Bewohner und Besucher sind zum Großteil geimpft - Wechsel in der Einrichtungsleitung von Corona geprägt
Die meisten Bewohner sind geimpft: Bethesda wartet auf Lockerungen für psychisch Erkrankte
Stefan Feld (von links) ist in die Geschäftsführung gewechselt und hat die Leitung des Haus Bethesda an Alexandra Flöck und des Gemeindepsychiatrischen Zentrums an Christian Külzer übergeben. Foto: Philipp Lauer
Philipp Lauer

Boppard. Bei Bethesda St. Martin in Boppard hat es einen Wechsel in der Einrichtungsleitung gegeben. Bereits gegen Ende des vergangenen Jahres übernahm Alexandra Flöck die Einrichtungsleitung des Hauses Bethesda, Christian Külzer leitet seitdem das Gemeindepsychiatrische Zentrum (GPZ). Zuvor waren die beiden bereits als Stellvertreter tätig für den bisherigen Leiter der beiden Einrichtungen, Stefan Feld, der die Geschäftsführung der gemeinnützigen GmbH Bethesda St. Martin und der BEST gGmbH Alexandra übernommen hat.

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Alexandra Flöck ist 43 Jahre alt und arbeitet seit 17 Jahren bei Bethesda St. Martin. Die Diplom-Sozialarbeiterin ist Personenzentrierte Beraterin (GWG) und hat eine Zusatzausbildung als Supervisorin. Insgesamt bietet Haus Bethesda 99 Plätze für psychisch Erkrankte in besonderer Wohnform und eigenständigen Wohnungen an. Christian Külzer ist 47 Jahre alt und arbeitet seit 12 Jahren bei der Stiftung. Er ist Fachkrankenpfleger Psychiatrie, Pflegedienstleiter und Deeskalationstrainer. Zudem bietet er intern Fortbildungen zum verantwortungsvollen Umgang mit Psychopharmaka an, worauf man bei Bethesda großen Wert legt. Der ambulante Dienst des GPZ betreut aktuell 132 Menschen, angegliedert ist ein Pflegedienst, eine Tagesstätte für 23 Besucher und ein offener Treff.

Die erste Zeit in den neuen Positionen war für Feld, Flöck und Külzer sehr geprägt von den Auswirkungen der Coronapandemie. Vieles falle weg, wie etwa die Arbeit in Gremien und die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen. Sehr dankbar ist die Leitung dafür, dass es trotz der Umstände gut gelungen sei, alle Mitarbeiter und Bewohner an Bord zu halten. „In dieser Zeit haben die von uns begleiteten Menschen noch weniger Kontakte. Bei den Tagesangeboten müssen wir Abstand halten und die Gruppen reduzieren“, sagt Külzer. Insgesamt verzeichne man steigende Nachfrage bei den ambulanten Diensten sowie bei den Plätzen in der besonderen Wohnform. „Und die steigenden Zahlen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie werden sich später wahrscheinlich auch im Erwachsenenbereich niederschlagen“, sagt Feld.

Solange die Infektionszahlen sehr hoch waren, sei man sehr angespannt gewesen, habe Angst vor einer Ausbreitung des Coronavirus in den Einrichtungen gehabt. „So langsam entspannt es sich“, sagt Flöck. Die Bewohner und Besucher der Einrichtungen zählen zu dem vulnerablen Personenkreis in Gemeinschaftseinrichtungen, viele sind bereits einmal, einige bereits zweimal geimpft. Auch für sie gelten weiterhin strenge Auflagen. So müsse in den Außenwohngruppen in den Gemeinschaftsräumen die Maskenpflicht beachtet werden, was das Zusammenleben im Alltag schwer beeinträchtige. Voraussichtlich bis Anfang Juli werden die Menschen in den Einrichtungen der Stiftung Bethesda vollständig geimpft sein. Aktuell dränge die Frage bei Mitarbeitern und Klienten, wann in der Behindertenhilfe Lockerungen in Aussicht kommen, wie es sie in der Altenhilfe gibt. „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass für sie die gleichen Rechte gelten“, sagt Flöck.

Aktuell gebe es erste Planungen für gemeinsame Freizeiten im Herbst. „Es sehnen sich alle nach mehr Normalität und dazu gehören auch Ausflüge.“ Auch das Café fehlt vielen als Treffpunkt, Feste wie das Sommer- oder Weihnachtsfest sowie die Begegnungstage mit den Angehörigen mussten ausfallen. Die Einschränkungen bei den Tagesstrukturangeboten brachte für viele Bewohner die gewohnte Struktur durcheinander. Dies habe man mit verstärkter Einzelbegleitung und alternativen Angeboten aufgefangen. „Das macht die Arbeit schwieriger“, sagt Külzer, „der Großteil kommt damit aber gut klar“, ergänzt Flöck. Zumindest sei Besuch mit Anmeldung möglich. Steigt jedoch der Inzidenzwert im Kreis über den landesweiten Wert, müsse der Besuch wieder getestet werden. Für die Impfungen und Tests in den Einrichtungen habe die Stiftung schon früh eine Strategie entwickelt und Tests beschafft. „Das hat allen eine gewisse Sicherheit gegeben“, sagt Feld. Aus Fürsorge habe man viele Entscheidungen getroffen, die schwer gefallen sind, wie etwa die Arbeit in Bewohnerbeiräten auszusetzen. „Wir freuen uns darauf, dass das hoffentlich bald wieder möglich wird.“

Gerade in diesen turbulenten Zeiten zeige sich, dass sich die Fachrichtungen der beiden neuen Einrichtungsleiter gut ergänzen, sagt ihr Vorgänger. „Und ihre Berufe haben beide von der Pike auf gelernt.“ Beide vertreten sich in ihren Positionen gegenseitig. „Wir wollen eng zusammenarbeiten“, sagt Flöck im Gespräch mit unserer Zeitung. „Dadurch können wir eine Schnittstelle für psychisch kranke Menschen schaffen“, sagt Feld. „Früher waren die beiden Bereiche sehr getrennt, das hatte auch Gründe in der Führungsstruktur. Wir haben schon früh versucht, offener zu arbeiten.“

Im Bundesteilhabegesetz sehe man Chancen, dass diese offenere Arbeit nun auch besser finanziert werden kann. Aktuell werde der Landesrahmenvertrag noch zwischen Land und Kommunen verhandelt. „Es gibt erste Zeichen, dass die Angebote durchlässiger und niederschwelliger werden“, sagt Külzer. Denn es wäre wünschenswert, dass die besonderen Wohnformen und der ambulante Bereich ein Netzwerk bilden könnten und mehr gemeinsam gesehen würden, sagt Flöck. Als Beispiel für eine gute Zusammenarbeit beschreibt sie die Situation eines betreuten Menschen mit Ängsten. Er habe in der Vergangenheit bei Angstzuständen häufig den Krankenwagen gerufen, der ihn dann in eine Klinik gebracht hat. „Durch unser Netzwerk können wir ihm aber auch ermöglichen, dann über Nacht in ein Krisenzimmer in dem kleinen geschlossenen Bereich des Hauses unterzukommen“, sagt Flöck. Allerdings werde dieses Angebot aktuell nicht finanziert. „Es wäre wünschenswert, dass es dafür eine Sicherheit gäbe.“

Von unserem Redakteur

Philipp Lauer

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