Lahnstein
Die eigenen Grenzen als Chance gesehen: Lahnsteiner startet als Bodybuilder durch

Egal ob bei der Reittherapie mit seiner Freundin Alina oder bei der Deutschen Meisterschaft im Bodybuilding – Julien-Ashton Kreutzer lässt sich von der Spastik in seinen Beinen nicht unterkriegen.

Lahnstein. Julien-Ashton Kreutzer geht seinen Weg. Dabei lässt er sich von nichts und niemandem unterkriegen - nicht von Menschen, die ihm sagen, dass er seine Ziele nicht erreichen kann, und schon gar nicht von der Spastik in seinen Beinen, die es ihm wahrlich nicht immer leicht macht, weiterzugehen.

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Von unserer Mitarbeiterin Jana Nieskes

Seinen Weg deshalb im Rollstuhl fortzusetzen, wie es ihm die Ärzte empfohlen haben, kam für Julien trotzdem nie infrage. Stattdessen beschloss er, aus seiner persönlichen Grenze eine Chance zu machen – für sich und für viele andere.

Nur ein Jahr nach der Diagnose 2009 fasste Julien den Entschluss, Kraftsportler zu werden. Damals hätte es wohl kaum jemand für möglich gehalten, dass der 15-jährige Junge mit dem Handicap sechs Jahre später Deutscher Meister im Bodybuilding wird. Aber Julien gab nicht auf: Tag für Tag war er im Fitnessstudio und arbeitete hart an sich. Die Schritte, die er machte, waren natürlich oft kleiner als die der anderen – doch anders als andere ging Julien fest entschlossen immer weiter: „Ich habe immer nach Wegen gesucht, wie ich das alles trotz meines Handicaps hinbekomme“, erzählt er.

Bei Bodybuildingverband für Handicapped-Klasse stark gemacht

Als er dann 2015 die Deutsche Meisterschaft im Bodybuilding besucht, ist er tief beeindruckt – und fasst einen Entschluss: „Irgendwann will ich auch mal als Athlet auf so einer Bühne stehen!“ Dass er diesen Traum nur wenige Monate später verwirklichen kann, hat er vor allem seinem eigenen Engagement zu verdanken: Beim Deutschen Bodybuilding- und Fitnessverband (DBFV) hat er sich für eine Handicapped-Klasse stark gemacht, die dann auch gleich im Oktober 2015 eingeführt wurde. Nun konnte Julien endlich auch als Wettkampfathlet durchstarten.

Im Januar 2016 beginnt er mit einer zehnwöchigen Wettkampfvorbereitung, in der sich streng an einen Ernährungsplan hält und neunmal in der Woche im Fitnessstudio ist. Beinahe jedes Wochenende fährt er nun nach Gießen, um dort gemeinsam mit seinem Coach Detlef Herget im „Clox-Fitness“ zu trainieren. Im April wird der 21-jährige dann für sein Durchhaltevermögen belohnt: Bei der „Deutschen Junioren und Masters“-Meisterschaft in Offenbach belegt Julien in der Handicapped-Klasse den ersten Platz!

Nach einem solchen Erfolg ruht der Lahnsteiner sich aber nicht etwa aus, sondern widmet sich verschiedenen anderen Projekten, in die er all seine Kraft steckt. So ist er beispielsweise nicht nur aktiver Wettkampfathlet, sondern auch Ansprechpartner und Stützpunkt für Inklusion im DBFV. Auch wenn er diese Aufgabe gern übernommen hat, hofft er, dass sie möglichst bald überflüssig wird: „Mein Ziel ist es, dass es das Thema Inklusion irgendwann nicht mehr gibt, weil Inklusion gelebt wird“, erklärt Julien. Dieses Ziel verfolgt er auch mit seiner Initiative „Deine Grenze – Deine Chance“, die er 2014 gegründet hat.

Projekt begeistert immer mehr Menschen

Was zu Beginn nur eine kleine Seite auf Facebook war, ist in zwei Jahren zu einem Projekt geworden, das immer mehr Menschen begeistert. Denn Julien ermutigt andere dazu, seinem Beispiel zu folgen und nicht aufzugeben. Ob es sich dabei um Menschen mit oder ohne körperliches Handicap handelt, spielt für ihn keine Rolle: „Zu mir kann und soll jeder Mensch finden“, sagt er.

Um mit seiner Initiative möglichst vielen Menschen helfen zu können, hat der 21-Jährige mittlerweile mehrere Ausbildungen absolviert und sich 2016 als lizenzierter Personal-Fitness-Coach selbstständig gemacht. Die Mischung seiner Klienten ist dabei kunterbunt: Er trainiert andere Athleten mit Handicap, völlig gesunde Menschen, aber auch Leute, die er nicht sportlich, sondern mental coacht. „Eine Trainingseinheit bei mir ist so individuell wie der Mensch selbst“, erklärt Julien.

Mit wachsender Bekanntheit von „Deine Grenze – Deine Chance“ konnte Julien dann auch immer mehr Partnerinitiativen für sein Projekt gewinnen – eine von ihnen liegt ihm besonders am Herzen: Seine Freundin Alina ist zertifizierte Reittherapeutin und hat sich mit der Gründung ihrer Initiative „Dein Wille – Dein Weg“ einen lang ersehnten Traum erfüllt. Seit über einem Jahr sind die beiden nun ein Paar und planen schon die nächsten Projekte. So entwickeln sie momentan zum Beispiel ein ganzheitliches Therapiekonzept, in dem die Ideen der beiden zusammenfließen.

Denn auch wenn die Herangehensweise von Julien und Alina sehr unterschiedlich ist, haben sie doch das gleiche Ziel: Beide wollen Menschen in ihrer Entwicklung und Entfaltung unterstützen und ihnen zeigen, wie viel man erreichen kann – wenn man es nur will.

Julien und Alina findet man im Internet unter www.facebook. com/deinegrenzedeinechance und www.facebook.com/deinwilledeinweg

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