dass das ganze Dorf mitmacht, „So etwas geht nur mit allen Dorfbewohnern“, sagt Heidecker, etwa 90 Prozent der Bewohner seien im Boot. „Die Akzeptanz bei der ersten Auflage war wirklich genial“, ergänzt Jost. Die Frauen hätten etwa wochenlang Wimpelketten genäht, das ganze Dorf ist mit den Sponheimer Fahnen geschmückt. Wer mehr über die Geschichte von Dorf und Burg erfahren will, kann am Wochenende des Ritterturniers den Zeitstrahl am neuen Treppenaufgang und die illustrierten Tafeln an den vier Podesten in Augenschein nehmen. Zudem gibt es in der Kirche einen QR-Code, weitere Infos liefert die Internetseite der Gemeinde. Führungen wird es am Festwochenende nicht geben, die sind jedoch das ganze Jahr über auf Anfrage möglich.

Weitere Infos zum Ritterturnier gibt es unter www.historisches-treiben.dill-hunsrueck.de, Infos zum Dorf gibt es unter www.dill-hunsrueck.de

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